Die Datenübermittlung rückständiger Forderungen an Wirtschaftsauskunfteien wie die SCHUFA kann gegen die DSGVO verstoßen, wenn sich Haupt- und Nebenforderungen nicht klar voneinander trennen lassen.

Aufnahme unserer SCHUFA-Zentrale in Wiesbaden-Schierstein

Ein Schuldner kann bei unrechtmäßiger Datenübermittlung durch seinen Vertragspartner an eine Wirtschaftsauskunftei wie der SCHUFA den Widerruf der Übermittlung verlangen. Im Falle einer Vertragskündigung wegen Zahlungsverzugs kann das Melden einer undifferenzierten Gesamtsumme aus Rückständen und Nebenforderungen (z.B. Zinsen, Verzugsschaden) unrechtmäßig sein. Das hat der Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) entschieden (OLG Schleswig, Urteil vom 22. November 2024, Az. 17 U 2/24).

Negativ-Eintrag bei SCHUFA

Hintergrund des Verfahrens war der Fall eines Mannes, der mit seinen Abschlagszahlungen bei einem Energieversorgungsunternehmen im Jahr 2014 in Verzug geraten war. Das Energieversorgungsunternehmen kündigte ihm daraufhin fristlos. In einer Schlussrechnung wurde ihm Ende 2014 ein Betrag in Höhe von 529,16 € in Rechnung gestellt. Dieser Betrag umfasste ausweislich der Rechnung „anteiligen Paketverbrauch“, Mahngebühr, Nichterfüllungsschaden, Überweisungsgebühr sowie einen „Saldo Vertragskonto“.

Ende 2014 forderte ein Inkassounternehmen einen Betrag in Höhe von 658,57 € von ihm. Weitere Zahlungsaufforderungen erfolgten in 2014 und 2017. Im Jahr 2019 erwarb ein weiteres Inkassounternehmen die Forderung. Im Jahr 2020 und im Februar 2021 forderte dieses neue Inkassounternehmen den Mann zur Zahlung auf und wies jeweils auf die Möglichkeit der Einmeldung der Forderung bei der Schufa hin.

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Am 12.03.2021 veranlasste das Unternehmen dann die Meldung der offenen Gesamtforderung als Negativeintrag bei der Schufa. Im Jahr 2022 mahnte es sodann erneut einen Betrag in Höhe von 828,61 € bei dem Mann an. Dieser erhob im Oktober 2022 die Einrede der Verjährung. Dies wurde bei der Schufa registriert. Er verlangte in der Folge erfolglos vom Inkassounternehmen, den Negativeintrag bei der Schufa entfernen zu lassen. Verschiedene Unternehmen hatten ihm einen Vertragsschluss unter Berufung auf die fehlende Bonität verweigert.

Der Betroffene verlangte mit seiner Klage vor dem Landgericht (LG) Kiel unter anderem, den Negativeintrag bei der Schufa zu widerrufen und mindestens 5.000 € Schadensersatz zu leisten (LG Kiel, Urteil vom 9. Januar 2024, 17 O 130/23). Das LG sprach ihm einen Schadensersatz in Höhe von 500 € zu und verpflichtete das Inkassounternehmen, den Eintrag gegenüber der Schufa zu widerrufen.

Meldung kann gegen DSGVO verstoßen

Auf die Berufung des Inkassounternehmens änderte das OLG das Urteil nun dahingehend ab, dass das Unternehmen zwar den Eintrag widerrufen müsse, aber keinen Schadensersatz zu leisten habe.

Das OLG kam zu dem Ergebnis, dass die Meldung der offenen Gesamtforderung durch das Inkassounternehmen an die Schufa nicht rechtmäßig gewesen sei und daher widerrufen werden müsse. Dem Mann stünden in diesem Zusammenhang ein Beseitigungsanspruch gegen das Inkassounternehmen zu (§§ 1004, 823 BGB in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 DSGVO). Die Datenmeldung an die Schufa sei weder unter Berücksichtigung der Regelungen zum sogenannten Scoring nach § 31 BDSG noch nach den Bestimmungen der DSGVO rechtmäßig.

Die Meldung an die Schufa könne nach Auffassung des OLGs auch nicht auf die Vorschriften in § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und 5 BDSG gestützt werden, da bereits der Bestand und die Fälligkeit der Gesamtforderung fraglich seien. Zudem seien die Forderungen weder unstreitig (Nr. 4) noch handele es sich um solche Forderungen, deren Nichtbegleichung eine fristlose Kündigung des Vertrags zur Folge haben könnte (Nr. 5). In der Schlussrechnung seien neben Rückständen auch Positionen wie Mahngebühren, Nichterfüllungsschaden, Überweisungsgebühren und Verzugskosten enthalten. Bereits die Bezeichnung dieser Forderungen spreche dagegen, dass eine Nichtzahlung die fristlose Kündigung des Vertrags zur Folge haben könne. Zudem lasse die Nichterfüllung solcher Nebenforderungen in der Regel keinen sicheren Rückschluss auf eine mangelnde Zahlungsfähigkeit oder -bereitschaft des Schuldners zu. Die Berechtigung dieser Nebenforderungen sei letztlich davon abhängig, ob überhaupt Rückstände aus dem zugrunde liegenden Vertragsverhältnis tatsächlich zu zahlen seien.

Unklare Zusammensetzung der gemeldeten Summe

Eine Rechtmäßigkeit der Meldung ergebe sich nach Ansicht des OLG auch nicht aus Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f) DSGVO. Diese Vorschrift kann die Verarbeitung personenbezogener Daten dann als rechtmäßig anerkennen, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist. Voraussetzung dafür wäre jedoch, dass nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen.

Für das OLG war dies jedoch der Fall. Dies ergebe sich bereits aus der eingetretenen Verjährung der ursprünglichen Forderung und der unklaren Zusammensetzung der gemeldeten Gesamtsumme. Wie auch aus Erwägungsgrund 47 der DSGVO abzuleiten sei, müsse der Betroffene vernünftigerweise nicht mehr mit einer Verarbeitung seiner Daten rechnen, wenn die Forderung aus dem Jahr 2014 stamme und vor der Meldung verjährt gewesen sei.

Weiterhin besage Erwägungsgrund 71 der DSGVO, dass der verantwortliche Datenverarbeiter technische und organisatorische Maßnahmen ergreifen müsse, um Fehler im Datenbestand zu minimieren. Diesem Erfordernis sei das Inkassounternehmen nicht nachgekommen, indem es Haupt- und Nebenforderungen ohne Differenzierung in einer Gesamtsumme an die Schufa gemeldet hatte. Da durch diese mangelnde Differenzierung keine hinreichende Vorsorge für die Richtigkeit der übermittelten Daten getroffen worden sei, könne das Interesse an der Datenverarbeitung in diesem Fall nicht als „berechtigt“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 DSGVO angesehen werden.

Ein Schadensersatzanspruch des Mannes gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO gegen das Inkassounternehmen verneinte das OLG jedoch. Es stehe nicht fest, dass die Schufa-Meldung tatsächlich zum Scheitern von Vertragsabschlüssen geführt habe, so das Gericht. Das OLG sei nicht überzeugt, dass der niedrige Basisscore des Mannes sowie die Bedenken seiner potenziellen Vertragspartner allein auf der Meldung des Inkassounternehmens beruht hätten. Der Mann habe zuvor bereits die Vermögensauskunft verweigert und ein Insolvenzverfahren durchlaufen, was ebenfalls den Bonitätsscore beeinflusst habe.