Die rechtliche Auseinandersetzung zur Be- und Kennzeichnung veganer bzw. pflanzlicher Produktalternativen sorgt seit längerem bereits immer wieder für Schlagzeilen. Michael Beuger, Rechtsanwalt und Gesellschafter bei Wilde Beuger Solmecke, berät pflanzliche Produzenten in diesem sensiblen Bereich und war in der Vergangenheit schon an mehreren wegweisenden Gerichtsverfahren beteiligt. Im ausführlichen Interview mit dem Rechtsanwaltskollegen Ralf Müller-Amenitsch für das Online-Wirtschaftsmagazin vegconomist, gibt Michael Beuger einen detaillierten Einblick zum aktuellen gesetzlichen Status quo und zieht Bilanz.
Im folgenden finden Sie einen Auszug des aktuellen und ausführlichen Interviews. Das gesamte Interview können Sie auf der Seite des vegconomist lesen. Klicken Sie dazu auf den folgenden Link:
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Wilde Beuger Solmecke gehört zu den führenden Sozietäten im Bereich des Lebensmittelrechts. Wenn Sie eine rechtliche Beratung benötigen, stehen Ihnen Rechtsanwalt und Partner Michael Beuger mit seinem Team gerne jederzeit beratend zur Seite. Das Expertenteam genießt insbesondere im Bereich Veganer Lebensmittel bundesweites Renommee. Kontaktiern Sie uns gerne jederzeit (auch am Wochenende) unter 0221 / 951 563 0 (Beratung bundesweit).
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Amenitsch: Herr Kollege, Sie haben mit zwei Musterverfahren Rechtsgeschichte im Bereich der milchproduktähnlichen Bezeichnungen pflanzenbasierter Produkte geschrieben.
Zunächst mit der sogenannten Tofu-Town Entscheidung, die zu Lasten des Anbieters pflanzenbasierter Produkte ging und schließlich mit der wohl richtungsweisenden Entscheidung des Landgerichts Stade, Aktenzeichen 8 O 64/18 Urteil vom 28. 03. 2019, bestätigt vom Oberlandesgericht Celle (Beschluss vom 6.8.2019 Aktenzeichen 1335/ 19).
In der Tofu-Town Entscheidung, die bis zum EuGH ging (Urteil vom 19.07.2017 Az C-422/ 16) wurden die Begriffe „Tofu Butter“. und „Rice-Spray-Cream“ als unzulässig beurteilt.
Können Sie für Verbraucher und Unternehmer verständlich erklären, warum es zu diesen unterschiedlichen Urteilen kam und wie hier der rechtliche Hintergrund zu verstehen ist?
Der Europäische Gerichtshof hatte in der Tofutown-Entscheidung über die ihm vom Landgericht Trier vorgelegte Rechtsfrage zu entscheiden, ob es zulässig ist, dass die Hersteller von pflanzlichen Lebensmitteln Begriffe wie Milch, Sahne, Butter, Käse etc. zur Kennzeichnung ihrer Produkte nutzen dürfen, wenn sie darauf hinweisen, durch welchen pflanzlichen Rohstoff der vom Tier gewonnene Rohstoff Milch oder seine Verarbeitungsprodukte wie Sahne, Butter, Käse ersetzt wurde oder durch Zusätze wie „veggie“, „vegan“, „vegetarisch“ auf den pflanzlichen Ursprung des Produktes hingewiesen wird.
Diese Rechtsfrage hatte der Europäische Gerichtshof verneint und unter Hinweis auf die im europäischen Lebensmittelrecht verankerte Milchverordnung ausgeführt, dass die Begriffe Milch, Butter, Sahne etc. nur für aus tierischer Eutersekretion gewonnene Milch und Milchprodukte verwendet werden dürfen. Eine Verbrauchertäuschung bei Begrifflichkeiten wie „Tofu-Butter“ sei nach Meinung des EUGH nicht auszuschließen.
Diese Entscheidung des EUGH hat eine sehr große mediale Aufmerksamkeit erfahren, denn diese rechtlich vertretbare Entscheidung ist auf eine völlig andere Lebenswirklichkeit und Verbraucherwahrnehmung gestoßen. Vielfach wurde die Frage von Medienvertretern aufgeworfen, wie es denn sein kann, dass die Verbraucher im allgemeinen Sprachgebrauch Begriffe wie Sojamilch, Hafersahne, Lupinenjoghurt seit Jahrzehnten verwenden, die Produkte aber im Handel nicht so angeboten werden dürfen. Auch seien ja offensichtlich in einigen Ländern Begriffe zulässig, wie in Italien zum Beispiel die Mandelmilch, Latte di Mandorla, die dort so benannt und auch gekennzeichnet werden darf oder hier in Deutschland die Kokosmilch.
Diese Entscheidung des EUGH hat in der Folge zu einer großen Verunsicherung der Hersteller pflanzlicher Lebensmittel bezüglich der Frage geführt, wie sie denn von nun an rechtssicher ihre Produkte benennen sollen, um einerseits vor Abmahnungen aus der Milchindustrie sicher zu sein und andererseits eine für Verbraucher verständliche Produktkennzeichnung zu verwenden.
Die Hersteller pflanzlicher Lebensmittel haben verschiedene Wege gewählt, um ihre Produkte rechtssicher und gleichwohl verständlich auszuzeichnen. Ein von uns beratenes Unternehmen aus Norddeutschland stellt pflanzlichen Käse auf der Basis von Cashew-Kernen her und hat diese Produkte als Käse-Alternative ausgezeichnet. Unsere Mandantin wurde daraufhin von der Wettbewerbszentrale abgemahnt, diese Auszeichnung künftig zu unterlassen und nachdem sich unsere Mandantin geweigert hatte, eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben, wurde sie vor dem Landgericht Stade auf Unterlassung verklagt. Diese Klage hat das Landgericht abgewiesen mit der Begründung, dass durch die Bezeichnung „Alternative“ hinreichend klargestellt ist, dass es sich bei dem so angebotenen Produkt eben nicht um ein tierisches Erzeugnis, sondern um eine Alternative dazu handelt. Der Hinweis auf das alternative tierische Produkt (Milch, Käse etc.) sei dabei für den Verbraucher geradezu sinnvoll, damit der Verbraucher weiß, wie er das für ihn noch relativ neue Produkt auf Pflanzenbasis in der Küche verwenden und welchen Geschmack er erwarten kann. Dieser Begründung ist das Oberlandesgericht Celle erfreulicherweise gefolgt und hat die Berufung der Wettbewerbszentrale gegen das Urteil des Landgerichts Stade zurückgewiesen.
Amenitsch: Für den Konsumenten pflanzenbasierter Produkte haben omnivorähnliche Produktbezeichnungen einen besonderen Wert bei der Hilfe zur angemessenen Kaufentscheidung.
Genau deshalb waren die Entscheidungen der Deutschen Gerichte ja auch aus Verbrauchersicht so wichtig. Für sie muss klar erkennbar sein, um was für ein Produkt es sich handelt, wie er es verwenden kann und welches tierische Lebensmittel hierdurch ersetzt werden soll. Wenn es gelingen soll, die Konsumenten von einer überwiegend auf tierische Erzeugnisse ausgerichteten Ernährung auf eine mehr pflanzenbasierte Ernährung umzulenken, was u.a. aus Gründen des Klimaschutzes, der Ressourcenschonung und des Tierschutzes sinnvoll ist, dann ist der Weg dahin leichter zu gehen, wenn dem Verbraucher klar ist, dass er statt des gewohnten tierischen Produktes auf eine pflanzliche Alternative ausweichen kann, ohne auf Genuss verzichten zu müssen.
Amenitsch: Kann man zum Beispiel bei der Verwendung des Begriffs Tofu-Butter Rückschlüsse auf die Streichfähigkeit und gegebenenfalls auch auf den Geschmack des Produktes haben?
Ja, Rückschlüsse auf die Streichfähigkeit und den Geschmack lassen sich ziehen aber auch der Hinweis ist enthalten, die Tofu-Butter genau dort einsetzen zu können, wo üblicherweise die Kuhmilchbutter zum Einsatz kommt.
Das gesamte ausführliche Interview können sie auf der Seite des Wirtschaftsmagazins vegconomist lesen. Klicken Sie dazu auf den folgenden Link:
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