Um sich auf Social Media wegen der Beleidung eines Politikers strafbar zu machen, braucht es nur eine rechtswidrige Äußerung. Auf eine Mindestanzahl an Followern komme es dabei nicht an, so das OLG Zweibrücken.
Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken hat entschieden, dass es für die Strafbarkeit von Beleidigungen in sozialen Medien gegenüber im politischen Leben stehenden Personen lediglich auf den Inhalt der Äußerung ankommt. Nicht relevant sollen dagegen die sonstigen Umstände, wie beispielsweise die gewählte Verbreitungsart und die Größe des Adressatenkreises sein (OLG Zweibrücken, Urteil vom 30.09.2024, Az. 1 ORs 1 SRs 8/24).
Hintergrund des Verfahrens ist die Äußerung eines Mannes aus Kaiserslautern über die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel. Einige Wochen nach der Flutkatastrophe im Ahrtal hatte dieser im September 2021 auf seinem öffentlichen Facebook-Profil den Kommentar „Merkel im Ahrtal…daß sich die dumme Schlampe nicht schämt…“ veröffentlicht. Der Text war dabei in weißer Schriftfarbe auf braunem Untergrund geschrieben, auf dem zudem insgesamt sieben sogenannte Emoticons in Form von lächelnden Kothaufen zu sehen waren.
Verurteilung wegen „Politikerbeleidigung“
Das Amtsgericht (AG) Kaiserslautern verurteilte den Mann zu einer Geldstrafe (AG Kaiserslautern, Urteil vom 14.12.2022, Az. 41 Cs 52Js 293/22). Auf die Berufung des Mannes hin, stellte das Landgericht (LG) Kaiserslautern das Verfahren gegen ihn ein (LG Kaiserslautern, Urteil vom 22.11.2023, Az. 5 NBs 52 Js 293/22). Bei der sogenannten „Politikerbeleidigung“, § 188 Strafgesetzbuch (StGB), seien neben der Äußerung selbst auch die Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen. Dies betreffe neben der Person des Betroffenen auch die Reichweite der jeweiligen Veröffentlichung. Der Post des Facebook-Nutzers auf seinem privaten Profil mit 417 „Freunden“ habe nicht die Reichweite, die eine Strafbarkeit seines Tuns rechtfertige. Einer Verurteilung wegen (einfacher) Beleidigung stand der fehlende Strafantrag der ehemaligen Bundeskanzlerin entgegen.
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Das OLG Zweibrücken teilte diese Rechtsmeinung nun aber nicht, weshalb er den Fall zur erneuten Entscheidung an eine andere Kammer des LG Kaiserslautern zurückverwies. Nach Überzeugung des OLGs komme es für die Strafbarkeit einzig auf den Inhalt der Äußerung an und nicht auf sonstige Umstände. Dies entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers, der kurz vor der Tat den Anwendungsbereich des Straftatbestands durch eine Gesetzesänderung erheblich ausweitete, um Personen, die sich im politischen Leben engagieren, vor Hass und Hetze im Internet besser schützen zu können. Dass der Mann auf Facebook nur 417 Freunde hatte, schließe eine Strafbarkeit wegen Beleidigung von Politikern nach § 188 StGB jedenfalls nicht von vorneherein aus.
„Politiker“-Personenkreis ausgeweitet
Geschützt werden nach § 188 StGB im politischen Leben des Volkes stehende Personen. Dies setzte bis zur Gesetzesänderung 2021 voraus, sich für eine gewisse Dauer mit grundlegenden Angelegenheiten, die den Staat, seine Verfassung, seine Gesetzgebung oder seine Verwaltung unmittelbar berühren, zu beschäftigen und das politische Leben nicht unerheblich zu beeinflussen. Seit der Änderung aber schützt der § 188 StGB auch Personen, die nicht über einen solchen erheblichen politischen Einfluss verfügen.
Zum geschützten Personenkreis zählen so u.a. der Bundespräsident, Bundestagspräsident, Bundeskanzler und Ministerpräsidenten der Länder, Mitglieder der Bundes- und Landesregierungen, Mitglieder des Bundestages und der Landtage, ebenso die Abgeordneten Deutschlands im Europäischen Parlament sowie Spitzenfunktionäre politischer Parteien. Sogar Politiker auf kommunaler Ebene werden inzwischen von der Norm erfasst. Zudem setzt es nicht notwendigerweise eine politische Betätigung voraus, dass jemand im politischen Leben des Volkes steht. So können grundsätzlich auch andere Personen durch § 188 StGB geschützt sein, wie z.B. Richter des Bundesverfassungsgerichts wegen der politischen Auswirkungen ihrer Entscheidungen. Auch können hochrangige Vertreter der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände unter die Norm fallen.
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