In welchem Umfang Ermittlungsbehörden über das soziale Netwzerk Facebook nach verdächtigen Personen fahnden dürfen, wird derzeit kontrovers diskutiert. Hierzu hat jetzt der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar in seinem Blog eine interessante Stellungnahme abgegeben.

Der Bundedatenschutzbeauftragte äußerte sich dort wie folgt:

„Die Konferenz der Innenminister der Länder (IMK) beschäftigt sich mit der Frage, ob Polizeibehörden bundesweit ihre Fahndungsmeldungen auch über Facebook verbreiten sollen. Schon seit einiger Zeit betreibt die Polizei der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover eine entsprechende Fanpage. In einer kürzlich vorgestellten Bilanz kommt die Hannoveraner Polizei zu einer positiven Bewertung: die Polizei-Seite stoße auf reges Interesse und habe bereits jetzt mehr als 80.000 registrierte „Fans“. Vor allem aber sei es durch die Fahndungsausschreibungen in Facebook möglich gewesen, mehrere Straftaten aufzuklären, darunter auch den Mord an einer jungen Frau.

In der Presse wird darüber berichtet, die „Datenschützer“ hätten sich gegen die Verwendung von Facebook für Fahndungszwecke ausgesprochen. Und sie werden deshalb als Verhinderer einer nützlichen und innovativen Polizeiarbeit an den Pranger gestellt.

Doch Datenschutz ist kein Verhinderer. Und es stimmt auch nicht, dass die Datenschutzbeauftragten pauschal gegen Fahndungen unter Zuhilfenahme sozialer Netzwerke oder gegen die Verwendung des Internets für öffentliche Fahndungsausschreibungen wären. Vielmehr geht es uns darum, dass auch bei neuen interaktiven Ansätzen die elementaren Datenschutzanforderungen berücksichtigt werden.

Mich würde vor allem beunruhigen, wenn alle konventionellen „Steckbriefe“ unterschiedslos auch ins Internet gestellt würden. Es macht einen großen Unterschied, ob eine Fahndungsausschreibung in einer Lokalzeitung, durch Aushang von Plakaten in Schaufenstern oder im Internet erfolgt. Bei der „Internet-Fahndung“ kann der Zugriff weder zeitlich noch räumlich effektiv begrenzt werden. Jede Fahndungsausschreibung über das Internet ist prinzipiell global. Und selbst die auf der offiziellen „Fahndungsseite“ gelöschten Informationen können auf beliebigen anderen Internet-Servern gespiegelt sein. Die Diskussion über das (Nicht-)Vergessen des Internets stellt sich hier mit besonderer Schärfe.

Deshalb sollten nur solche Fahndungsfotos im Internet veröffentlicht werden, die zur Aufklärung schwerer Straftaten unbedingt erforderlich sind. Besonders kritisch wäre es, wenn im Internet nicht nur nach Verdächtigen sondern auch nach Zeugen gefahndet wird. Informationen, die in einem bestimmten Kontext eingestellt wurden, können falsch interpretiert werden und für die Betroffenen schwerwiegende Folgen haben.

Gerade Strafverfolgungsbehörden sollten zudem darauf achten, dass die für ihre digitalen Angebote eingesetzten Plattformen die einschlägigen Rechtsvorschriften beachten. Daran bestehen allerdings bei Facebook – jedenfalls derzeit – noch erhebliche Bedenken. Zwar hat sich das Unternehmen gegenüber der amerikanischen Handelsaufsicht zu einem verbesserten Datenschutz verpflichtet und auch die irische Datenschutzbehörde hat verschiedene Änderungen in der Praxis des Umgangs mit personenbezogenen Daten angemahnt. Da die Umsetzung dieser Forderungen allerdings noch aussteht, ist hier Vorsicht angebracht.

Ihr

Peter Schaar“

Quelle: Datenschutzforum des BfDI, Beitrag vom 04.01.2012