Werden Promis im Privatleben zu sehr von Boulevard-Reportern überwacht, kann das für entsprechende Magazine böse enden. Klagen die Prominenten nämlich gegen eine solche Berichterstattung, haben Boulevard-Magazine kaum noch Möglichkeiten vor Gericht, sich zu wehren.
Das Landgericht (LG) Berlin II hat entschieden, dass die spekulative Berichterstattung des Boulevardmagazins „inTouch“, die auf einer heimlichen und persönlichkeitsrechtswidrigen Dauerobservation eines Prominenten basierte, unzulässig ist. Klagt die Person sodann dagegen, kann es für ein Boulevard-Magazin im Prozess schwierig werden. Die Persönlichkeitsrechtsverletzung führe nämlich nach Ansicht des LG Berlin dazu, dass der Vortrag des Medienunternehmens zur angeblichen Wahrheit des berichteten Geschehens nicht nur einem Beweisverwertungs-, sondern auch einem Sachvortragsverwertungsverbot unterliege. Die zum Gegenstand der Berichterstattung erhobenen Tatsachen seien als unwahr zu behandeln (LG Berlin II, 5. Dezember 2024, Az. 27 O 226/22).
inTouch spekuliert über außereheliche Liebesbeziehung eines Promis
Das Boulevardmagazin „inTouch“ hatte über einen Prominenten berichtet und dabei behauptet, er führe eine außereheliche Liebesbeziehung und habe ein gemeinsames Kind mit einer anderen Frau. Grundlage der Berichterstattung waren heimlich aufgenommene Bilder, die den Prominenten mit der Frau und einem Baby in vertrauten Situationen zeigten. Der Kläger, eine prominente Persönlichkeit, sah hierin eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts und verlangte die Unterlassung der Berichterstattung.
Das Magazin rechtfertigte sich mit einem vermeintlichen öffentlichen Interesse an der Geschichte, scheiterte jedoch mit dieser Argumentation. Der Kläger machte zudem geltend, dass die Berichterstattung nicht nur unwahr sei, sondern auch sein Privat- und Familienleben in unzulässiger Weise verletze.
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Persönlichkeitsrecht vor Pressefreiheit
Das LG Berlin stellte nun in seiner Entscheidung fest, dass die Persönlichkeitsrechte des Prominenten höher zu gewichten seien als die Pressefreiheit des Boulevardmagazins. Für die Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen sei dabei von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtere, damit den Informationsanspruch des Publikums erfülle und so zur Bildung der öffentlichen Meinung beitrage.
Hier sei aber das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers durch die heimliche Dauerobservation und die darauf basierende spekulative Berichterstattung massiv verletzt worden. Die Presse habe in diesem Fall gerade kein öffentliches Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert, sondern lediglich allein die Neugier der Leser nach privaten Details befriedigt. Ein solches „boulevardeskes Berichterstattungsinteresse“ sei von derart geringfügigem Gewicht, dass es den damit verbundenen tiefen Eingriff in Privatsphäre des Klägers nicht zu rechtfertigen vermöge, so das LG Berlin.
Das Gericht wendete konsequent ein Beweis- und Sachvortragsverwertungsverbot an. Die Informationen, die das Magazin durch die Observation gewonnen habe, hätten gar nicht erst in den Prozess eingeführt werden dürfen. Die zum Gegenstand der Berichterstattung erhobenen Tatsachen seien laut LG in diesem Fall unabhängig vom Ob und Wie des Bestreitens durch den von der Berichterstattung Betroffenen als unwahr zu behandeln. Diese Rechtsprechung stütze sich auf etablierte Grundsätze der Bundesgerichte, insbesondere bei zivilprozessualen Verwertungsverboten etwa im Arbeits- oder Familienrecht.
Eine Rechtfertigung der Berichterstattung aufgrund einer sogenannten Selbstöffnung des Klägers verneinte das Gericht folgerichtig. Zwar hatte der Kläger in der Vergangenheit mediale Einblicke in sein Familienleben zugelassen, dies aber sei jedoch stets oberflächlich und kontrolliert erfolgt, so das LG. Die Berichterstattung der inTouch betraf hingegen intime Details, die der Kläger bewusst nicht der Öffentlichkeit preisgegeben habe. Eine Ausweitung der Selbstöffnung auf spekulative Berichte über angebliche Affären sei daher ausgeschlossen.
Die Ansicht des LG ist zu begrüßen, denn Betroffene sollten in einem Verfahren nicht auch noch genötigt werden, über ihr bereits rechtswidrig ausgespähtes Privatleben auspacken zu müssen, um Behauptungen zu entkräften. Die Privatangelegenheiten haben im Verfahren ohnehin nichts verloren, schließlich geht es hier vornehmlich um die Art und Weise der Informationsbeschaffung durch eine rechtswidrige Dauerobservation.
Fehlendes öffentliches Interesse
Auch das Argument, dass die Diskrepanz zwischen medialem Selbstbild und der berichteten Realität ein öffentliches Interesse begründe, ließ das Gericht nicht gelten. Der Kläger habe sich in der Öffentlichkeit differenziert über Themen wie Treue und familiäre Beziehungen geäußert, ohne dabei ein unrealistisches oder widersprüchliches Selbstbild zu erzeugen. Die Berichterstattung der inTouch beschränkte sich hingegen allein auf spekulative Behauptungen auf alleiniger Grundlage der Fotos des Mannes mit einer anderen Frau. Dies sei nicht geeignet, ein öffentliches Interesse zu erfüllen.
Das Gericht betonte abschließend, dass auch prominente Persönlichkeiten ein Recht auf Schutz ihrer Privatsphäre haben. Dies gelte insbesondere für Bereiche, die die innere Privatsphäre betreffen, wie intime Beziehungen oder familiäre Angelegenheiten. Die vorliegende Berichterstattung sei nicht nur geeignet, das Familienleben des Klägers zu gefährden, sondern auch die Beziehung zu der mutmaßlichen Affäre nachhaltig zu beschädigen.
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