Bei der Versteigerung der 5G-Frequenzen ist etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen. Daher lautete der Vorwurf klei­ne­rer Mo­bilfunkanbie­ter auch, die Vergabe sei ein „po­li­ti­scher Deal“ gewesen. Das VG Köln sah dies nun ähnlich. Die Re­geln über die Ver­ga­be von 5G-Fre­quen­zen seien rechts­wid­rig ge­we­sen, das Ver­kehrs­mi­nis­te­ri­um habe er­heb­li­chen Ein­fluss aus­ge­übt.

Die Entscheidung der Bundesnetzagentur (BNetzA) vom 26. November 2018 über die Vergabe- und Auktionsregeln für die im Jahr 2019 durchgeführte Versteigerung der für den 5G-Mobilfunk besonders geeigneten Frequenzen in den Bereichen 2 GHz und 3,6 GHz ist rechtswidrig. Dies hat das Verwaltungsgericht (VG) Köln entschieden und die BNetzA zur Neubescheidung verpflichtet (VG Köln, Urteil vom 26. August 2024, Az. 1 K 1281/22 (vormals 9 K 8489/18) und 1 K 8531/18).

Kleinere Mobilfunkanbieter klagten gegen Vergabe

Für die Zuteilung der genannten Frequenzen ordnete die BNetzA am 14. Mai 2018 ein Vergabeverfahren an und bestimmte, dieses als Versteigerungsverfahren durchzuführen. Am 26. November 2018 erließ die BNetzA ihre Entscheidung über die Vergabe- und Auktionsregeln.

Bei der Auktion 2019 ersteigerten schließlich vier Telekommunikationskonzerne Frequenzen für insgesamt 6,5 Milliarden Euro. Die Vergaberegeln der BNetzA verpflichteten die Konzerne u.a. zu Mindestausbauzielen. So sollten bis Ende 2022 98% der Haushalte in jedem Bundesland mit mindestens 100 Mbit pro Sekunde im Download angebunden sein. Auf eine Diensteanbieterverpflichtung verzichtete der Bund hingegen. Damit mussten die Auktionssieger zwar mit Konkurrenten ohne eigene Netzinfrastruktur über die Mitnutzung von Funkkapazitäten verhandeln, eine Einigung war aber nicht vorgeschrieben.

Die Mobilfunkanbieter EWE Tel und Freenet fühlten sich benachteiligt und klagten. Die BNetzA-Entscheidung enthalte schwerwiegende Verfahrens- und Abwägungsfehler. Das Verfahren sei insbesondere durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) unter Leitung des damaligen Bundesministers Andreas Scheuer (CSU) in rechtswidriger Weise beeinflusst worden.

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Das VG Köln hatte eine der Klagen zunächst als unzulässig abgewiesen (Az. 9 K 8489/18). In der Folge jedoch hob das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) die Entscheidung teilweise auf und verwies das Verfahren zurück (Az. 6 C 8.20). Das VG Köln gab dann den Mobilfunkanbietern Freenet und EWE Tel schlussendlich recht. Die Entscheidung aus dem Jahr 2018 sei rechtswidrig gewesen, über die Versteigerungsregeln müsse die BNetzA neu entscheiden.

Unabhängigkeit gefährdet! BMVI hat erheblichen Einfluss genommen

In den Verfahren führte das VG Köln Anfang Juni 2024 eine Beweisaufnahme durch und verpflichtete nun die BNetzA, die Anträge von EWE Tel und Freenet auf Aufnahme einer Diensteanbieterverpflichtung neu zu bescheiden, da die Entscheidung formell rechtswidrig sei. Die konkrete Verfahrensgestaltung begründe die Besorgnis der Befangenheit. Das VG Köln zeigte sich überzeugt davon, dass die Präsidentenkammer des BNetzA massivem Druck von Seiten des Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zumindest teilweise nachgegeben habe.

Das BMVI habe während des gesamten Vergabeverfahrens im Jahr 2018 in erheblicher Weise versucht, auf die Entscheidungen der Präsidentenkammer Einfluss zu nehmen, indem es sich für strengere Versorgungsverpflichtungen einsetzte. Es sei schlussendlich nicht erforderlich, dass einer der Entscheidungsträger tatsächlich befangen gewesen sei. Es reiche vielmehr der „böse Schein“. Dieser könne sich auch daraus ergeben, dass sich die Verfahrensgestaltung des Amtswalters so weit von den anerkannten rechtlichen Grundsätzen entferne, dass für den davon betroffenen Beteiligten der Eindruck einer sachwidrigen, auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung entstehe.

Zwar seien politische Stellungnahmen unschädlich, soweit Ministerien diskursive Beteiligungsrechte wahrnehmen würden, die ihnen in einem institutionalisierten Rahmen zukämen. Ein solcher Rahmen aber habe hier weder vorgelegen noch wurde er durch die Präsidentenkammer der BNetzA geschaffen. Die mangelnde Transparenz ließe für die am Vergabeverfahren beteiligten Kreise den Eindruck eines politischen und damit für die Frequenzversteigerung sachwidrigen „Nebenverfahrens“ entstehen.

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Aus denselben Gründen kam das VG Köln zu dem Ergebnis, dass es im Vergabeverfahren zu einem Verstoß gegen die EU-rechtlich garantierte Unabhängigkeit der BNetzA als nationaler Regulierungsbehörde gekommen sei. Dies folge nicht schon daraus, dass das BMVI die Unabhängigkeit der BNetzA etwa nicht respektiere. Der Verstoß ergebe sich daraus, dass die BNetzA ihre Unabhängigkeit nicht ausreichend aktiv geschützt habe, indem sie die ministeriellen Einflussnahmeversuche weder auf Ebene der Ministertreffen noch auf Facharbeitsebene unterbunden habe.

Die Entscheidung leide laut VG zudem auch an einem materiellen Fehler im Abwägungsvorgang. Da die Forderungen des BMVI teilweise Eingang in die Vergaberegeln gefunden hätten, könne die Annahme einer faktischen Vorfestlegung nicht ausgeschlossen werden. Es liege vielmehr nahe, dass die Präsidentenkammer der BNetzA ihre Entscheidung ohne die massive Einflussnahme durch das BMVI im Einzelnen anders ausgestaltet hätte.

Wie sich das Urteil auf die Mobilfunkkunden in Deutschland auswirken wird, ist noch unklar, auch weil das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Das VG hat zwar keine weitere Revision zugelassen. Die BNetzA kann aber eine Zulassung der Revision beim BVerwG anstreben. 

Im Zusammenhang mit der Frequenzversteigerung ist außerdem noch ein weiteres Verfahren eines Mobilfunknetzbetreibers anhängig (Az. 1 K 8514/18).

tsp