Fragestellungen im Zusammenhang mit der Sperrung von Nutzerkonten sind häufig komplex. So dürfen Plattformbetreiber bei schwerwiegenden Verdachtsmomenten auch ohne vorherige Anhörung zu sperren. Den Betreibern werden jedoch auch klare Grenzen hinsichtlich der Speicherung personenbezogener Daten gesetzt. Ein aktuelles Urteil des OLG Karlsruhe bestätigt dies.

Ein Soziales Netzwerk sperrte das Konto einer Nutzerin, nachdem ihr Konto kompromittiert wurde und Dritte illegale Inhalte über ihr Konto verbreitet hatten. Nach erneuter Freischaltung bleiben jedoch Lösch- und Sperrvermerke gespeichert, wogegen die Nutzerin vorging. Wenn für eine solche Speicherung jedoch keine berechtigten Gründe vorliegen sollten, so sei dem Betreiber einer Plattform die Speicherung verboten. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe geurteilt (Az. 14 U 150/23).

Täter luden illegale Inhalte über Nutzerkonto hoch

Die Nutzerin eines Sozialen Netzwerks hatte über mehrere Jahre hinweg ein Konto bei der Online-Plattform betrieben. Im September 2022 nutzten unbekannte Dritte ihren Account, um kinderpornografische Inhalte hochzuladen. Aufgrund dieses vermeintlichen Verstoßes der Nutzerin gegen die Nutzungsbedingungen wurde ihr Konto dauerhaft gesperrt. Die Nutzerin erhielt eine entsprechende Mitteilung über die Sperrung und konnte sich von da an weder einloggen noch auf ihre gespeicherten Inhalte zugreifen.


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Dagegen ging sie anwaltlich vor und forderte den Betreiber auf, ihr Nutzerkonto wiederherzustellen, das Nutzerkonto und alle kontospezifischen Daten/Inhalte zu speichern, eine Unterlassungserklärung hinsichtlich einer endgültigen Löschung bzw. Deaktivierung des Kontos abzugeben, die Lösch- und Sperrvermerke aus ihrem Nutzerdatensatz zu entfernen und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung bezogen auf erneute Kontosperrungen/-deaktivierungen abzugeben.

DSGVO: Die wichtigsten Rechte und Pflichten im Überblick

In der Folge wurde ihr Account wieder reaktiviert, doch interne Vermerke über die Sperrung und Löschung der Inhalte verblieben im Nutzerdatensatz. Unter anderem hiergegen ging die Nutzerin sodann gerichtlich vor und verlangte, dass alle Lösch- und Sperrvermerke über sie aus dem Nutzerdatensatz der Plattform gelöscht werden.

Die Plattform hingegen lehnte die Löschung ab und begründete dies mit der Notwendigkeit, die Daten zur Wahrung eigener berechtigter Interessen aufzubewahren. Es führte an, dass die Speicherung unter anderem erforderlich sei, um sich gegen mögliche rechtliche Ansprüche der Nutzerin zu verteidigen und zukünftigen Missbrauch auf der Plattform zu verhindern.

Soziales Netzwerk musste Daten über Nutzerin löschen

Das OLG stellte nun klar, dass der Betreiber eines Sozialen Netzwerks nicht unbegrenzt personenbezogene Daten von gesperrten Nutzern speichern darf.

Die ursprüngliche Sperrung des Accounts sei zwar wegen des Verdachts schwerwiegender Straftaten zunächst zulässig gewesen und dies auch ohne eine vorherige Anhörung der Nutzerin. Dies gelte zumindest immer dann, wenn die Nutzungsbedingungen eine sofortige Kündigung aus wichtigem Grund ermöglichen.

Eine dann folgende weitere interne Speicherung der Sperrvermerke sei jedoch nicht gerechtfertigt gewesen. Es habe sich in der Folge herausgestellt, dass die Nutzerin nicht selbst für die hochgeladenen Inhalte verantwortlich gewesen sei. Eine weitere Speicherung könne daher nicht, wie von dem Betreiber dargelegt, mit der Möglichkeit künftiger Rechtsstreitigkeiten begründet werden.

Ein Löschanspruch der Nutzerin ergebe sich somit aus Artikel 17 Abs. 1 lit. A der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Danach habe sie als Betroffene im Rahmen des sog. „Rechts auf Vergessenwerden“ das Recht, von dem Plattformbetreiber als Verantwortlichem, zu verlangen, dass dieser betreffende personenbezogene Daten unverzüglich lösche, wenn die personenbezogenen Daten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig seien.

Das OLG in Karlsruhe begründete seine Entscheidung wie folgt: „Sind die Gründe entfallen, die Anlass für das Erheben und Vorhalten personenbezogener Daten durch den Betreiber einer Internetplattform nach erfolgter Löschung von Inhalten von einem Nutzerkonto oder vorübergehender Sperrung dieses Nutzerkontos waren, kann die fortgesetzte Verarbeitung der Daten in Form der Speicherung nicht auf die Ausnahmevorschrift des Art. 17 Abs. 3 lit. e DSGVO gestützt werden, wenn der zugrundeliegende Vorfall bereits Gegenstand einer gerichtlichen Auseinandersetzung ist und die Geltendmachung weitergehender Ansprüche zwar theoretisch möglich, aber gänzlich unwahrscheinlich ist.“

tsp