Die Stadt Tübingen darf eine Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen erheben. McDonald’s verlor den Rechtsstreit vor dem BVerfG und muss nun entsprechend die Verpackungssteuer zahlen. Nun könnte es bald in vielen Städten eine Steuer auf Einweg-Verpackungen geben.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat entschieden, dass die Tübinger Verpackungssteuer verfassungsgemäß ist, da sie als örtliche Verbrauchssteuer nach Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz (GG) zulässig sei. Der typische Verbrauch von Take-away-Produkten im Gemeindegebiet begründe die erforderliche „Örtlichkeit“. Zwar greife die Steuer in die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) ein, doch sei dieser Eingriff verhältnismäßig, da die Steuer wirksam zur Müllreduktion beitrage und praktikable Alternativen fehlen würden (BVerfG, Beschluss vom 27.11.2024, Az. 1 BvR 1726/23).
Seit Anfang 2022 gilt in der Stadt Tübingen die in bundesweiter Vorreiterfunktion erlassene Verpackungssteuersatzung. Diese hatte der bekannte und streitbare Oberbürgermeister der Stadt Boris Palmer eingeführt. Diese sieht in § 1 die Erhebung einer Steuer für nicht wiederverwendbare Verpackungen (Einwegverpackungen) und nicht wiederverwendbares Geschirr (Einweggeschirr) sowie auf nicht wiederverwendbares Besteck (Einwegbesteck) vor. Davon betroffen sind insbesondere Kaffeebecher, Einweggeschirr wie Pommesschalen, die mit 50 Cent besteuert werden, sowie Einwegbesteck und andere Hilfsmittel wie Strohhalme, die mit 20 Cent besteuert werden (§ 4 Verpackungssteuersatzung). Die Verpflichtung zur Zahlung dieser Steuer trifft den Endverkäufer von entsprechenden Speisen und Getränken.
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McDonald’s gewinnt zunächst vor Verwaltungsgerichtshof
Gegen diese Steuer hatte eine Tübinger Franchise-Nehmerin der Fastfoodkette McDonald’s erfolgreich einen Normenkontrollantrag am Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg gestellt, der die Verpackungssteuersatzung Tübingens mit Urteil vom 29.03.2022 für unwirksam erklärt hatte, da sie gegen das bundesweite Abfallrecht und das darin verankerte Kooperationsprinzip verstoße. Die Länder hätten laut Gericht keine Gesetzgebungskompetenz für solche Steuern.
Die Stadt Tübingen wehrte sich jedoch gegen die Entscheidung des VGH und legte in nächster Instanz Revision beim Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) ein. Das oberste Verwaltungsgericht entschied, dass die Verpackungssteuer der Stadt Tübingen rechtmäßig sei, da es sich um eine zulässige örtliche Verbrauchssteuer gemäß Art. 105 Abs. 2a GG handele. Die Steuer sei gerechtfertigt, da Einwegverpackungen typischerweise im Gemeindegebiet verbraucht würden. Zudem stehe die Satzung nicht im Widerspruch zum Abfallrecht des Bundes, da beide Regelungen das Ziel der Müllvermeidung verfolgen. Zwar erkannte das Gericht punktuelle Rechtsverstöße, diese beeinträchtigten jedoch nicht die grundsätzliche Gültigkeit der Steuer.
Gegen das Urteil des BVerwG legte die Tübinger Franchise-Nehmerin von McDonald’s schließlich Verfassungsbeschwerde beim BVerfG ein. Diese hatte jedoch keinen Erfolg.
Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die Verpackungssteuer der Stadt Tübingen sowohl formell als auch materiell verfassungsgemäß sei. Es handele sich um eine zulässige örtliche Verbrauchssteuer nach Art. 105 Abs. 2a GG, da der Verbrauch von Take-away-Produkten typischerweise im Gemeindegebiet erfolgt, was die erforderliche „Örtlichkeit“ begründet. Zwar greift die Steuer in die Berufsfreiheit der Verkäufer ein (Art. 12 Abs. 1 GG), dieser Eingriff ist jedoch verhältnismäßig, da er dem legitimen Ziel dient, Müll im öffentlichen Raum zu reduzieren. Die Steuer ist außerdem geeignet und erforderlich, um dieses Ziel zu erreichen, da Alternativen, wie eine direkte Steuererhebung bei Verbrauchern, weniger praktikabel und wirksam wären.
Weitere Städte wollen dem Vorbild Tübingens folgen
Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer sieht in dem Urteil einen Erfolg für den Umweltschutz, die kommunale Selbstverwaltung und die Sauberkeit in Städten. Er rechne damit, dass viele Städte diesem Beispiel folgen werden, da das Problem der Vermüllung fast alle größeren Kommunen beträfe. Tatsächlich hatten 47 Städte, darunter Dortmund, Düsseldorf, Leipzig und Köln, die Entscheidung des BVerfG abgewartet und könnten nun ähnliche Regelungen einführen.
ddi