Mit einer Entscheidung aus dem Oktober 2023 verpasste der BGH nun jenen Unternehmen einen Dämpfer, die sich ihre Firma als Domain registrieren lassen möchten. Existiert die Domain bereits und wird als URL-Weiterleitung für einen Dritten verwendet, besteht womöglich trotzdem kein Anspruch auf Löschung. Der BGH stellte klar, wann das Interesse des bisherigen Domaininhabers überwiegt.
Ein Unternehmen kann von einem Domaininhaber nicht schon deshalb die Löschung der Domain verlangen, weil dieser kein Namens- oder Markenrecht besitzt. Verwendet er die Domain nicht missbräuchlich, etwa zur URL-Weiterleitung, kann sein Interesse trotzdem überwiegen. Das entschied der Bundesgerichtshof Ende Oktober (BGH, Urt. v. 26.10.2023, Az. I ZR 107/22).
Mit den Domains „energycollect.de“ und „energy-collect.de“ hatte ein Rechtsanwalt bei der Denic eG seit 2010 eine URL-Weiterleitung („URL-Redirect“) eingerichtet. Dabei standen hinter den URLs keine eigenständigen Websites, sondern sie leiteten an einen Drittunternehmer weiter, der als Inkassodienstleister in der Energiebranche tätig war und einen anderen Namen trug. („on-collect solutions AG“)
Ein Unternehmen in der gleichen Branche wurde später unter der tatsächlichen Firma „energy Collect GmbH & Co.KG“ eingetragen und verlangte nun vom Inhaber die Löschung der Domain wegen unberechtigter Namensanmaßung. Erst die Revision zum BGH verschaffte dem Rechtsanwalt und Domaininhaber Recht.
Soforthilfe vom Anwalt
Sie brauchen rechtliche Beratung? Rufen Sie uns an für eine kostenlose Ersteinschätzung oder nutzen Sie unser Kontaktformular.
Domaininhaberschaft ist unzulässiger Namensgebrauch
Der Senat führte aus, dass man die begehrte Löschung über das Markenrecht nicht erreichen konnte. Es sei also zu beurteilen gewesen, ob sich der Löschungsanspruch aus dem zivilrechtlichen Namensrecht ergebe (§ 12 S. 1 BGB). Dafür hätte der Rechtsanwalt und Domaininhaber unbefugt den betroffenen Namen gebrauchen, eine Zuordnungsverwirrung hervorrufen und die schutzwürdigen Interessen des Klägers verletzen müssen. Der BGH stimmte den Vorinstanzen in den ersten beiden Punkten zu, sah allerdings keine Verletzung von schutzwürdigen Interessen.
Ein unbefugter Namensgebrauch läge danach schon in der Registrierung und Aufrechterhaltung der Domain. Ein eigenes Namensrecht an „energy COLLECT“ entstehe durch Registrierung und Benutzung der Domain allerdings nicht, sondern nur ein Nutzungsrecht gegenüber der Denic eG. Damit ein Namensrecht begründet wird, müsse die URL mehr eine „Adressbezeichnung“ sein, also den Betreiber des Unternehmens beim Namen nennen. Bei der URL-Weiterleitung sei dies gerade nicht der Fall, da die Domain nur als Durchgangsstation zu dessen Dienstleistungen fungiere und keinen „Herkunftshinweis“ beinhalte.
Stattdessen verwiese der Namensgebrauch in der Domain auf ein Unternehmen, mit dem der Domaininhaber nichts zu tun hatte. Insofern läge auch eine namensrechtliche Zuordnungsverwirrung vor.
Trotzdem: Domaininhaber ist schutzwürdig
Der BGH kommt letztendlich allerdings dennoch zu dem Ergebnis, dass die energy Collect GmbH & Co.KG keine Löschung verlangen kann. Trotz des unzulässigen Namensgebrauchs habe das Unternehmen nämlich kein überwiegendes Interesse an einer Löschung nach § 12 BGB.
Die Registrierung der Domain begründe zwar kein Namens- oder Markenrecht, doch allerdings ein eigentumsfähiges Nutzungsrecht. Und dieses könne in der Abwägung ein schutzwürdiges Interesse sein, solange die Nutzung nicht rechtsmissbräuchlich sei. Die Weiterleitung über die Domain sei hierbei nicht rechtsmissbräuchlich, genauso wenig wie eine spätere Verkaufsabsicht.
Im Gegenteil führt der BGH aus, dass der Drittunternehmer vor Registrierung der Firma überprüfen könne, ob der entsprechende Domainname noch verfügbar sei. Ihm sei es dann „oft möglich und zumutbar“, eine andere Unternehmensbezeichnung zu wählen. Dem berechtigten Interesse an der Fortführung als URL-Redirect könne er insofern nichts entgegensetzen.
Der BGH verweist weiter auf das markenrechtliche Prioritätsprinzip, das auch hier allgemein Anwendung finde. Dieses besagt, dass früher entstandene Markenrechte gegenüber späteren grundsätzlich Vorrang genießen. So sei es auch hier, sodass energy Collect hier hinnehmen musste, dass die angestrebte Domain nicht mehr verfügbar war.
the