Zum Thema Markenrecht hat das Oberlandesgericht Köln am 15.03.2006 die unten veröffentlichte Entscheidung getroffen. Wenn Sie rechtliche Fragen zum Thema haben oder einen Rechtsanwalt benötigen, rufen Sie uns an 0221 / 951 563 0 (Beratung bundesweit).

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Konkret hat das Oberlandesgericht Köln folgendes entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beklagten zu je 1/3.

G r ü n d e

Die Beschwerde ist gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i. V. m. § 11 Abs. 1 Rechtspflegergesetz statthaft und begegnet auch im Übrigen keinen verfahrensrechtlichen Bedenken, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Rechtspfleger hat es zutreffend abgelehnt, die den Beklagten durch die Mitwirkung des Patentanwalts H aus B entstandenen Kosten gegen die Klägerin mit festzusetzen. Die Patentanwaltskosten sind auch nicht teilweise erstattungsfähig.

Zu Unrecht meint die Beschwerde, die Erstattungsfähigkeit der streitigen Kosten aus § 140 Abs. 3 MarkenG in der bis zum 1. Juli 2004 geltenden Fassung herleiten zu können. Diese Vorschrift, wonach von den Kosten, die durch die Inanspruchnahme eines Patentanwaltes in einer Kennzeichenstreitsache entstehen, die Gebühren nach § 11 BRAGO ohne die Prüfung der Notwendigkeit der Zuziehung des Patentanwalts und außerdem dessen notwendige Auslagen zu erstatten sind, findet im Streitfall keine Anwendung. Die Klägerin hat im vorangegangenen Rechtsstreit keinen Anspruch aus einem im Markengesetz geregelten Rechtsverhältnis geltend gemacht.

Der Beschwerde ist zuzugeben, dass es für die Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsstreit den Kennzeichenstreitsachen i. S. d. § 140 Abs. 1 MarkenG zuzurechnen ist, nicht darauf ankommt, ob das Klagebegehren ausdrücklich auf eine Vorschrift des Markengesetzes gestützt worden ist. Erst recht ist es für die Abgrenzung einer Kennzeichenstreitsache von einer Wettbewerbsstreitigkeit ohne Belang, ob sich der Klageanspruch aus einem im Markengesetz geregelten Rechtsverhältnis tatsächlich herleiten lässt. Die Zuordnung eines Rechtsstreits zu den Kennzeichenstreitsachen hängt nach der in ständiger Rechtssprechung des Senats vertretenen Auffassung nicht vom Ausgang des Prozesses ab. Unerheblich ist ferner, ob das Prozessgericht den Tatsachenvortrag der klagenden Partei unter kennzeichenrechtlichen Gesichtspunkten überprüft oder ob es eine solche Prüfung unterlassen oder im Hinblick auf eine andere durchgreifende Anspruchsgrundlage für entbehrlich gehalten hat. Maßgebend ist vielmehr, ob nach dem von der klagenden Partei vorgetragenen und zur Entscheidung des Gerichts gestellten Sachverhalt ein zeichenrechtlicher Anspruch ernstlich in Betracht kam, mag auch das Klagebegehren ausschließlich auf eine andere, etwa auf eine wettbewerbsrechtliche Rechtsgrundlage gestützt worden sein.

Anders als die Beklagten offenbar annehmen, ist es jedoch nicht gerechtfertigt, einen Rechtsstreit schon deshalb den kennzeichenrechtlichen Streitigkeiten zuzurechnen, weil die klagende Partei den gegen den Prozessgegner erhobenen Vorwurf einer vermeidbaren Herkunftstäuschung auf die Behauptung stützt, dass der Ausstattung oder der Aufmachung ihrer Produkte eine auf die betriebliche Herkunft hinweisende Funktion zukomme. Der wettbewerbsrechtliche Schutz wegen irreführender Verwendung einer betrieblichen Herkunftskennzeichnung setzt nämlich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. NJW 1997, 2379 ff.) deren kennzeichenrechtliche Schutzfähigkeit voraus. Daraus folgt, dass es zur Darlegung eines wettbewerbsrechtlichen Verbotsanspruchs wegen Nachahmung eines Kennzeichens stets auch der Darlegung von Tatsachen bedarf, die den Schluss zulassen, dass die herkunftshinweisende Bezeichnung als solche kennzeichenrechtlichen Schutz genießen kann. Der Umstand, dass die Frage der markenrechtlichen Schutzfähigkeit einer Warenkennzeichnung auch im Rahmen eines ergänzenden Leistungsschutzes nach § 1 UWG von Bedeutung ist, und dass ein wettbewerbsrechtlicher Schutz bei Kennzeichen nur eingreift, wenn und soweit markenrechtliche Sonderschutzrechte nicht bestehen, sagt demnach nichts darüber aus, ob die auf die Gewährung von Rechtsschutz gegen die Anlehnung an ein nach Ansicht der klagenden Partei herkunftshinweisendes Kennzeichen gerichtete Klage als kennzeichenrechtliche Streitigkeit einzustufen ist. Rechtssystematische, dogmatische oder sonstige theoretische Erwägungen stellen ohnehin keine geeigneten Abgrenzungskriterien dar. Wollte man es anders sehen, müsste ein Rechtsstreit, der einen auf die Nachahmung einer angeblich als betriebliches Herkunftszeichen wirkenden Bezeichnung gestützten Anspruch zum Gegenstand hat, schon allein deswegen, weil kennzeichenrechtliche Sonderschutzrechte den wettbewerbsrechtlichen Schutzrechten vorgehen und daher vorrangig zu prüfen sind, ausnahmslos den Kennzeichenstreitsachen zugerechnet werden, ein Ergebnis, das mit der Legaldefinition der Kennzeichenstreitsachen in § 140 Abs. 1 MarkenG nicht vereinbar wäre. Wird die Verwendung eines sonderschutzfähigen Kennzeichens als irreführende herkunftshinweisende Werbeangabe beanstandet, ist für die Abgrenzung einer Kennzeichenstreitsache von einer bloßen Wettbewerbsstreitigkeit allein darauf abzustellen, ob die vorgetragenen Tatsachen die Annahme nahe legen, dass die klagende Partei für die Aufmachung oder für die Ausstattung ihrer Erzeugnisse oder für ihre Produktkennzeichnung kennzeichenrechtlichen Schutz in Anspruch nehmen kann. Das war hier nicht der Fall. Nach dem Vorbringen der Klägerin kam die Möglichkeit, das als Rechtsgrundlage für die Klageansprüche auch die Bestimmungen des Markengesetzes in Betracht kommen konnten, nicht ernstlich in Betracht.

Die Klägerin hat den Beklagten vorgeworfen, sich bei der farblichen Aufmachung der von der Beklagten zu 1) vertriebenen Scheren ohne Not an die Farbgestaltung der aus einer Kombination von schwarzen Griffteilen und blauen Griffeinsätzen bestehenden Griffstücke ihrer Scheren angelehnt zu haben, und daraus die Gefahr einer von sämtlichen Beklagten zu verantwortenden betrieblichen Herkunftsverwechslung abgeleitet. Es ist, soweit ersichtlich, inzwischen allgemein anerkannt, dass auch Farben, Farbzusammenstellungen oder Farbkombinationen markenfähig sein und damit kennzeichenrechtlichen Schutz genießen können (vgl. BGH a. a. O.). Dem Vorbringen der Klägerin lässt sich indessen nichts dafür entnehmen, dass der schwarz-blauen Farbgebung der Scheren ihrer Serie „G B“ ein kennzeichenrechtlicher Schutz durch Benutzung gemäß § 4 Nr. 2 MarkenG zukam oder doch zukommen konnte. Farben oder Farbkombinationen haben von Haus aus keine individualisierede Kennzeichnungskraft; Kennzeichenschutz nach den Bestimmungen des Markengesetzes kann ihnen daher nur als Benutzungsmarke zukommen, was wiederum voraussetzt, dass das Farbzeichen Verkehrsgeltung erlangt hat. An den hierfür erforderlichen Bekanntheitsgrad sind nach der Rechtssprechung des BGH (a. a. O.) im Interesse einer möglichst ungehinderten Entfaltung des freien Wirtschaftsverkehrs strenge Maßstäbe anzulegen. In der Regel ist danach ein Bekanntheitsgrad von mehr als 50 % erforderlich. Eine jenseits der 50 %-Grenze liegende Bekanntheit der für die Griffe der Scheren ihrer Produktserie „G B“ verwendeten Farbkombinationen schwarz-blau hat die Klägerin im vorangegangenen Rechtsstreit indessen auch nicht ansatzweise dargetan. Die Klägerin hat den Marktanteil der unter der Bezeichnung „G B“ vertriebenen schwarz-blauen Scheren mit 15 % bis 20 % angegeben und darauf ihre Einschätzung gestützt, dass ihre Scheren mit den markanten zweifarbigen Kunststoffhandgriffen der Serie „G B“ die für einen dem Schutz des Wettbewerbsrechts unterliegenden Herkunftshinweis erforderliche „gewisse Bekanntheit“ aufwiesen. Soweit die Klägerin in ihren Schriftsätzen verschiedentlich – ohne jede Substantiierung ihres Vorbringens – darauf hingewiesen hat, dass ihre schwarz-blaue Scherenserie eine „große“, eine „außerordentliche“, ja eine „überragende“ Bekanntheit genieße, hat sie damit – wie ihr sonstiges Vorbringen, insbesondere ihr Hinweis darauf deutlich macht, dass der nicht zuletzt auf den hohen Werbeaufwand zurückzuführende beachtliche Marktanteil eine nicht unerhebliche Marktbekanntheit indiziere – ersichtlich keinen der Verkehrsdurchsetzung gleichkommenden Bekanntheitsgrad behaupten, sondern lediglich dartun wollen, dass den durch den schwarz-blau geprägten Handgriff der „G B“ Haushaltsscheren eine wettbewerbliche Eigenart zukomme, die von den Beklagten übernommen worden sei, um den Eindruck zu erwecken, dass es sich bei den von den Beklagten zu 1) vertriebenen Scheren der Serie „T D“ um solche aus der Serie „G B“ handele. Die Ansicht der Beklagten, dass eine vermeidbare Herkunftstäuschung und damit ein wettbewerbsrechtlicher Schutz ausscheide, wenn nur bei einem einzelnen Gestaltungsmerkmal Übereinstimmung bestehe, trifft jedenfalls dann nicht zu, wenn die wettbewerbliche Eigenart, wie hier, aus einem unterscheidungskräftigen Zeichen in Gestalt einer Farbkombination hergeleitet wird. Nach der Rechtssprechung des BGH (a. a. O.) kann die Annäherung an eine fremde Kennzeichnung durchaus eine unlautere Wettbewerbsmaßnahme darstellen und somit Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlautereren Wettbewerb auslösen, nämlich dann, wenn die Kennzeichnung in den beteiligten Verkehrskreisen in gewissem Umfang bekannt geworden und ihrer Natur nach geeignet ist, über die Benutzung als betriebliches Herkunftszeichen zu wirken, und wenn ferner die Anlehnung an eine solche Kennzeichnung ohne sachlichen Grund und ohne erkennbaren Anlass in der – alsdann schwerlich zu widerlegenden – Absicht vorgenommen worden ist, Verwechslungen herbeizuführen oder den Ruf des anderen auszunutzen.

Nach alledem ist davon auszugehen, dass das Kennzeichenrecht in Ermangelung hinreichender Darlegungen der Klägerin zur Verkehrsdurchsetzung als notwendige Schutzvoraussetzung für einen durch Benutzung entstandenen Markenschutz der für die Scheren der Serie „G B“ verwendeten Farbkombination von vornherein als Anspruchsgrundlage ausschied, und dass die dem vorangegangenen Rechtsstreit zugrunde liegende Klage allenfalls unter dem Blickwinkel des Wettbewerbsrechts hätte begründet sein können. Dem Rechtspfleger ist mithin darin zuzustimmen, dass es sich bei dem von der Klägerin angestrengten Prozess um eine bloße Wettbewerbsstreitigkeit gehandelt hat. In einem Wettbewerbsprozess aber sind die Kosten eines Patentanwalts nur erstattbar, wenn dessen Zuziehung im Hinblick auf zu erwartende schwierige technische oder für den wettbewerbsrechtlichen Schutz relevante tatsächliche Fragen aus dem typischen Aufgabenbereich des Patentanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war (§ 91 Abs. 1 ZPO). Das haben die Beklagten im gegebenen Fall weder dargetan, geschweige denn glaubhaft gemacht. Der aktenkundige Verlauf des vorangegangenen Rechtsstreits rechtfertigt ohne Weiteres die Annahme, dass die Beklagten auch ohne patentanwaltlichen Beistand in der Lage waren, sich sachgerecht gegen die Klage zu verteidigen. Die Unterschiede im äußeren Erscheinungsbild der von den Parteien vertriebenen Scheren aufzuzeigen, bereitete keine nennenswerten Schwierigkeiten. Soweit die Beklagten ihre Rechtsverteidigung auf Recherchen ihres Patentanwalts gestützt haben, vermag dies die Notwendigkeit seiner Inanspruchnahme ebenfalls nicht zu begründen. Die Nachforschungen zur Marktpräsenz der von der Klägerin entwickelten Scheren „G B“ hätte die Beklagte zu 1) unschwer durch eigene Mitarbeiter anstellen lassen können, zumal die Marktbeobachtung ohnehin zu den ureigenen Aufgaben konkurrierender und im Wettbewerb stehender Unternehmen gehört. Schließlich lässt sich auch aus der Tatsache, dass sich die Klägerin ihrerseits patentanwaltlicher Hilfe bedient hat, nichts dafür herleiten, dass die Mitwirkung eines Patentanwaltes auf Seiten der Beklagten notwendig gewesen ist. Die Zuziehung eines Patentanwaltes mag den Beklagten die Prozessführung erleichtert haben; dafür, dass sie bei der Abwehr der Klageansprüche auf die Sachkunde eines Patentanwalts zurückzugreifen gezwungen waren, sind ausreichende Anhaltspunkte indessen weder vorgetragen noch ersichtlich. Die streitigen Patentanwaltskosten können folglich auch nicht teilweise als erstattungsfähig anerkannt werden, so dass es bei dem angefochtenen Beschluss verbleiben muss.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.

Streitwert des Beschwerdeverfahrens: 8.308,31 EUR.