Bei Online-Discounter real.de war zwischenzeitlich auch hochwertiges Parfum zu finden – und das auf Augenhöhe mit tagesaktuellen Rabatten und Spottpreisen. Die Markeninhaber von SHISEIDO und ISSEY MIYAKE klagten gegen diesen Vertrieb wegen der Verletzung des hochwertigen Marken-Images. Aber reicht das für ein Vertriebsverbot? Das OLG Düsseldorf hatte zu entscheiden.
Nach Ausführungen des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf kann der Verkauf von Luxus-Parfum durch einen Online-Discounter zu einem markenrechtlichen Unterlassungsanspruch führen, wenn dadurch das luxuriöse Image der Marke verletzt wird. Das gelte allerdings nur, wenn der Vertrieb der Luxusmarke über ein tatsächlich praktiziertes Selektivverfahren erfolge, so das OLG (OLG Düsseldorf, Urt. v. 07.12.2023, Az. 20 U 277/22).
Geklagt hatte die Shiseido Germany GmbH, Inhaberin der Markenrechte von SHISEIDO sowie ISSEY MIYAKE. Die Marken präsentieren sich auf den eigenen Websites als edle und hochpreisige Anlaufstellen für Kosmetikprodukte in jahrelanger und japanisch entlehnter Tradition. Bereits im Jahre 2019 wurden hierzu einstweilige Verfügungen beantragt, das Hauptsacheverfahren wurde nun 4 Jahre später im Dezember 2023 abgeschlossen.
Nach Berufung der Gegenseite hat das OLG Düsseldorf die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt und dem Discounter real den Vertrieb der Markenprodukte untersagt. In der Kosmetikbranche wird die Entscheidung begrüßt, denn das OLG hat sich in dem Zuge ausführlich mit dem Prestigecharakter und der sog. „Luxushöhe“ von entsprechenden Produkten auseinandergesetzt.
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Luxus-Image kann schützenswert sein
Das OLG stellte zunächst fest, dass der Markeninhaber nicht jeden willkürlichen Vertrieb der Produkte untersagen dürfe, solange die Produkte unter der Marke in den EU-Wirtschaftsraum gebracht worden seien (sog. „Erschöpfung des Markenrechts“, § 15 Unionsmarkenverordnung (UMV)). Eine Ausnahme gelte gemäß Markenrecht nur, wenn weiterführende, „berechtigte Gründe“ für eine solche Untersagung vorlägen.
Ein solcher berechtigter Grund werde angenommen, wenn durch die konkrete Vermarktung bzw. den konkreten Vertrieb der Ruf der Marke beschädigt werde. Bei Waren mit Luxus- und Prestigecharakter müssten Wiederverkäufer entsprechend darauf achten, dass die Wertschätzung der Marke und deren luxuriöse Ausstrahlung nicht beeinträchtigt würden. Soweit das Produkt jedoch allein mit für den Wiederverkäufer üblichen Werbemaßnahmen beworben werde, stelle dies noch keine Verletzungshandlung dar. Dies auch dann nicht, wenn diese Werbemaßnahmen nicht denen entsprächen, die der Markeninhaber sonst für seine Wiederverkäufer vorgebe. Es brauche darüber hinaus eine erhebliche Rufschädigung.
Um dies im Einzelfall festzustellen, sei auf die sogenannte „Luxushöhe“ abzustellen, die sich nicht nach festen Regeln richte, sondern dynamisch im Einzelfall festzustellen sei, auch im Zusammenhang mit der drohenden Beeinträchtigung. Der Inhaber einer sehr exklusiven Luxusmarke, die gerade durch eine künstliche Verknappung den hohen Preis rechtfertige, werde sich dadurch eher durchsetzen können als weniger exklusive Marken. Bei weniger exklusiven Marken werde nicht das Angebot an sich, sondern die konkrete Art der Präsentation in den Blick genommen.
Starkes Luxus-Image dank Selektivvertrieb
Das OLG sprach SHISEIDO sowie ISSEY MIYAKE in diesem Fall ein vergleichsweise starkes Luxus-Image zu und stellte dafür vor allem auf das konkrete Vertriebssystem ab. Die Vertriebspartner der Produkte würden laut Zeugenaussagen nach strengen Kriterien ausgewählt, die Verträge gäben zudem gewisse Qualitätsstandards vor, um einen „schönen Marktauftritt“ zu gewährleisten. Auch fänden Gespräche vor Ort statt, inklusive Fragebögen im Vorfeld von Verträgen. Zudem würde auch darauf geachtet werden, dass im Sortiment der Wiederverkäufer sogenannte „Ankermarken“ vorhanden seien, also angesehene Marken von Mitbewerbern, um die luxuriöse Präsentation zu unterstreichen. Dies werde darüber hinaus auch über Angaben zur konkreten Platzierung der Produkte und tiefe Mitarbeiterschulungen flankiert.
Und auch wenn dieses Selektivvertriebssystem nicht in jeglicher Hinsicht gegenüber den Wiederverkäufern durchgesetzt werde (beispielsweise bei einem „Best Price“ „Sale“ durch eine Drogeriekette) ändere dies nichts an der Einschätzung. Lediglich eine ständige und allgegenwärtige Rabattierung der Produkte hätte einen Unterschied machen können, wurde aber nicht festgestellt.
Verletzung des Luxus-Images durch fehlende Trennung
Es ermangele der real-Onlineplattform erkennbar an Exklusivität. Die Oberkategorie „Körperpflege & Gesundheit“ stehe auf einer Stufe mit anderen Kategorien wie „Elektronik“ der „Küche & Haushalt“ und erweckten so den Eindruck, ebenfalls „überall verfügbare Massenware“ zu sein. Das OLG stellte klar, dass auch im Onlinehandel eine gewisse luxuriöse Präsentation möglich sei, die hier allerdings nicht erfolgte. Die Preise seien zu prominent dargestellt und die Seite mit den Luxusprodukten würde sich nicht ausreichend vom sonstigen Design der Website abheben. Die Seite sei „in ästhetischer Hinsicht wenig ansprechend“ gestaltet und „in der Gesamtbetrachtung gewöhnlich, rein funktional und keineswegs luxuriös wirkend“, so das OLG.
Der Discounter real gefährde daher das Luxus-Image. Vor allem, da die Produkte von SHISEIDO und ISSEY MIYAKE nicht „von Billigwaren getrennt angeboten würden und eine notwendige Abgrenzung zum sonstigen Sortiment fehle. Real.de – inzwischen zugehörig zu Kaufland – hat den Verkauf der Markenprodukte nun zu unterlassen.
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