Zum Thema Markenrecht hat das Oberlandesgericht Köln am 17.03.2006 die unten veröffentlichte Entscheidung getroffen. Wenn Sie rechtliche Fragen zum Thema haben oder einen Rechtsanwalt benötigen, rufen Sie uns an 0221 / 951 563 0 (Beratung bundesweit).

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Konkret hat das Oberlandesgericht Köln folgendes entschieden:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 4. August 2005 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln – 84 O 22/05 – wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Veranlassung der Löschung des zu seinen Gunsten bei der E. e.G. gestellten Dispute-Eintrags für die Internetdomain „j..de“ in Anspruch und begehrt die Feststellung, dass dem Beklagten gegenüber dem Kläger kein vorrangiges Kennzeichenrecht an dem Domain-Namen „j..de“ zusteht.

Wegen des zugrunde liegenden Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Feststellungsantrag sei zulässig und begründet, weil der Beklagte sich eines besseren Rechts an der Bezeichnung „j.“ berühme und dieses tatsächlich nicht bestehe, soweit die Bezeichnung „j.“ als Domain in einem Zusammenhang verwendet werde, der der eigentlichen – beschreibenden – Bedeutung des Begriffs als langfristige Kapitalanlage, damit auf Finanzdienstleistungen Bezug nehmend, entspreche. Es seien keine Umstände dargetan, aus denen sich ergebe, dass der Kläger entgegen seiner erklärten Absicht die Domain anders als im Zusammenhang mit Finanzdienstleistungen verwenden wolle. Dass eine Webseite unter dieser Domain Bestandteil des Internets sei, bedeute nicht, dass die Domain-Bezeichnung eine Verletzung der auch für „Telekommunikation“ geschützten Marke des Beklagten darstelle; denn die „Telekommunikation“ stelle nur das Medium dar, über das der Inhalt einer Webseite unter der Domain übermittelt werde. Der Anspruch des Klägers auf Veranlassung der Löschung des Dispute-Eintrags durch den Beklagten bestehe aus § 823 BGB. Durch den Eintrag des Disputes greife der Beklagte in die Rechte des Klägers ein, weil der Kläger, solange der Eintrag des Disputes bestehe, an einer Veräußerung, d.h. an einer Ausübung seiner Rechte an der Domain gehindert sei; der Wert der Domain sei dementsprechend gemindert. Die Domain stelle für den Kläger unabhängig davon, ob er tatsächlich die behauptete gewerbliche Tätigkeit ausübe, einen Wert dar. Im Übrigen sehe das Gericht im Hinblick auf die vorgelegte Gewerbeanmeldung keinen Anlass, an den Angabe des Klägers zu zweifeln.

Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er seinen Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt. Der Beklagte macht im Wesentlichen geltend: Soweit das Landgericht einen Anspruch des Klägers aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bejaht habe, verstoße das angefochtene Urteil sowohl gegen materielles als auch gegen Verfahrensrecht. Bei zutreffender Würdigung des Tatsachenvortrags habe das Landgericht schon nicht zu der Feststellung kommen dürfen, der Kläger übe ein Gewerbe aus. Im Übrigen fehle es an der unmittelbaren Betriebsbezogenheit des Dispute-Eintrags. Soweit das Landgericht diese deshalb bejaht habe, weil es die in der Gewerbeanmeldung angegebenen Tätigkeitsfelder des Klägers als deckungsgleich mit den von ihm vorgetragenen Dienstleistungen angesehen habe, habe es gegen seine Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO verstoßen. Das Recht auf Nutzung der Internetdomain selbst entwickele – wie auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 24. November 2004 (NJW 2005, 589) betont habe – eine unmittelbare Wirkung nur zwischen dem Inhaber und der E. e.G. und könne deshalb nicht selbstständig den Schutz gemäß § 823 Abs. 1 BGB genießen. Unter Verletzung materiellen Rechts habe das Landgericht im Übrigen angenommen, dass das Recht des Beklagten an der für die Dienstleistungsklasse 38 geschützten Bezeichnung „J.“ sich auf das „Medium“ Telekommunikation beschränke.

Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Berufung.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.

1. Der Feststellungsantrag ist, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, zulässig und begründet, weil der Beklagte sich eines besseren Rechts an der Bezeichnung „j.“ berühmt, das tatsächlich in dem Zusammenhang, in dem der Kläger die Domain „j..de“ nutzt bzw. nutzen möchte, nicht besteht. Ein solches besseres Recht ergibt sich weder aus § 14 Abs. 2 Nr. 1 noch aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 5 MarkenG.

Ansprüche des Beklagten gegen den Kläger aus § 14 Abs. 2 Nrn. 1, 2 MarkenG scheiden jedenfalls deshalb aus, weil sich nicht feststellen lässt, dass die Domain für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen wie die Marke des Beklagten benutzt wird. Während die Marke des Beklagten für „Computer, Laptops, Notebooks, Computerperipheriegeräte, Computertastaturen, Monitore, Modems, Scanner, Lesegeräte für die Datenverarbeitung, Speicher für Datenverarbeitungsanlagen, Datenträger, Magnetdatenträger, optische Datenträger, Datenverarbeitungsgeräte; Aufstellung, Einrichtung, Wartung und Reparatur von Computerhardware; Telekommunikation“ eingetragen ist, plant der Kläger nach eigenem Vortrag unter der Domain „j..de“ ein umfassendes Portal für Finanzdienstleistungen, auf dem nicht nur Informationen für private und geschäftliche Anleger angeboten werden sollen, sondern zudem auch eine Vermittlung von verschiedenen auf dem Markt befindlichen Investmentmöglichkeiten wie zum Beispiel Fonds und Aktien. Geplant ist danach eine Nutzung als Portal mit – auch eigenen – Finanzdienstleistungsinformationen sowie der Vermittlung von Investmentmöglichkeiten. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Domain anders verwenden will, ergeben sich weder aus dem rechtzeitigen Sachvortrag des Beklagten noch aus den vom Beklagten im Schriftsatz vom 5. März 2006 angeführten Zitaten aus dem Vortrag des Klägers noch schließlich aus dem vom Beklagten mit der Berufungsbegründung vorgelegten Ausdruck der unter der Internetadresse „j..de“ hinterlegten Inhalte vom 10. November 2005, so dass – was die Domain angeht – von der vom Kläger vorgetragenen beabsichtigten Nutzung auszugehen ist. Dem genannten Ausdruck ist vielmehr lediglich zu entnehmen, dass das Angebot des Klägers sich weiterhin noch im Aufbau befindet und der Leser für die Zwischenzeit, bis der Kläger selbst Informationen bereitstellen kann, auf andere Adressen verwiesen wird, unter denen er weiterführende Informationen zu Finanzanlagen erhält. Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erstmals behauptet hat, der Kläger stelle hinter dem Domainnamen einen elektronischen Platz zur Verfügung, auf dem ausschließlich Dritte Informationen zu Finanzierungsmöglichkeiten anbieten und austauschen könnten, ist sein vom Kläger ausdrücklich bestrittener Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 ZPO verspätet.

Die danach zu vergleichenden Nutzungsbereiche unterscheiden sich grundlegend und überschneiden sich nicht. Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass der Umstand, dass der Kläger die Finanzdienstleistungen über das Internet anbietet, nicht zu einer Überschneidung mit dem Schutzbereich der Marke des Beklagten führt. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang – abweichend von dem Verständnis des Beklagten in der Berufungsbegründung – keineswegs angenommen, dass das Recht des Beklagten an der für die Dienstleistungsklasse 38 geschützten Bezeichnung „J.“ sich auf das „Medium“ Telekommunikation beschränke. Es hat umgekehrt ausgeführt, dass der Kläger die Telekommunikation lediglich als „Medium“ benutze. Aus dieser zutreffenden Feststellung hat das Landgericht zu Recht geschlossen, dass die beabsichtigte Nutzung der Domain „j..de“ durch den Kläger nicht als Nutzung für den Bereich „Telekommunikation“ anzusehen ist.

Im Rahmen der Beurteilung der Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit ist bei einer Domain maßgeblich auf die unter der Internetadresse angebotenen Waren und Dienstleistungen abzustellen (OLG Hamburg MMR 2002, 682, 683 – siehan.de m.w.Nachw.). Das Oberlandesgericht Hamburg hat dementsprechend entschieden, dass nicht bereits die Homepage selbst eine verwechslungsfähige Ware oder Dienstleistung darstellt, weil auch insoweit die allgemeinen Grundsätze des Kennzeichenrechts anzuwenden sind, nach denen der Schutz nicht abstrakt, sondern nur bezogen auf konkrete Waren oder Dienstleistungen bzw. im Hinblick auf bestimmte Branchen besteht. Die Homepage als solche ist weder die eigentlich relevante Ware noch eine Dienstleistung im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, sondern – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – lediglich ein Mittel, die dahinter stehenden Waren bzw. Dienstleistungen anzubieten (OLG Hamburg aaO m.w.Nachw.). Dem ist zuzustimmen: Sähe man das anders, könnte der Inhaber einer Marke für den Bereich „Telekommunikation“ die Verwendung einer zeichenidentischen Domain für jegliches Waren- und Dienstleistungsangebot im Internet verhindern. Nichts Anderes ergibt sich letztlich aus den Ausführungen des Beklagten in der Berufungsbegründung, der dort – gestützt auf Ingerl/Rohnke, MarkenG 2. Aufl. § 14 Rdn. 437 – die Auffassung vertritt, in einem Fall wie dem vorliegenden stellten die über das Internet abrufbaren Informationen selbst die maßgebliche Dienstleistung dar: diese Informationen sind bei dem geplanten Portal über Finanzdienstleistungen Informationen über Finanzdienstleistungen.

2. Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht auch dazu verurteilt, die Löschung des zu seinen Gunsten eingetragenen Dispute-Eintrags für die Internetdomain „j..de“ zu veranlassen.

Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Veranlassung der Löschung des Dispute-Eintrags ergibt sich, ohne, dass es darauf ankommt, ob der Dispute-Eintrag einen Eingriff in einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers darstellt, aus § 823 Abs. 1 BGB. Entgegen der Auffassung des Beklagten stellt das Recht auf Nutzung der Internetdomain selbst ein gemäß § 823 Abs. 1 BGB geschütztes „sonstiges Recht“ dar. Das folgt aus dem vom Beklagten allerdings zur Begründung des Gegenteils zitierten Nichtabhilfebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 2004 (GRUR 2005, 261 f.). Danach erwirbt der Inhaber einer Internet-Adresse zwar weder das Eigentum an der domain selbst noch ein sonstiges absolutes Recht, welches ähnlich der Inhaberschaft an einem Immaterialgüterrecht verdinglicht wäre. Er erhält aber ein relativ wirkendes, vertragliches Nutzungsrecht. Dieses Nutzungsrecht stellt – wie das Bundesverfassungsgericht ausführt – einen rechtlich geschützten Vermögenswert dar und ist dem Inhaber der Domain ebenso ausschließlich zugewiesen wie Eigentum an einer Sache. Danach ist die Situation bei der Inhaberschaft einer Domain vergleichbar mit der des berechtigten Besitzes an einer Sache. Auch der berechtigte Besitz kann schuldrechtlich eingeräumt sein. Er ist aber als sonstiges Recht nach § 823 Abs. 1 BGB schutzfähig, weil er insofern eigentumsähnlich ist, als er wie dieses die Ausschlussfunktion und die Zuweisungs- bzw. Nutzungsfunktion hat (dazu MünchKomm/Wagner, BGB 4. Aufl. § 823 Rdn. 136; 151;

Staudinger/Hager, BGB 13. Bearb. § 823 Rdn. B 124). Beides, die Ausschlussfunktion und die Zuweisungs- bzw. Nutzungsfunktion hat auch das Nutzungsrecht des Inhabers einer Domain, wenn dieses – wie das Bundesverfassungsgericht formuliert – dem Inhaber der Domain „ebenso ausschließlich zugewiesen ist wie Eigentum an einer Sache“. Zur Nutzung der Domain gehört auch die Möglichkeit, diese zu veräußern oder zu übertragen, die dem Kläger durch den Dispute-Eintrag des Beklagten genommen wird.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1, § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.

Anlass, gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, besteht nicht.