Gleich drei wichtige Internet-Entscheidungen bewegen heute Deutschland. Der Bundesgerichtshof hat soeben entschieden, dass sich nun der EuGH mit dem Dienst Uber BLACK auseinandersetzen muss, Facbook soll 110 Mio. Euro Strafe wegen der WhatsApp Übernahme zahlen und am Abend stellt Justizminister Maas ein umstrittenes Gesetz gegen Facebook Hasskommentare vor, welches möglicherweise schon morgen durch den Bundestag gepeitscht werden soll. Dazu der Kölner Medienanwalt Christian Solmecke:
NetzDG wird morgen bereits dem Bundestag vorgelegt
Um Facebook & Co. zu einer zügigeren und umfassenderen Bearbeitung von Beschwerden über Hasskriminalität anzuhalten, hatte Justizminister Heiko Maas seinen Gesetzentwurf gegen Hasskommentare vorgestellt. Bis September 2017, also noch in dieser Legislaturperiode, soll nun der umstrittene Gesetzentwurf zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken – das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) in Kraft treten. Die Zeit wird knapp, denn erst im April 2017 billigte das Kabinett den Entwurf. Doch es gibt erhebliche Änderungswünsche der Koalitionsfraktionen und Kritik der EU-Kommission gibt. Viele Juristen bezweifeln die Vereinbarkeit mit dem deutschen Grundgesetz und dem Europarecht.
Der Zeitplan ist sehr eng und funktioniert nur, wenn alle Gremien, Sachverständigen und sonstige Beteiligte einvernehmlich mitwirken. In der Sache ist ein solches Gesetz sicher sinnvoll. Aus meiner praktischen Anwaltsarbeit weiß ich, dass Facebook und Co. sich selbst mit dem Löschen von klar illegalen Inhalten schwer tun. Darüber hinaus fehlt es oft schon an einem inländischen Ansprechpartner, so dass Prozesse gegen die Sozialen Netze mühsam und teuer sind. Das soll sich mit dem neuen Gesetz ändern. Die Gefahr einer Zensur oder des so genannten Overblockings sehe ich im Übrigen nicht. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die großen Internetkonzerne nur sehr zurückhaltend löschen. Auch nach dem EuGH-Urteil gegen Google, mit dem ein „Recht auf Vergessenwerden“ geschaffen worden ist, haben viele eine vorbeugende Zensur durch den Internetriesen befürchtet. Es kam jedoch anders. Google löscht nach unseren Beobachtungen nicht einmal jede zweite Meldung und lässt sich oft lieber auf teure Prozesse ein, als im Einzelfall nachzugeben. Meiner Ansicht nach war ein solcher Gesetzentwurf dennoch längst überfällig und absolut notwendig, um die mangelnde Rechtsdurchsetzung gegenüber ausländischen Plattformen zu verbessern. Jedoch hat es der Gesetzgeber an einigen Stellen versäumt, trotz bereits erfolgter Nachbesserungen, wichtige Punkte klarer zu formulieren. Hier bedarf es Nachbesserungen – hoffentlich sind die nun noch möglich.
110 Mio Euro Strafe gegen Facebook
Die EU-Kommission hat heute Facebook mit einer Strafe von 110 Millionen Euro wegen falscher Angaben im Verfahren zur Freigabe der Übernahme von WhatsApp belegt. Dass die EU Kommission Facebook nicht weiter mit Samthandschuhen anpackt, ist meiner Ansicht nach überfällig. Die Datenweitergabe nach dem WhatsApp Deal war klar illegal. Pikant ist insbesondere, dass Facebook vor dem Kauf von WhatsApp versprochen hatte, dass es genau zu dieser Vermischung von Nutzerinformationen nicht kommen sollte. Auch jetzt halte ich die Nutzung von WhatsApp für bedenklich. Schließlich müssen Nutzer bei der Registrierung zunächst einmal ihr gesamtes Handy-Adressbuch an den US-Konzern übergeben. Sind die im Adressbuch gespeicherten Freunde damit allerdings nicht einverstanden, ist das klar illegal.
Facebook hat wohl gelogen, als es bei der Übernahme von WhatsApp der EU-Kommission erklärte, es sei nicht möglich, einen automatischen Abgleich zwischen den Benutzerkonten und den gespeicherten Nutzerdaten beider Unternehmen einzurichten. Die Kommission hat das geprüft – und kommt zu dem Ergebnis, dass es natürlich schon damals möglich war, genau das zu tun. Die Höchststrafe von einem Prozent des Jahresumsatzes hätte für Facebook eine Strafzahlung von ca. 276 Millionen Dollar für das vergangene Jahr bedeutet. Die 110 Millionen Euro sollen vor allem eine abschreckende Wirkung auch für andere Unternehmen haben. Ihre Zustimmung zu dem Deal will die Kommission allerdings nicht nachträglich zurückziehen. Die Übernahme von WhatsApp im Jahr 2014 hatte den Internet-Konzern 19 Milliarden Dollar gekostet.
Mehr Infos: https://www.wbs.legal/internetrecht/110-mio-euro-strafe-gegen-facebook-73277/
Taxi-Konkurrenz „UBER Black“ kommt vor den EuGH
Das amerikanische Start-Up UBER ist als Konkurrent Taxiunternehmen schon lange Zeit ein Dorn im Auge. Nun muss sich nach dem BGH auch der EuGH mit dem Geschäftsmodell befassen. Ich sehe die deutschen Taxifahrer im Recht – UBER ist illegal. Es bleibt zu hoffen, dass der EuGH genauso entscheiden wird.
Mit der App Uber BLACK können direkt Mietwagen mit Fahrern bestellt werden – ohne, dass man zuvor eine Zentrale anrufen muss, die alles koordiniert. Ein Berliner Taxiunternehmer hatte deswegen gegen das Unternehmen UBER geklagt. Der Taxibetreiber hält das Geschäftsmodell für wettbewerbswidrig, weil gegen das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) verstoßen werde. Nach dieser Bestimmung dürfen mit Mietwagen nur Fahraufträge ausgeführt werden, die zuvor am Betriebssitz des Unternehmens eingegangen sind. Dagegen können Fahrgäste den Fahrern von Taxen unmittelbar Fahraufträge erteilen. Bislang haben die deutschen Gerichte immer zugunsten des Taxifahrers entschieden. Nun geht der Streit vom Bundesgerichtshof (BGH) zum Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), der nun Fragen zur Einordnung der Mietwagen-App im Europarecht beantworten muss.
Betrachtet man allein die deutschen Normen, so ist die Rechtslage eindeutig und der Dienst Uber BLACK war illegal. Das hat der BGH heute bestätigt. Allerdings werfen die Richter die Frage auf, ob das Verfahren nach dem deutschen Personenbeförderungsgesetz mit der europäischen Dienstleistungsfreiheit vereinbar ist. Der Dienst Uber POP, bei dem Privatpersonen Taxileistungen erbringen, wird vermutlich vom EuGH als Verkehrsdienst eingestuft werden. Das zeichnet sich seit den Schlussanträgen des Generalanwalts vom 11. Mai 2017 (EuGH C-434/15) ab. Verkehrsdienste unterliegen nicht der Dienstleistungsfreiheit und können auf nationaler Ebene individuell geregelt. Dass der EuGH dann auch das etwas anders ausgestaltete Angebot Uber BLACK als Verkehrsdienst ansehen wird, halte ich für mehr als wahrscheinlich. Für Uber würde dies das vorläufige Aus in vielen Ländern Europas bedeuten.
Mehr Infos: https://www.wbs.legal/wettbewerbsrecht/uber-black-verstoesst-gegen-wettbewerbsrecht-65381/