In seinem Urteil vom 03.09.2009 (C-489/07) befasste sich der EuGH mit der umstrittenen Frage der Verpflichtung des Verbrauchers zur Leistung von Wertersatz für Nutzungen während des Ablaufs der Widerrufsfrist. Der Begriff der Nutzungen umfasst sowohl den Wertersatz für die durch den Verbraucher gezogenen Nutzungen (§ 346 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB) als auch für die Verschlechterung der Ware infolge der Ingebrauchnahme durch den Verbraucher (§ 357 Abs. 3 BGB).
Zu dieser Problematik hat der EuGH nunmehr entschieden, dass es einen Verstoß gegen die Fernabsatzrichtlinie darstelle, wenn der Verbraucher während des Ablaufs der Widerrufsfrist generell, also für die bloße Möglichkeit einer Nutzung, zum Wertersatz verpflichtet werde. Somit kann der Händler beispielsweise keinen Wertersatz verlangen, wenn der Verbraucher die zugesandte Ware während des Ablaufs der Widerrufsfrist lediglich unangetastet verwahrt hat. Dagegen sei es, so der EuGH weiter, mit der Fernabsatzrichtlinie vereinbar, wenn der Verbraucher einen angemessenen Wertersatz für solche Nutzungen leisten müsse, die er in einer mit den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts wie denen von Treu und Glauben oder der ungerechtfertigten Bereicherung unvereinbarer Art und Weise erlangt habe.
Welche Folgen sich aus diesem Urteil insbesondere im Hinblick auf die Anforderungen an die Formulierung der Widerrufs- und Rückgabebelehrung nach den Vorgaben der BGB-Informationspflichten-Verordnung ergeben, ist umstritten.
So wird vertreten, dass sich aus dem Urteil keinerlei Folgen für die Formulierung der Widerrufs- und Rückgabebelehrung ergäben, da sich das Urteil allein auf den konkret entschiedenen Fall beziehe. Das Urteil schließe also nur die Forderung von Wertersatz für die bloße Möglichkeit der Nutzung aus. Darüber hinaus treffe das Urteil aber keine weiteren Vorgaben. Deshalb bleibe auch in Zukunft die Forderung von Wertersatz für gezogene Nutzungen und für die Verschlechterung der Sache infolge ihrer bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme zulässig. Dies gelte allerdings auch weiterhin nur, wenn der Verbraucher transparent darüber aufgeklärt werde, dass eine Ingebrauchnahme, die die Prüfung der Ware übersteigt und den Zustand der Ware verschlechtert, Ansprüche auf Wertersatz auslösen kann. Die Wertersatzklausel, welche in der aktuellen Fassung der BGB-Informationspflichten-Verordnung in dem Muster zur Widerrufs- und Rückgabebelehrung enthalten sei, sei daher wirksam. Änderungen müssten nicht vorgenommen werden.
Die Gegenauffassung folgert hingegen aus dem Urteil, dass die Forderung von Wertersatz gegenüber dem Verbraucher für Nutzungen während des Ablaufs der Widerrufsfrist nunmehr nur noch in eng begrenzten Ausnahmefällen zulässig sei. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn der Verbraucher die Ware nicht den Grundsätzen von Treu und Glauben entsprechend genutzt habe oder er durch die Nutzung ungerechtfertigt bereichert sei. Damit seien generelle Wertersatzklauseln, wie in der aktuellen Widerrufs- und Rückgabebelehrung der BGB-Informationspflichten-Verordnung enthalten, unwirksam und wettbewerbswidrig. Dies umfasse insbesondere auch den Wertersatz für tatsächlich gezogene Nutzungen und für eine Verschlechterung der Sache durch ihre bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme.
Folgt man dieser Auffassung muss der Text der Widerrufs- und Rückgabebelehrung entsprechend angepasst werden. Dies kann insbesondere durch die Umsetzung der Gestaltungshinweise 5 und 7 in den entsprechenden Musterbelehrungen der BGB- Informationspflichten-Verordnung geschehen. Entscheidet sich der Online-Händler jedoch für diese Variante, muss er sich auch darüber im Klaren sein, dass er in Zukunft weder für gezogene Nutzungen noch für die Verschlechterung der Sache durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme Wertersatz vom Verbraucher verlangen kann. Folgt man dagegen der anderen Auffassung und nimmt keine Änderungen am Text der Musterbelehrungen vor, setzt man sich dem Risiko aus, dass die gegenwärtig enthaltene, generelle Wertersatzklausel unwirksam und damit auch wettbewerbswidrig ist. Dies birgt zum Einen die Gefahr einer Widerrufswelle der Verbraucher und zum Anderen das Risiko wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen.
Möchte man diesem Risiko begegnen, bietet sich eine Umformulierung der Widerrufs- und Rückgabebelehrung nach dem folgenden Muster an (Änderungen fettgedruckt, kursiv und unterstrichen):
Muster
für die Widerrufsbelehrung
(in der seit dem 4. August 2009 geltenden Fassung)
Widerrufsbelehrung
Widerrufsrecht
Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) oder – wenn Ihnen die Sache vor Fristablauf überlassen wird – durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform, jedoch nicht vor Eingang der Ware beim Empfänger (bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartiger Waren nicht vor Eingang der ersten Teillieferung) und auch nicht vor Erfüllung unserer Informationspflichten gemäß § 312c Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1, 2 und 4 BGB-InfoV sowie unserer Pflichten gemäß § 312e Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 3 BGB-InfoV. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Sache. Der Widerruf ist zu richten an:
Einsetzen: Namen/Firma und ladungsfähige Anschrift des Widerrufsadressaten. Zusätzlich können angegeben werden Telefaxnummer, E-Mail-Adresse und/oder, wenn der Verbraucher eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung an den Unternehmer erhält, auch eine Internet-Adresse.
Widerrufsfolgen
Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. von uns gezogene Nutzungen (z. B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf.
Wertersatz leisten. Bei der Überlassung von Sachen gilt dies nicht, wenn die Verschlechterung der Sache ausschließlich auf deren Prüfung – wie sie Ihnen etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre – zurückzuführen ist. Für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung müssen Sie keinen Wertersatz leisten. Paketversandfähige Sachen sind auf unsere Gefahr zurückzusenden. Sie haben die Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn Sie bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilzahlung erbracht haben. Anderenfalls ist die Rücksendung für Sie kostenfrei. Nicht paketversandfähige Sachen werden bei Ihnen abgeholt. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen innerhalb von 30 Tagen erfüllt werden. Die Frist beginnt für Sie mit der Absendung Ihrer Widerrufserklärung oder der Sache, für uns mit deren Empfang.
Ende der Widerrufsbelehrung
Für die Rückgabebelehrung ergeben sich die folgenden Veränderungen:
Muster
für die Rückgabebelehrung
(in der seit dem 08. März 2008 geltenden Fassung)
Rückgabebelehrung
Rückgaberecht
Sie können die erhaltene Ware ohne Angabe von Gründen innerhalb von zwei Wochen durch Rücksendung der Ware zurückgeben. Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform (z. B. als Brief, Fax, E-Mail), jedoch nicht vor Eingang der Ware beim Empfänger (bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartiger Waren nicht vor Eingang der ersten Teillieferung) und auch nicht vor Erfüllung unserer Informationspflichten gemäß § 312c Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1, 2 und 4 BGB-InfoV sowie unserer Pflichten gemäß § 312e Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 3 BGB-InfoV. Nur bei nicht paketversandfähiger Ware (z. B. bei sperrigen Gütern) können Sie die Rückgabe auch durch Rücknahmeverlangen in Textform erklären. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Ware oder des Rücknahmeverlangens. In jedem Falle erfolgt die Rücksendung auf unsere Kosten und Gefahr. Die Rücksendung oder das Rücknahmeverlangen hat zu erfolgen an:
Einsetzen: Namen/Firma und ladungsfähige Anschrift des Rückgabeadressaten.
Zusätzlich können angegeben werden Telefaxnummer, E-Mail-Adresse und/oder, wenn der Verbraucher eine Bestätigung seines Rücknahmeverlangens an den Unternehmer erhält, auch eine Internet-Adresse.
Rückgabefolgen
Im Falle einer wirksamen Rückgabe sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. von uns gezogene Nutzungen (z. B. Zinsen) herauszugeben. Bei einer Verschlechterung der Ware kann Wertersatz verlangt werden. Dies gilt nicht, wenn die Verschlechterung der Ware ausschließlich auf deren Prüfung – wie sie Ihnen etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre – zurückzuführen ist. Für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung müssen Sie keinen Wertersatz leisten. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen innerhalb von 30 Tagen erfüllt werden. Die Frist beginnt für Sie mit der Absendung
der Ware oder des Rücknahmeverlangens, für uns mit dem Empfang.
Ende der Rückgabebelehrung