Zum Thema Markenrecht hat das Oberlandesgericht Düsseldorf am 15.09.2009 die unten veröffentlichte Entscheidung getroffen. Wenn Sie rechtliche Fragen zum Thema haben oder einen Rechtsanwalt benötigen, rufen Sie uns an 0221 / 951 563 0 (Beratung bundesweit).
Weitere Informationen zum Bereich Markenrecht finden Sie hier.
Konkret hat das Oberlandesgericht Düsseldorf folgendes entschieden:
Auf die Berufung der Kläger wird das am 3. Juni 2008 verkündete Urteil der 14c Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 1.787,74 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Januar 2008 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte zu 87 % und die Klä-ger zu 13 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e
Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache überwiegend Erfolg. Sie haben als Mitgläubiger einen Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten, die ihnen für die Abmahnung entstanden sind, aus § 683 Satz 1, § 670 BGB nebst Zinsen.
1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der Anspruch nicht schon deshalb zu verneinen, weil die Abmahnung entsprechend § 174 Satz 1 BGB unwirksam wäre. Das Landgericht verweist allerdings zutreffend auf die Rechtsprechung des Senats, der zufolge § 174 BGB auf die Abmahnung entsprechend anzuwenden ist. Diese Auffassung hat der Senat auch in jüngster Zeit bekräftigt (Urteil vom 11. August 2009 – I-20 U 253/08). Gleichwohl ist die Abmahnung nicht unwirksam, weil die Voraussetzungen des § 174 Satz 1 BGB nicht vorliegen. Die Zurückweisung der Abmahnung wegen des Fehlens einer Vollmachtsurkunde durch den späteren Prozessbevollmächtigten des Beklagten geschah nicht unverzüglich.
Die Abmahnung erfolgte unter dem 14.12.2007 und ging dem Beklagten am 15.12.2007, einem Samstag, zu. Die Kläger setzten eine Frist zur Erklärung der Unterwerfung bis zum 20.12.2007, dem Donnerstag der darauf folgenden Woche. Am Mittwoch, 19.12.2007, bat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten um eine Fristverlängerung. Unter dem 21.12.2007 wies er die Abmahnung zurück. Das war deshalb nicht mehr unverzüglich, weil die Zurückweisung ohne weiteres schon in der ersten Reaktion auf die Abmahnung am 19.12.2007 hätte erklärt werden können. Das wäre auch erforderlich gewesen, um die Wirkungen des § 174 BGB herbeizuführen. Die Erwägungen des Landgerichts, der Beklagte habe sich Rechtsrats bedienen dürfen, treffen grundsätzlich ohne weiteres zu. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten war aber am 19.12.2007 schon beauftragt, wie sein Gesuch um Fristverlängerung zeigt. Die Prüfung der Angelegenheit dürfte zwar zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen gewesen sein, wie das Landgericht zutreffend aus dem Fristverlängerungsgesuch folgert. Das ist aber für eine Zurückweisung nach § 174 BGB auch nicht erforderlich; hierfür genügt die Erkenntnis des formalen Umstands, dass der Abmahnung das Original einer Vollmacht nicht beilag. Nähere Prüfungen zur Sache selbst, also zur Berechtigung der Abmahnung im Übrigen, sind nicht erforderlich und von demjenigen, der die ordnungsgemäße Bevollmächtigung anzweifelt, auch kaum zu erwarten. Es hätte also sehr wohl bereits am 19.12.2007 eine Zurückweisung der Abmahnung erfolgen können. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass der Bevollmächtigte des Beklagten ungeachtet des später gerügten Fehlens der Vollmachtsurkunde gerade gegenüber den Rechtsanwälten der Kläger um Fristverlängerung bat, obwohl er deren Bevollmächtigung anzweifelte, und mit ihnen sogar am 20.12.2007, also ebenfalls vor Zurückweisung der Vollmacht, Gespräche über eine Einigung führte, wie sich aus dem späteren Schreiben der Bevollmächtigten des Beklagten vom 21.12.2007 (Anlage K 3) ergibt. Angesichts dieser bereits die Sache selbst betreffenden Verhandlungen war die erst nachfolgende Zurückweisung der Vollmacht nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 174 Satz 1 BGB.
2. Die Abmahnung war berechtigt. Dass die mit der Abmahnung geltend gemachten Unterlassungsansprüche der Klägerin zu 1. aufgrund ihres Unternehmenskennzeichens aus § 15 Abs. 4 MarkenG und des Klägers zu 2. aufgrund seiner deutschen Wortmarke “linkwerk” aus § 14 Abs. 5 MarkenG bestanden, wird von dem Beklagten grundsätzlich – von den nachstehend erörterten Gesichtspunkten abgesehen – nicht in Zweifel gezogen. Insbesondere ist die Abmahnung für die Klägerin zu 1. auf deren Unternehmenskennzeichen und für den Kläger zu 2. auf dessen Marke gestützt. Beide Rechte der Kläger sind älter als die Rechte, die der Beklagte für sich in Anspruch nimmt. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen erklärt, das Unternehmenskennzeichen der Klägerin zu 1. habe bereits bei der Anmeldung der Marke bestanden. Damit ist es älter als das erst nach Markenanmeldung entstandene Zeichen des Beklagten. Im Übrigen berücksichtigt der Vortrag des Beklagten nicht, dass die Priorität der Marke des Klägers zu 2. durch deren Anmeldung bestimmt wird, § 6 Abs. 1, 2 MarkenG. Das geschah nach dem eigenen Vortrag des Beklagten am 14.7.2003 und damit vor der erstmaligen Benutzung des Zeichens durch den Beklagten mit Registrierung der Domain am 15.10.2003. Soweit die Abmahnung außerdem in einem Nebenpunkt auf § 4 Nr. 11 UWG wegen unzureichender Angaben zur Anbieterkennzeichnung gestützt ist, folgt der Erstattungsanspruch aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Der Beklagte erhebt gegen die Berechtigung der Abmahnung keine auf diesen Gesichtspunkt bezogenen gesonderten Einwendungen. Wenn er das Wettbewerbsverhältnis der Parteien in Abrede stellt, so ist dieser nicht vertiefte Vortrag nicht nachvollziehbar, weil beide Parteien als IT-Unternehmen ihre Dienstleistungen im Internet anbieten. Einzelheiten zu einem Anspruch aus § 14 Abs. 6 MarkenG können dahin stehen. Unterlassungsansprüche der Kläger wegen der Verletzung ihrer Zeichen aufgrund § 4 Nr. 9 UWG sind wegen des Vorrangs des Markenrechts nicht gegeben.
2. Der danach dem Grunde nach bestehende Erstattungsanspruch der Kläger besteht indes nicht in der vollen geltend gemachten Höhe. Auszugehen ist für die Berechnung der anwaltlichen Gebührenforderung nämlich von einem Hauptsachestreitwert lediglich von 50.000,– EUR, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert. Soweit der Beklagte auf die Rechtsprechung des Senats verweist, in der Streitwerte von 900,– EUR festgesetzt worden sind, betrifft dies vollkommen andere Fälle, nämlich die Verfolgung lauterkeitsrechtlicher Unterlassungsansprüche wegen unzureichender Belehrungen im Internet in einem zersplitterten Markt. Darum geht es in dem vorliegenden, Kennzeichenrechte betreffenden Fall nicht. Auch soweit der Beklagte eine Streitwertminderung gemäß § 12 Abs. 4 UWG geltend macht, ist der Wert nicht weiter zu reduzieren. Die Vorschrift ist auf die hier zugrundezulegenden markenrechtlichen Ansprüche nicht anzuwenden. Dass die Voraussetzungen einer Streitwertbegünstigung gemäß § 142 MarkenG vorliegen könnten, die Belastung des Beklagten mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert also dessen wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, ist nicht ansatzweise erkennbar.
Der Zahlungsanspruch der Kläger errechnet sich damit wie folgt:
1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV zum RVG
nach einem Streitwert von 50.000,– EUR 1.359,80 EUR
0,3 Erhöhungsgebühr gemäß Nr. 1008 VV zum RVG 407,94 EUR
Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV zum RVG 20,– EUR
Summe 1.787,74 EUR
Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 BGB.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 2.048,– EUR.