Eine Pizzeria aus Frankfurt hatte mit Namen und Fotos der ermordeten Anti-Mafia-Ermittler Falcone und Borsellino geworben. Doch die Pizzeria darf den Namen „Falcone“ nicht ohne Zustimmung der Schwester des ermordeten Giovanni Falcone benutzen – zumindest nicht im Kontext mit der Mafia. Dies jedoch hatte sie in den sozialen Medien getan.
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat heute ein Machtwort gesprochen. Die Betreiberin der Frankfurter Pizzeria „Falcone & Borsellino“ hat es zu unterlassen den Namen des Ermittlungsrichters Giovanni Falcone als Geschäftsbezeichnung zu führen, soweit dies im Mafia-Kontext erfolgt – ein Sieg auf Zeit (Beschl. v. 07.07.2022, Az. 6 U 211/20)?
Giovanni Falcone – Symbolfigur im Kampf gegen die organisierte Kriminalität
Giovanni Falcone war ein italienischer Ermittlungsrichter und aktiv im Kampf gegen die Cosa Nostra. Er gilt, gemeinsam mit Paolo Borsellino, als Symbolfigur des Kampfes gegen die organisierte Kriminalität auf Sizilien. Im Mai 1992 wurde Falcone Opfer eines Attentates. Die Attentäter hatten unter der Autobahn A29 bei Capaci in einem Drainagerohr 500 kg Sprengstoff deponiert und ferngesteuert gezündet. Falcone wurde schwer verletzt und erlag seinen Verletzungen im Krankenhaus.
Den Ruf der Mafia-Jäger wollte sich nun die Betreiberin der Frankfurter Pizzeria „Falcone & Borsellino“ zu Nutzen machen. Sie verwendete u.a. im Lokal Fotografien der beiden, aber auch aus dem Film „Der Pate“. Die Speisekarte ist mit Einschusslöchern versehen. Der Name „Falcone“ wurde zudem auf dem Aushängeschild, Werbematerialien und in den sozialen Medien genutzt.
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Dem wollte die Schwester des verstorbenen Juristen ein Ende setzten und klagte gegen die Inhaberin der Pizzeria auf Unterlassung. Nachdem sie in der ersten Instanz mit ihren Anträgen scheiterte, legte sie Berufung am OLG ein. Dieses verpflichtete die Beklagte nun es zu unterlassen, die Bezeichnung „Falcone“ als Geschäftsbezeichnung und für ihre Geschäftstätigkeit im Kontext mit Mafia-Bezug zu benutzen
Die Klägerin wendet sich gegen die Verwendung des Namens im Mafia-Kontext ohne ihre Zustimmung. Das Landgericht hatte die auf Unterlassung gerichteten und auf Namensrecht und postmortales Persönlichkeitsrecht gestützten Anträge zurückgewiesen.
Versäumnisurteil – ein Sieg auf Zeit?
Das Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 07.07.2022, Az. 6 U 211/20, ist noch nicht rechtskräftig. Da die Beklagtenseite nicht erschienen war, erging ein sogenanntes Versäumnisurteil. Das OLG war daher angehalten, in der Säumnissituation der Beklagten, nur der klägerische Vortrag zugrunde zu legen und sprach der Klägerin die auf Namensrecht und postmortales Persönlichkeitsrecht gestützten Ansprüche zu. Ein Versäumnisurteil ergeht unbegründet. Gegen das Urteil ist der Einspruch statthaft.
Ob das Urteil tragfähig ist, ist fraglich.
Ein Unterlassungsanspruch aufgrund einer Verletzung von Namensrechten erscheint ausgeschlossen. Bereits im Jahr 2007 stellte der Bundesgerichtshof (BGH) klar, dass die Namensrechte mit dem Tod einer Person erlöschen.
„Das Namensrecht einer Person (…) erlischt mit dem Tod des Namensträgers (…). Ein Toter ist nicht mehr Rechtssubjekt und kann daher nicht mehr Träger des Namensrechts sein.“
BGH, Urteil vom 05. 10. 2006 – I ZR 277/03
Auch ein Eingriff in das postmortale Persönlichkeitsrecht könnte bereits verwirkt sein. Das postmortale Persönlichkeitsrecht schützt mehrere Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch über den Tod hinaus. Die Verletzung führt grundsätzlich nur zu Abwehransprüchen, nicht aber zu Geldentschädigungsansprüchen. Unterschieden wird dabei zwischen den ideellen und kommerziellen Bestandteilen.
Die ideellen Bestandteile schützen das Ansehen des Verstorbenen, während die kommerziellen Bestandteile davor schützen, dass der Ruf des Verstorbenen für kommerzielle Zwecke missbraucht wird.
Immer wieder wird diskutiert, wie lange der jeweilige Schutz andauern soll. In Bezug auf Abbildungen von Persönlichkeiten gilt die sog. 10-Jahres-Frist. Diese hat BGH im Jahr 2006 auf die Schutzdauer für sämtliche vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts entsprechend übertragen:
„Die Schutzdauer der vermögenswerten Bestandteile des postmortalen Persönlichkeitsrechts ist wie das Recht am eigenen Bild (§ 22 Satz 3 KUG) auf zehn Jahre nach dem Tod der Person begrenzt. Der postmortale Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts endet damit nicht insgesamt nach Ablauf von zehn Jahren. Unter den Voraussetzungen und im Umfang des postmortalen Schutzes der ideellen Bestandteile des postmortalen Persönlichkeitsrechts besteht er fort (BGH, I ZR 277/03).“
Danach könnten Verstorbene, nach Ablauf von zehn Jahren nach ihrem Ableben, ungewollt zur Werbefigur werden.
In diese Richtung lautete auch das Urteil der Richter in der ersten Instanz. Sie kamen zu dem Schluss, dass der Schutz des Andenkens an Giovanni Falcone achtundzwanzig Jahre nach seinem Tod verwirkt sei. Dies sei damit zu belegen, dass die Namen von Falcone und Borsellino nur noch in Fachkreisen von Strafverfolgern und Kriminologen bekannt seien. Nicht aber dem gemeinen Restaurant-Besucher.
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