Zum Thema Markenrecht hat das Landgericht Düsseldorf am 12.05.2010 die unten veröffentlichte Entscheidung getroffen. Wenn Sie rechtliche Fragen zum Thema haben oder einen Rechtsanwalt benötigen, rufen Sie uns an 0221 / 951 563 0 (Beratung bundesweit).
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Konkret hat das Landgericht Düsseldorf folgendes entschieden:
1. Es wird festgestellt,
a) dass der Beklagte gegenüber der Klägerin keinen Anspruch auf Unterlassung hat, Domains, die den Namen A. oder B. allein oder im Zusammenhang mit weiteren Bezeichnungen enthalten, auf ihrer Website zum Verkauf anzubieten;
b) dass der Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der durch die Einschaltung der Rechtsanwälte C. entstandenen Gebühren und Auslagen in Höhe von 1.359,80 EUR hat;
c) dass der Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von weiteren 1.500,00 EUR hat.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.780,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz ab dem 1. Dezember 2009 zu zahlen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
4. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
Die Klägerin ist Betreiberin einer Handelsplattform für den Kauf und Verkauf von Domains. Ein Geschäftsmodell der Klägerin ist das sogenannte Domain-Parking. Im Rahmen des Domain-Parkings kann der Inhaber einer ungenutzten Domain diese bei der Klägerin parken, um durch Werbeeinblendungen Einnahmen zu erzielen. Dafür wählt der Domaininhaber ein oder mehrere passende Keywords aus. Zu dem gewählten Keyword werden dann unter der Domain entsprechende sponsored links eingeblendet. Dies erfolgt automatisiert aufgrund einer Vereinbarung der Klägerin mit dem Unternehmen Google. Es handelt sich bei den sponsored links um von dritter Seite bei dem Unternehmen Google angemeldete und bezahlte Adwords-Anzeigen. Das Unternehmen, dessen Werbung auf der geparkten Website bereit gehalten wird, zahlt für jeden Aufruf des Werbelinks über die geparkte Internetseite eine Vergütung an Google. Einen Teil dieser Vergütung führt Google an die Klägerin ab, die hiervon einen um ihre Provision verminderten Teil an den Inhaber der Domain weitergibt.
Der Beklagte betreibt den Handel mit Motorrädern, Zubehör und Motorradbekleidung und tritt im Internet unter der Domain “D.” auf.
Im November 2009 erhielt der Beklagte Kenntnis von einer Domain “E.”. Die unter dieser Domain aufrufbare Internetseite enthielt Verlinkungen zu anderen Internetseiten, die in Mehrzahl einen Bezug zum Motorradhandel aufwiesen. Weiter enthielt sie den als Link ausgestalteten Hinweis: “Sie können die Domain E. kaufen! ” Dieser Link leitete auf die Website der Klägerin “F.” weiter, auf der die Domain zum Verkauf angeboten wurde.
Der Beklagte forderte die Klägerin mit Schreiben vom 17.11.2009 zur Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf. Nach Eingang des Schreibens löschte die Klägerin die Domain “E.” unverzüglich aus ihrer Datenbank. Durch Aufnahme der Domain in eine Sperrliste verhinderte sie, dass die Domain erneut bei ihr geparkt werden konnte. Mit Schreiben vom 23.11.2009 lehnte die Klägerin die Abgabe der geforderten Erklärung ab und forderte den Beklagten erfolglos auf, von den geltend gemachten Ansprüchen Abstand zu nehmen. Des Weiteren forderte die Klägerin den Beklagten zur Zahlung der durch ihre Gegenabmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten, die sie mit einer 1,3 Gebühr auf der Grundlage eines Streitwertes von 100.000,00 EUR berechnete, unter Fristsetzung bis zum 30.11.2009 auf.
Die Klägerin beantragt,
zu erkennen wie geschehen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er behauptet, die Klägerin sei Inhaberin der Domain “E.” und betreibe die unter dieser Domain abrufbare Internetseite. Jedenfalls sei nicht erkennbar gewesen, dass nicht die Klägerin Inhaberin der Domain und Betreiberin der Internetseite gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst allen Anlagen ergänzend Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die zulässige Klage ist begründet.
I. Die negative Feststellungsklage ist zulässig, da der Beklagte der Aufforderung der Klägerin, auf die geltend gemachten Ansprüche zu verzichten, nicht nachgekommen ist und dadurch zum Ausdruck gebracht hat, sich sowohl des Unterlassungsanspruchs als auch der Zahlungsansprüche weiter zu berühmen.
II. Die negative Feststellungsklage ist auch begründet, da der Beklagte gegen die Klägerin keinen Anspruch darauf hat, dass diese es unterlässt, Domains, die den Namen A. oder B. allein oder im Zusammenhang mit weiteren Bezeichnungen enthalten, auf ihrer Website zum Verkauf anzubieten. Ebenso wenig hat er Anspruch auf Ersatz der durch die Abmahnung entstandenen Abmahnkosten sowie einer Entschädigung.
Ein Unterlassungsanspruch des Beklagten gegen die Klägerin bestand nicht in dem Moment, in dem die streitgegenständliche Domain “D.” auf der Internetplattform der Klägerin platziert und mit den auf Wettbewerber des Beklagten verweisenden Links versehen wurde. Die Klägerin wäre für einen Unterlassungsanspruch erst zu dem Zeitpunkt passivlegitimiert gewesen, als sie positive Kenntnis von einer Rechtsverletzung zum Nachteil des Beklagten erhielt, also mit Erhalt des Abmahnschreibens vom 17.11.2009. Erst dieses hätte einen Unterlassungsanspruch gegenüber der Klägerin auslösen können, vorausgesetzt, sie hätte auf dieses Abmahnschreiben nicht reagiert.
Ein Unterlassungsanspruch aus § 15 Abs. 2, 4 MarkenG bestand deshalb nicht, weil die Klägerin die geschäftliche Bezeichnung des Beklagten nicht im geschäftlichen Verkehr genutzt hat. Sie hat lediglich eine Plattform zur Verfügung gestellt, auf welcher der jeweilige Domaininhaber die Domain zum Verkauf anbieten konnte. Denn die Klägerin war nicht selbst Inhaberin der streitgegenständlichen Domain. Soweit der Beklagte das Gegenteil behauptet, ist dieser Vortrag im Hinblick auf die von der Klägerin als Anlage K 1 vorgelegte Domainabfrage, die eine G. als Domaininhaberin ausweist, unsubstantiiert. Die Klägerin war auch nicht Betreiberin der unter “E.” aufrufbaren Internetseite. Bei den mit der Abmahnung beanstandeten Inhalten handelt es sich nicht um eigene Informationen der Klägerin. Die Werbelinks, die als sponsored Links auf der Website abrufbar gehalten wurden, wurden auf Grund der Vergabe der von dem Domaininhaber gewählten Keywords mittels der von der Klägerin zur Verfügung gestellten softwaremäßigen Verknüpfung von dem Unternehmen Google eingeblendet.
Die Klägerin war auch nicht Gehilfin einer markenrechtlichen Verletzungshandlung. Die Haftung als Gehilfe einer Rechtsverletzung setzt zumindest einen bedingten Vorsatz in Bezug auf die Haupttat voraus, für den vorliegend nichts ersichtlich ist.
Die Klägerin haftet auch nicht als Störerin. Nach der Rechtsprechung des BGH kann derjenige als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, der – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt. Um die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte zu erstrecken, setzt die Haftung des Störers zudem die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH Urteil vom 11.03.2004, GRUR 2004, 860 – Internetversteigerung I).
Die Klägerin hat keine Prüfungspflichten verletzt. Soweit durch das Einblenden von Werbeanzeigen Kennzeichenrechtsverletzungen gemäß § 15 Abs. 2 MarkenG begangen werden, indem unter der geparkten Domain “E.” Waren und Dienstleistungen angeboten werden, die denen eines Motorradhändlers identisch oder ähnlich sind, so dass eine Verwechslungsgefahr besteht, ist es der Klägerin nicht zumutbar, ihre Plattform auf derartige Kennzeichenrechtsverletzungen zu überprüfen.
Dies ist schon bei einer Markenrechtsverletzung unzumutbar, da die Klägerin in jedem Einzelfall, also bei jeder bei ihr geparkten Domain, eine Datenbankrecherche durchführen müsste. Bei der sich anschließenden Überprüfung müssten nicht nur Übereinstimmungen zwischen den Marken Dritter und den zum Kauf angebotenen Domains gesucht werden, sondern auch die Inhalte der im Wege des G. hinterlegten Werbeanzeigen geprüft werden. Dabei müssten auch solche Zeichen berücksichtigt werden, die nur ähnlich sind oder aus anderen Gründen möglicherweise verwechselbar sind. Des Weiteren wären die Waren- und Dienstleistungsverzeichnisse mit den in den Werbeanzeigen angebotenen Waren und Dienstleistungen zu vergleichen. Eine solche Prüfung kann jedoch nicht in einem automatisierten Verfahren durchgeführt werden, sondern erfordert nicht unerhebliche Rechtskenntnisse. Die Klägerin müsste faktisch Markenrechtsexperten beschäftigen, die diese Gesamtschau ständig und für jede einzelne Domain und deren Inhalte vornehmen und regelmäßig aktualisieren. Eine derartige Prüfung ist der Klägerin insgesamt unzumutbar (LG Düsseldorf GRUR-RR 2008, 122 ff.; LG Düsseldorf 14c O 146/08; OLG München 6 U 5869/07; OLG München 6 U 5740/07).
Diese Überlegungen gelten im vorliegenden Fall erst recht, da für eine Prüfung erschwerend hinzu kommt, dass hier die Verletzung einer nicht eingetragenen geschäftlichen Bezeichnung in Rede steht, die allein durch eine Datenbankrecherche nicht zu ermitteln ist.
Die Annahme einer Störerhaftung der Klägerin ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass diese nach außen den Anschein hervorgerufen hätte, dass sie Inhaberin der Domain “E.” und Betreiberin der unter der Domain aufrufbaren Internetseite gewesen sei. Denn die unter “E.” aufrufbare Website enthielt keinen Hinweis auf die Klägerin, sondern lediglich die Information, dass die Domain zum Verkauf stünde. Auf der unter diesem Link aufrufbaren Website hieß es, dass die Domain vom Inhaber über H. Marktplatz zum Verkauf angeboten werde. Damit wurde deutlich gemacht, dass gerade nicht die Klägerin Inhaberin und Verkäuferin der Domain war.
Ein Unterlassungsanspruch des Beklagten gegen die Klägerin ist auch nicht nach Erhalt der Abmahnung vom 17.11.2009 entstanden. Denn die Klägerin hat die Rechtsverletzung unverzüglich beendet, indem sie die Domain “E.” aus der Domainbörse entfernte und durch Aufnahme der Domain in eine Sperrliste verhindert hat, dass sie erneut in ihre Datenbank eingestellt werden kann.
Aus den gleichen Gründen scheitert auch ein Anspruch aus §§ 12 S. 2, 1004 BGB, wobei dahingestellt bleiben kann, ob diese Vorschrift neben § 15 Abs. 4 MarkenG überhaupt anwendbar ist.
Auch die von dem Beklagten gegenüber der Klägerin geltend gemachten Folgeansprüche auf Ersatz der Abmahnkosten sowie einer Entschädigung sind damit nicht gegeben, so dass die negative Feststellungsklage der Klägerin auch insoweit begründet ist.
III. Die Klage ist auch hinsichtlich des Zahlungsantrages begründet. Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Ersatz der Kosten der Gegenabmahnung aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Eingriffs in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Denn – wie ausgeführt – lag eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung des Beklagten vor. Der Anspruch ist auch der Höhe nach zutreffend berechnet.
Die in einer Höhe von 1,3 geltend gemachte Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagen entspricht der ständigen Kammerrechtsprechung. Gegen den der Gegenabmahnung zugrunde gelegten Gegenstandswert von 100.000,00 EUR bestehen ebenfalls keine Bedenken. Der Beklagte berühmte sich nämlich nicht nur eines Anspruchs hinsichtlich der Domain “E.”, sondern sämtlicher Domains, die den Namen A. oder B. in Alleinstellung oder im Zusammenhang mit weiteren Bezeichnungen enthalten.
Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 BGB.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
Streitwert: 100.000,00 EUR