Die Polizei darf die Videoüberwachung von zentralen Plätzen in der Kölner Innenstadt fortsetzen. An Plätzen, auf denen überdurchschnittliche viele Straftaten begangen würden, müsse das Recht des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung zurücktreten, so die Richter. Das Filmen von Haus- und Geschäftseingängen sei allerdings nicht zulässig.
Mit drei kürzlich ergangenen Beschlüssen hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW die Eilanträge eines Kölner Bürgers gegen die offene Videoüberwachung am Breslauer Platz, am Neumarkt und am Ebertplatz in Köln überwiegend abgelehnt (Beschl. V. 19.05.2022, Az. 5 B 137/21, 5 B 264/21 und 5 B 1289/21).
Die drei Plätze in der Kölner Innenstadt werden von der Polizei mit zahlreichen fest installierten Videokameras überwacht, um der dortigen Straßenkriminalität zu begegnen. Ein Kölner Bürger sah sich hierdurch in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt und beantragte beim Verwaltungsgericht Köln, der Polizei die Videoüberwachungsmaßnahmen durch einstweilige Anordnung zu untersagen. Das Verwaltungsgericht gab dem Antrag hinsichtlich des Breslauer Platzes statt, weil die Straftaten dort in den letzten Jahren deutlich abgenommen hätten. Am Neumarkt und am Ebertplatz hielt es die Videoüberwachung für gerechtfertigt, untersagte die Maßnahme aber insoweit, als auch Eingänge zu Wohn- und Geschäftshäusern von den Kameras erfasst würden. Gegen diese Entscheidungen legten sowohl der Bürger aus Köln als auch der Kölner Polizeipräsident Beschwerde ein. Mit den Beschlüssen gab das OVG in allen drei Fällen im Wesentlichen dem Polizeipräsidenten Recht.
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Hohe Kriminalitätsrate rechtfertigt Eingriff in Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung
Zur Begründung führten Nordrhein-Westfalens oberste Verwaltungsrichter aus: Die Videoüberwachung stelle zwar einen erheblichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aller Personen dar, die die überwachten Bereiche passieren oder sich dort aufhalten. Die Maßnahmen seien aber voraussichtlich vom nordrhein-westfälischen Polizeigesetz gedeckt. Das Gesetz erlaube die Videoüberwachung einzelner öffentlicher Orte, an denen wiederholt Straftaten begangen wurden und deren Beschaffenheit die Begehung von Straftaten begünstigt, solange Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass an diesem Ort weitere Straftaten begangen werden. Nach den von der Polizei vorgelegten Kriminalitätsstatistiken sei die Belastung mit typischen Delikten der Straßenkriminalität (Diebstahl, Raub, Körperverletzung, Drogendelikte, aber auch sexuelle Nötigung etc.) seit Jahren auf allen drei Plätzen um ein Vielfaches höher als im übrigen Gebiet der Stadt Köln.
Das habe sich auch durch den seit zwei Jahren zu verzeichnenden Rückgang solcher Straftaten nicht grundlegend geändert; dieser Rückgang sei auf die Corona-Pandemie und auf die Videoüberwachung selbst zurückzuführen. Die videoüberwachten Bereiche seien nach wie vor aufgrund ihrer örtlichen Gegebenheiten anfällig für Delikte der Straßenkriminalität. Soweit die Polizei die Videokameras so ausgerichtet habe, dass – unbeabsichtigt – auch Wohn- und Geschäftsräume miterfasst werden, sei dies allerdings von der Gesetzeslage nicht gedeckt. Der klagende Bürger könne die Einstellung der Videoüberwachung bzw. Unkenntlichmachung von Aufnahmen jedoch nur für Räume verlangen, die er selbst aufsucht; Rechte Dritter könne er nicht geltend machen.
Vor, während und nach Versammlungen müssen Kameras abgeschaltet werden
Für den Fall, dass auf den überwachten Plätzen Versammlungen stattfinden, haben die Richter der Polizei zudem aufgegeben, die Videoüberwachung nicht nur – wie von der Polizei ohnehin vorgesehen – während der Versammlung als solcher, sondern auch für eine gewisse Zeit vor und nach der Versammlung einzustellen. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit würde nämlich auch durch Überwachungsmaßnahmen bei der Ankunft und Abreise der Teilnehmer beeinträchtigt.
Die Beschlüsse sind unanfechtbar.
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jko