Zum Thema Markenrecht hat das Oberlandesgericht Köln am 21.10.2002 die unten veröffentlichte Entscheidung getroffen. Wenn Sie rechtliche Fragen zum Thema haben oder einen Rechtsanwalt benötigen, rufen Sie uns an 0221 / 951 563 0 (Beratung bundesweit).
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Konkret hat das Oberlandesgericht Köln folgendes entschieden:
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg, weil der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung, soweit er in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren noch aufrechterhalten worden ist, zulässig und begründet ist.
I
Der Antrag ist zulässig.
Es besteht zunächst der Verfügungsgrund der – von der Antragsgegnerin zu 1) selbst nicht in Abrede gestellten – Dringlichkeit. Diese wird gem. § 25 UWG vermutet, weil jene Vorschrift auch auf markenrechtliche Ansprüche anwendbar ist (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19.Aufl., § 25 UWG RZ 5 m.w. N.). Im übrigen ergibt sich die Dringlichkeit aus der Gefahr weiterer Markenverletzungen und dem Umstand, daß die Antragstellerin nach Bekanntwerden des beanstandeten Verstoßes umgehend die Wahrnehmung ihrer Rechte gegen die Antragsgegnerin zu 1) aufgenommen hat.
Der Zulässigkeit des Antrags steht auch nicht entgegen, daß die Antragsgegnerin zu 1) dem einzelnen ihr zukünftig zum Vertrieb angebotenen Produkt nicht ansehen kann, ob die in dem obigen Tenor festgeschriebenen Voraussetzungen für eine unberechtigte Weiterveräußerung vorliegen.
Allein der Umstand, daß die Markenverletzung anhand des einzelnen Duftwassers selber für die Antragsgegnerin zu 1) nicht erkennbar ist, berechtigt sie nämlich nicht, Produkte unter Verletzung von Markenrechten der Antragstellerin zu vertreiben. Angesichts des Umstandes, daß sie die Duftwässer nicht von einem von der Antragstellerin autorisierten Händler, sondern auf dem sog. „grauen Markt“ bezieht, obliegt es der Antragsgegnerin zu 1) und ist es ihr insbesondere auch zumutbar, durch Rückfragen bei ihrem oder ihren Lieferanten und andere in Betracht kommende Maßnahmen sicherzustellen, daß die von ihr vertriebenen Produkte nicht unter Verletzung der hier geltendgemachten Markenrechte auf den Markt gebracht worden sind. Das gilt ungeachtet der Frage, ob das Vertriebsbindungssystem der Antragstellerin als solches rechtlichen Schutz genießt. Denn der Antragstellerin wird durch die im vorliegenden Verfahren geltendgemachten Ansprüche nicht generell das Recht bestritten, auf dem grauen Markt Ware zu beziehen, sondern es wird lediglich beanstandet, daß sie Waren vertreibt, die vorher im europäischen Wirtschaftsraum nicht von der Antragstellerin oder einer ihrer konzernverbundenen Gesellschaften in Verkehr gebracht worden sind.
II
Die Antragstellerin hat auch die Voraussetzungen für die von ihr geltendgemachten Verfügungsansprüche aus den von dem Landgericht im einzelnen dargelegten Gründen, auf die zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 543 Abs.1 ZPO Bezug genommen wird, glaubhaft gemacht. Das gilt aus den nachfolgend dargestellten Gründen auch unter Berücksichtigung der hiergegen von der Antragsgegnerin zu 1) im Berufungsverfahren vorgebrachten Gesichtspunkte.
Das ergibt sich bezüglich der Marke SCULPTURE aus dem Umstand, daß ausweislich der als Anlage AS 4 von der Antragstellerin vorgelegten Markeneintragung (Bl.12 f) die Antragstellerin selbst bzw. eine konzernverbundene Gesellschaft Inhaberin der Marke ist.
Bezüglich der Marke JOOP! ergibt sich die Prozeßführungsbefugnis aus der mit den Schreiben vom 4.8.1997 und 11.2.1998 (Anlagen AS 2 und AS 19, Bl.10,186) erteilten Ermächtigung der Markeninhaberin. Die Antragstellerin hat als Lizenznehmerin auch ein eigenes Interesse daran, deren Rechte im eigenen Namen wahrzunehmen.
Unter dem „Inverkehrbringen“ ist jede Handlung zu verstehen, die die Ware dem Verkehr, also Beziehungen außerhalb des Unternehmens zuführt (BGH GRUR 69,479 f – „Colle de Cologne“; Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Einl. UWG RZ 206 m.w.N.). Obwohl der Begriff weit auszulegen ist, liegt ein Inverkehrbringen dann nicht vor, wenn es sich um Warenbewegungen lediglich innerhalb eines Unternehmens handelt, weil es dann an den erforderlichen Außenbeziehungen fehlt. Auch durch die Lieferung an ein anderes Unternehmen wird Ware regelmäßig dann (noch) nicht in Verkehr gebracht, wenn es sich bei beiden beteiligten Unternehmen um Mitglieder desselben Konzerns handelt (a.a.O.). Diese Fallkonstellation hat die Antragstellerin indes durch die als Anlage AS 21 vorgelegte Eidesstattliche Versicherung des Zeugen Baumgartner (Bl.224), aus der sich die Konzernverbundenheit der französischen Herstellerin und der Antragstellerin ergibt, glaubhaft gemacht. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß – was nach der vorerwähnten Entscheidung des BGH zu einer anderen Beurteilung führen müßte – die französische Herstellerin bei der Abgabe der Ware an die Antragstellerin mit anderen Herstellerinnen in Wettbewerb stünde.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin zu 1) liegt auch das in § 19 Abs.3 MarkenG zusätzlich aufgestellte Erfordernis einer „offensichtlichen“ Rechtsverletzung vor. Eine Rechtsverletzung ist dann offensichtlich im Sinne dieser Vorschrift, wenn – über den für eine Glaubhaftmachung zu fordernden Grad hinaus – ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für eine Rechtsverletzung besteht (vgl. Fezer a.a.O., RZ 19). Hieran kann indes kein Zweifel bestehen. Die weitgehend sogar unstreitigen Tatsachen ergeben nämlich aus den vorstehend und von dem Landgericht dargelegten Rechtsgründen den geltendgemachten Auskunftsanspruch.
Der Auskunftsanspruch ist auch nicht etwa durch das Schreiben der erstinstanzlichen Bevollmächtigten der Antragsgegnerin zu 1) vom 17.12.1997 (Bl.203) bereits erfüllt.
Die Antragsgegnerin zu 1) hat Auskunft über die Vorlieferanten und Vorbesitzer der in dem obigen Tenor unter Ziffer I.1. näher bezeichneten Produkte zu erteilen. Dieser Verpflichtung ist sie mit der Erklärung, zur Auskunftserteilung nicht in der Lage zu sein, weil die Rechnungsstellung durch ihre Lieferanten ohne Angabe der Seriennummer erfolge und sie deswegen nicht ersehen könne, von welchem Lieferanten das einzelne Produkt mit der konkreten Seriennummer ausgeliefert worden sei, nicht nachgekommen.
Ungeachtet der Frage der Registrierung der Seriennummern ist die Antragsgegnerin zu 1) jedenfalls dann in der Lage, ihren Lieferanten zu benennen, wenn sie die Duftwässer „Joop“ und „Sculpture“, wie sie in der Drogerie M. entdeckt worden sind, nur von einem einzigen Lieferanten erhält. Denn dann steht fest, daß sie auch die beiden konkreten Produkte, auf die sich ihre Auskunftspflicht allein bezieht, ebenfalls von diesem Händler bezogen hat. Sollte die Antragsgegnerin zu 1) die vorstehend bezeichneten Duftwässer von mehreren verschiedenen Lieferanten beziehen, so obliegt es ihr zunächst, anhand des in Betracht kommenden Lieferzeitraumes Nachforschungen darüber anzustellen, von welchem dieser Händler die beiden an die Drogerie M. vertriebenen Duftwässer geliefert worden sind. Vermag die Antragsgegnerin zu 1) auf diese Weise oder durch andere Umstände nicht zu klären, auf welchem Vertriebsweg die beiden Produkte an sie geliefert worden sind, so hat sie der Antragstellerin im Rahmen der Auskunftspflicht im einzelnen ihre Bemühungen sowie deren Ergebnisse mitzuteilen. Sofern sie nach Abschluß ihrer Ermittlungen, die sie als Vertreiberin von illegal im Handel befindlichen Produkten schuldet, nicht zur Angabe des Lieferanten in der Lage sein sollte, obliegt es damit der Antragsgegnerin zu 1), der Antragstellerin mitzuteilen, daß mehrere Zwischenhändler für die betreffende Lieferung in Betracht kommen und aus welchen Gründen nicht mehr festgestellt werden könne, welcher dieser Händler der Lieferant gewesen sei. In diesem Zusammenhang obliegt es ihr weiter anzugeben, welche Nachfragen sie im einzelnen angestellt hat und welche Auskünfte die in Betracht kommenden Lieferanten ihr bezüglich der Herkunft der beiden Produkte erteilt haben. Dabei sind auch die Namen dieser in Betracht kommenden Zwischenhändler mitzuteilen. Auf diese Weise werden zwar auch die Namen solcher Lieferanten bekanntgegeben, die die konkret beanstandeten Duftwässer nicht geliefert haben, das steht der Pflicht zur Benennung indes nicht entgegen. Denn zum einen hat die außenstehende Antragstellerin nur so eine Chance, zu erfahren, wer die Lieferanten der beiden Produkte waren, und zum anderen ist es den übrigen benannten Händlern, auch wenn ihre Lieferungen an die Antragsgegnerin zu 1) keine Markenverletzungen darstellen, zumutbar, der Antragstellerin als Lieferanten der Antragsgegnerin zu 1) bekanntgegeben zu werden, weil ihnen allein daraus kein Schaden droht.
Es bedarf keiner weiteren Begründung, daß die Antragsgegnerin zu 1) ihren so umschriebenen Auskunftspflichten, die sich ohne weiteres aus dem Tenor der einstweiligen Verfügung ergeben, durch die lapidare Erklärung, die Rechnungsstellung durch ihre Lieferanten erfolge ohne Angabe der Seriennummern, noch nicht genügt hat.
Soweit die Antragsgegnerin zu 1) rügt, daß der Urteilsspruch bezüglich der Auskunft insoweit zu weit gehe, als er nicht nur die beiden in D. entdeckten Produkte erfasse, trifft dies nicht zu. Der Ausspruch des Landgerichts erfaßt – wie der Senat in seinen beiden Entscheidungen zur beantragten Einstellung der Zwangsvollsteckung bereits ausgeführt hat – entgegen seinem mißverständlichen und oben berichtigten Wortlaut nur jene beiden Produkte.
Soweit die Antragsgegnerin zu 1) schließlich beanstandet, daß sich die Auskunftsverpflichtung auch auf ihre Abnehmer beziehe, hat sich dieser Einwand durch die inzwischen erfolgte Teilrücknahme des Antrags, die ebenfalls in dem obigen neugefaßten Urteilstenor berücksichtigt ist, erledigt.
III
Die einstweilige Verfügung ist insoweit wirkungslos, als die Antragstellerin den auf ihren Erlaß gerichteten Antrag zurückgenommen hat. Dies ist – wie es unter Ziffer II des obigen Tenors geschehen ist – auf den ausdrücklichen Antrag der Antragsgegnerin zu 1) mit deklaratorischer Wirkung auszusprechen (§ 269 Abs.3 S.1 und 3 ZPO). Die Rücknahme erfaßt über ihren Wortlaut hinaus auch die etwaigen Auftraggeber der Antragsgegnerin zu 1). Das ergibt sich schon daraus, daß die Antragstellerin nicht dargelegt hat, inwiefern bezüglich der beiden einzelnen an die Drogerie M. gelieferten Duftwässer über diese Abnehmerin hinaus Auftraggeber existiert haben sollen. Überdies hat die Antragstellerin in der Berufungsverhandlung ihren Antrag in der oben tenorierten Fassung gestellt und damit ausdrücklich das Auskunftsbegehren nicht mehr auf die Auftraggeber der Antragsgegnerin zu 1) erstreckt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs.1, 100 Abs.1, 269 Abs.3 ZPO.
Das Urteil ist gemäß § 545 Abs.2 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.
Der Gegenstandswert wird – bezüglich der ersten Instanz in Anwendung von § 25 Abs.2 S.2 GKG – endgültig wie folgt festgesetzt:
Die vorstehende Differenzierung beruht auf dem gem. §§ 12 Abs.1 GKG, 3 ZPO maßgeblichen Interesse der Antragstellerin wie es der Senat einschätzt und entspricht dem in der mündlichen Verhandlung vom 27.3.1998 gefaßten Senatsbeschluß.