Die orangefarbene Titelseite der NJW ist Juristen in ganz Deutschland bekannt. Nach einem Beschluss des BGH muss der Beck-Verlag nun beweisen, dass sich „ihr“ Orange als Marke im juristischen Literaturfachbereich durchgesetzt hat.
Das NJW-Orange (Farbmarke: 30 2008 037 660) wurde 2009 als verkehrsdurchgesetzte Marke für juristische Fachzeitschriften in das vom Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen. Der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigte sich nun mit der Frage, ob es immer noch diesen besonderen markenrechtlichen Schutz verdient (Beschl. v. 22.07.2021, Az. I ZB 16/20). In Abkehr seiner bisherigen Rechtsprechung stellte er klar, dass es dem Markeninhaber obliege, im Löschungsverfahren diejenigen Umstände nachzuweisen, aus denen sich der (Fort-)Bestand seiner Marke ergibt.
Die Neue Juristische Wochenschrift (NJW) ist die auflagenstärkste Zeitschrift für die juristische Theorie und Praxis in Deutschland und wird von Juristen aller Ausbildungsstufen gelesen. Dabei fällt dem Leser zunächst vor allem das Orange der Titelseite ins Auge. Im Jahr 2015 beantragte eine Anwältin und Verlegerin die Löschung der Farbmarke des NJW-Orange. Ihrer Auffassung nach lägen die Voraussetzungen einer Verkehrsdurchsetzung der nicht unterscheidungskräftigen Farbmarke nicht vor. Nach § 8 Abs. 3 des Markengesetzes (MarkenG) wäre der Löschungsantrag einer Farbmarke, der nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG die Unterscheidungskraft fehlt, dann erfolgreich, wenn sich die Marke in den „beteiligten Verkehrskreisen“ nicht durchgesetzt hätte.
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BPatG: Zweifel gehen nicht zu Lasten des Markeninhabers
Vor dem deutschen Patent- und Markenamt sowie vor dem Bundespatentgericht (BPatG) war die Anwältin mit ihrem Löschungsantrag und der anschließenden Beschwerde erfolglos (Beschl. v. 26.02.2020, Az. 29 W (pat) 24/17). Nach dem BPatG sei im Ergebnis davon auszugehen, dass die Farbe „Orange“ sich infolge ihrer Benutzung für „Juristische Fachzeitschriften“ in den beteiligten juristischen Verkehrskreisen gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt habe. Mögliche verbleibende Zweifel daran gingen zu Lasten der die Löschung beantragenden Anwältin.
Die Gesamtschau der vom Beck-Verlag im Anmeldeverfahren vorgelegten Unterlagen und ihre Angaben sowie teils gerichtsbekannte oder von Amts wegen ermittelte Umstände legen aus Sicht des BPatG auch ohne ein demoskopisches Gutachten eine Durchsetzung der als Marke eingetragenen Farbe „Orange“ für die Waren „Juristische Fachzeitschriften“ in den maßgeblichen Verkehrskreisen nahe. Die jahrzehntelange, ununterbrochene und auch in der Werbung präsente Benutzung der Marke für die NJW im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und nach der Wiedervereinigung auch in den neuen Bundesländern sei gerichtsbekannt. Der Beck-Verlag habe insofern glaubhaft vorgebracht, dass das Titelblatt der NJW spätestens seit dem Jahr 1976 konstant in dem als Marke geschützten Farbton gehalten sei und dass die Zeitschrift zum Zeitpunkt der Anmeldung eine Auflagenhöhe von etwa 43.000 erreicht habe. Dies bedeute einen hohen Marktanteil der Markeninhaberin im Bereich der juristischen Fachzeitschriften.
Die Zeitschriften lägen zudem auch in Kanzleien, Behörden, Gerichten und Universitäten in deren Bibliotheken oder Lesesälen für alle Interessieren aus oder würden dort in Umlauf gegeben, weshalb der Kreis der Leser die Auflagenhöhe vermutlich deutlich übersteige. Es dürfte insofern kaum einen Juristen in Deutschland geben, der die NJW mit ihrer typischen orangefarbenen Titelseite nicht kennt, so das BPatG.
Das BPatG stellte allerdings fest, dass nicht ganz zweifelsfrei feststehe, dass die Tatsachen und Indizien, die eine hohe Bekanntheit der NJW belegten, ausreichend seien, um den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung in den beteiligten Verkehrskreisen für die Farbmarke als erbracht anzusehen. Das könne jedoch dahinstehen, denn die restlichen Zweifel würden im konkreten Fall zu Lasten der die Löschung beantragenden Anwältin gehen.
BGH: Beweislast liegt beim Markeninhaber
Der BGH setzte sich nun mit dem Beschluss des BPatG auseinander und widersprach in Abkehr seiner bisherigen Rechtsprechung der Rechtsauffassung des BPatG. Er hielt insofern nicht an seiner Rechtsprechung fest, nach der verbleibende Zweifel, ob ein Schutzhindernis im Eintragungszeitpunkt vorlag, zu Lasten des Antragstellers des Löschungsverfahrens und nicht des Markeninhabers gehen. Es obliege generell dem Markeninhaber, im Löschungsverfahren diejenigen Umstände nachzuweisen, aus denen sich der (Fort-)Bestand seiner Marke ergibt.
Anders als das BPatG sieht er die Beweislast also beim Beck-Verlag als Markeninhaberin. Diese müsse ergänzend vortragen und gegebenenfalls weitere Beweise, insbesondere ein demoskopisches Gutachten, vorlegen oder die Einholung eines gerichtlichen Gutachtens beantragen, um die Verkehrsdurchsetzung des NJW-Orange zu beweisen. Für eine Antwort auf die Frage, ob das NJW-Orange immer noch den besonderen markenrechtlichen Schutz verdient, bleibt also eine erneute Verhandlung vor dem BPatG abzuwarten.
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