Der aus China stammende Autohersteller Nio darf seine Modelle nicht mit dem Zusatz „ES6“ und „ES8“ bewerben. Nach Überzeugung des LG München I bestehe Verwechslungsgefahr zu den Audi-Modellen „S6“ und „S8“.
Das Landgericht (LG) München I hat in einem E-Auto-Markenstreit zwischen den Automobilherstellern Audi und Nio zugunsten Audis entschieden und dem chinesischen Hersteller Nio Werbung für die Modelle „ES6“ und „ES8“ untersagt. Es bestehe Verwechslungsgefahr mit den Audi-Modellen „S6“ und „S8“, erklärte das Gericht (LG München I, Az. 1 HK O 13543/21).
Nio bewarb auf seiner Internetseite zwei seiner Automobile mit seinem Firmennamen sowie dem Zusatz „ES6“ bzw. „ES8“ und plant die Fahrzeuge in Deutschland auf den Markt zu bringen. Hiergegen wandte sich Audi per Klage auf Unterlassung, Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten und Feststellung des Schadenersatzes mit dem Argument, dass bezüglich der für Audi eingetragenen Marken „S 6“ und „S 8“ Verwechslungsgefahr bestehe.
Audi siegt gegen Nio im Streit um „ES6“ und „ES8“
Das LG München I bejahte im Ergebnis eine Verwechslungsgefahr der beiden Zeichen durch gedankliches Inverbindungbringen.
Das Gericht ging davon aus, dass der in der Werbung zu sehende Firmenname für die Bewertung der Verwechselungsgefahr rechtlich außer Betracht zu bleiben habe, da es sich bei dem angegriffenen Zeichen erkennbar um einen Kfz-Typenbezeichnung handele und es im Automobilbereich die Gepflogenheit gebe, Typenbezeichnungen als eigenständige Marken im Sinne von Zweitmarken anzusehen. Es gelte dann der Grundsatz, dass Marken als Ganzes zu vergleichen seien.
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Zwar weiche die angegriffene Gestaltung Nios durch den zusätzlichen Buchstaben „E“ im Zeichen schriftbildlich und klanglich merkbar von Audi-Marke „S6“ und „S8“ ab. Der zusätzliche Buchstabe „E“ sichere jedoch vorliegend keine hinreichende Unterscheidungskraft. Beide Marken würden zumindest in klanglicher Hinsicht gedanklich in Verbindung gebracht, was unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Klagemarke und bestehenden Warenidentität zu einer mittelbaren Verwechslungsgefahr führe.
Verbraucher könnten eine Elektro-Variante der Audi-Modelle annehmen
Der Buchstabe „E“ in Verbindung mit einem Produkt sei nämlich aktuell als Abkürzung für „Elektro“/ „elektronisch“ quasi allgegenwärtig. Der Buchstabengebrauch betreffe sämtliche Lebensbereiche (z.B. als E-Akte das Gericht), insbesondere aber auch den Automobilbereich. Die Bedeutung bzw. der Ausbau der sogenannten „E-Mobilität“ sei ein wichtiges Gesellschaftsthema. Dementsprechend werde ein Kraftfahrzeug, das über einen Elektromotor verfüge, nicht nur als Elektroauto, sondern auch sehr häufig kurz als „E-Auto“ bezeichnet.
Das LG führte aus, es sei deshalb zu erwarten, dass ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise das „E“ in dem angegriffenen Zeichen und damit den einzigen Unterschied zwischen den beiden Zeichen auch hier als in diesem Sinne beschreibend verstehe und darin lediglich einen Hinweis auf den Motortyp des Fahrzeugs sehe. Es bestehe die Gefahr, dass Verbraucher annehmen, der „ES 6“ sei der „S6“ in der Elektroversion, die beiden Fahrzeuge seien vom selben Hersteller. Es gebe damit eine über die reine Assoziation hinausgehende Gefahr einer Verwechselung durch Inverbindungbringen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
tsp