Das LG Hamburg musste die Frage entscheiden, inwieweit der Synchronsprecher, Synchronregisseur und Dialogbuchautor der Animationsserie „Robin Hood – Schlitzohr von Sherwood“ eine Leistung erbracht haben, die urheberrechtlich geschützt ist. Wichtig war dabei die Frage, ob bei den Leistungen ein kreativer Spielraum gegeben oder ob der Gestaltungsspielraum auf Null reduziert war.

Die Leistung des Synchronsprechers, Synchronregisseurs und Dialogbuchautors eines Animationsfilms sind urheberrechtlich geschützt. Das entschied nun das Landgericht (LG) Hamburg und stellte fest, dass bei der Arbeit am Film die Gestaltungsspielräume nicht auf Null reduziert waren und kreative Spielräume vorgelegen hätten. Das LG Hamburg entschied daher zugunsten der Kläger und erkannte ihre Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadenersatz an (Urt. v. 10.05.2024, Az. 310 O 214/23).

Die englischsprachige Animationsserie „Robin Hood – Schlitzohr von Sherwood“ umfasst zwei Staffeln und handelt von Abenteuern, die Robin Hood im Wald von Sherwood erlebt. Mittlerweile wurde die Arbeit an dieser Animationsserie allerdings auch die Grundlage für einen Rechtsstreit.

Geklagt hatten unter anderem die Synchronsprecher, der Synchronregisseur sowie der Dialogbuchautor, die allesamt an der Übersetzung ins Deutsche beteiligt waren. Ihre Leistungen wurden über Standardverträge abgegolten. Diese sahen jedoch keine namentliche Nennung oder eine angemessene Vergütung für die verschiedenen Verwertungsformen der Serie, einschließlich Hörspielen und Streaming-Diensten, vor. Dabei wurde die Animationsserie mehrfach im deutschen Fernsehen ausgestrahlt und auf verschiedenen Plattformen als Hörspiel vermarktet, ohne dass die Kläger dabei namentlich genannt wurden oder zusätzliche Vergütungen erhielten.

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Gestaltungsspielraum bei Dialogbüchern war nicht auf Null reduziert

Das Hamburger Gericht entschied, den deutschen Dialogbüchern käme bereits ein eigener Werkschutz als Schriftwerk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG zu. Es handele sich insoweit um persönliche geistige Schöpfungen. Dem stünde auch nicht entgegen, dass es sich bei den Dialogbüchern um die Übersetzungen der englischen Vorlagen handele. Auch Übersetzungen würde eigener Werkschutz gemäß § 3 S. 1 UrhG zukommen, soweit diese über eine schlichte Wort-für-Wort-Übersetzung hinausgingen, da der Übersetzer insoweit auch einen Gestaltungsspielraum ausschöpfe. Im vorliegenden Fall sei der Gestaltungsspielraum aufgrund der englischen Sprachfassung und der vorgegebenen Geschichte zwar durchaus begrenzt. Er sei jedoch jedenfalls nicht auf Null reduziert.

Dass die Beteiligten von diesem zur Verfügung stehenden Gestaltungsspielraum auch Gebrauch gemacht hätten, zeige sich exemplarisch auch an den vorgelegten Gegenüberstellungen. Die Dialogbücher seien zwar bereits im Original – adressaten- und kindergerecht – insgesamt von einer einfachen Sprache getragen, die sich sodann auch in der deutschen Fassung widerspiegele. Gleichwohl seien Abweichungen zu sehen, die die Ausschöpfung eines zur Verfügung stehenden Gestaltungsspielraums belegten, so das LG Hamburg.

Das zeige sich etwa schon an dem Umstand, dass die englischen Folgentitel nicht lediglich aus der Vorlage übernommen worden seien, sondern jeweils verschiedene Titelvorschläge unterbreitet worden seien. Außerdem sei Dialogbuchautoren ein gewisser Spielraum bei der Benennung der (Neben-)Figuren zugekommen. Insbesondere aber hätten die Dialogbuchautoren auch etwaige Fantasiewörter entsprechend übersetzen müssen. Dabei hätte sich laut dem LG gezeigt, dass die Autoren etwaige bestehende Gestaltungsspielräume ausgenutzt hätten, womit auch den Dialogbüchern selbst Werkschutz zukomme.

Auch Synchronregie kommt eigenständiger Werkschutz zu

Doch auch der Regieleistung komme ein eigenständiger Werkschutz im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG zu, da sie sich als persönliche geistige Schöpfung der Beteiligten darstellen, wie das LG Hamburg erklärt. Bei Filmwerken sei allgemein anerkannt, dass die Leistung des Filmregisseurs als gestalterische, schöpferische Leistung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG gelte, weil damit der erfundene bzw. vorgegebene Stoff ins Bildliche umgewandelt bzw. festgehalten werde. Nach Auffassung des Gerichts könne nichts anderes für die sogenannte Synchronregie gelten. Die Synchronregie umfasse die Leitung und Umsetzung der gesamten Sprachaufnahmen, wobei ein wesentliches Augenmerk neben der ausdrucksgerechten Wiedergabe des Textes auch auf der sogenannten Lippensynchronität liegen müsse. Insoweit müsse die Synchronregie auch auf die Synchronsprecher Einfluss nehmen und sie diesbezüglich anleiten.

Es sei der Gegenseite zwar zuzugestehen, dass bei Animationsserien geringere Anforderungen an die Lippensynchronität zu stellen seien als bei Realfilmen. Diese geringeren Anforderungen würden die gestalterische Leistung der Synchronregie jedoch nicht auf Null reduzieren. Darüber hinaus sei für das Gericht nachvollziehbar dargelegt worden, dass die Synchronregie den Synchronsprechern auch den (Gesamt-)Handlungsablauf und die Einbindung der jeweiligen Rolle in das Geschehen erläutere, wobei das Auftreten der Figuren, ihre Motivation und das Verhältnis zu den jeweils anderen Figuren erklärt werde. Soweit die Gegenseite bestritten habe, dass die Synchronregie insoweit jeweils eine individuelle Arbeit mit den einzelnen Synchronsprechern vornehme und entwickle, könne dies dahinstehen, da auch eine Arbeit etwa in der Gruppe mit allen oder zumindest mehreren Synchronsprechern eine Bewertung der Leistung der Synchronregie als gestalterisch und schöpferisch rechtfertige.

Durch die Feststellung des LG Hamburg, dass es sich bei den Leistungen um urheberrechtlich geschützte Werke gehandelt hat, genießen die Leistungen als persönlich-geistige Schöpfungen einen Schutz nach §§ 2, 13, 74 UrhG. Somit dürften die Werke nicht ohne namentliche Nennung der Kläger vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergegeben werden. Das LG Hamburg gibt dem Unterlassungsanspruch der Synchronsprecher und -regisseure also statt. Außerdem wurde die Gegenseite verpflichtet, Auskunft über die erzielten Erträge und die Nutzung der Werke zu geben. Davon umfasst sind detaillierte Angaben zu den hergestellten und verkauften Tonträgern, den erzielten Umsätzen und auch Gewinnen sowie zu den Lizenzen und Nutzungen im Internet.

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Synchronisationsleistung stellt künstlerische Darbietung dar

Auch bei den erbrachten Synchronisationsleistungen für die deutschsprachige Fassung der streitgegenständlichen Animationsserie habe es sich laut dem LG um eine künstlerische Darbietung im Sinne des § 73 UrhG gehandelt. Die Beteiligten hätten durch ihre Synchronisationsleistungen ein Werk dargeboten. Ein Werk im Sinne des § 73 UrhG meine jedes Werk im Sinne des § 2 UrhG, das künstlerisch dargeboten bzw. interpretiert werden könne. Diese Werke seien hier jeweils die von den Synchronsprechern erschaffenen Dialogbücher und nicht etwa nur die einzelnen in einem Take aufgenommenen Wortfolgen. Diese Dialogbücher seien von den Synchronsprechern auch dargeboten worden. Eine Darbietung im Sinne des § 73 UrhG liege jedenfalls dann vor, wenn ein hinreichender Spielraum für die künstlerische Interpretation bestehe, wie das Gericht erklärt.

Denn die künstlerische Interpretation eines Sprachwerkes erschöpfe sich nicht in der akustischen Textwiedergabe, die dem Hörer einen Gedanken oder eine Information vermittle. Sie setze vielmehr darüber hinaus voraus, dass der Hörer mit den Ausdrucksmöglichkeiten der Sprache – unabhängig vom sachlichen Inhalt – einen Sinneseindruck empfange, der seine Stimmung, sein Empfinden, sein Gefühl oder seine Phantasie anrege. Die Beteiligten hätten durch den spielerischen Einsatz ihrer Stimmen so auch den Charakter der Animationsfiguren geprägt, wofür auch der Umstand spreche, dass die Tonspuren ihrer Stimmen ohne Veränderung für die Hörspiele adaptiert werden konnten.

Das Gericht erkannte letztlich an, dass die Synchronsprecher und -regisseure Anspruch auf eine angemessene Nachvergütung für die verschiedenen Nutzungsarten der Serie aus § 32d UrhG haben. Nach dem LG hätten die bisherigen Vergütungen lediglich die ursprüngliche Fernsehausstrahlung abgedeckt. Die weiteren Verwertungen als Hörspiele und auf Streaming- Plattformen seien bisher nicht umfasst worden.

agr