Der Rundfunkbeitrag ist zwar verfassungsgemäß, doch mit der Bezahlung hadern viele Bundesbürger, weshalb manch einer auf kuriose Ideen kommt, um sich vor der Zahlung zu drücken. Eine Idee, die bereits seit Jahren im Netz kursiert, ist, den Beitragsservice damit zu ärgern, den Rundfunkbeitrag in bar zahlen zu wollen. Der EuGH sagte dazu 2021: Obwohl Euro-Banknoten innerhalb der Europäischen Union das gesetzliche Zahlungsmittel sind und es somit grundsätzlich möglich sein muss, mit diesen zu zahlen, kann die öffentliche Verwaltung die Barzahlung aus Gründen des öffentlichen Interesses ausschließen, so die Richter. Nun urteilte erneut das BVerwG. Das sagt: Nur wer kein Girokonto hat, darf in bar zahlen.

Die Bezahlung des Rundfunkbeitrags muss auch in bar möglich sein. Doch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) schränkt hier wie folgt ein: Die Möglichkeit der Barzahlung gelte nur für diejenigen Zahlungsverpflichteten, die nachweislich kein Girokonto haben können. Alle anderen müssen nach Auffassung der Richter weiter bargeldlos zahlen, so wie die Kläger im konkreten Fall. Das entschied das BVerwG (Urteil vom 27.04.2022, Az. BVerwG 6 C 2.21).Vergangenes Jahr hatte hierzu der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits entschieden (C-422/19 und C-423/19).

Rechtsanwalt Christian Solmecke erläutert die Hintergründe des Verfahrens

Christian Solmecke: „Initiator der Idee, den Rundfunkbeitrag in bar zu zahlen, war der Journalist Norbert Häring. Seine Intention jedoch ist gar nicht, den Beitragsservice zu ärgern, sondern ihm geht es um eine immer wieder diskutierte Fragestellung um die Erhaltung des Bargeldes im Gegensatz zum immer mehr genutzten digitalen Zahlungsverkehr. Eine wenn man so will urdeutsche Fragestellung, hortet nach aktuellen Umfragen doch im Durchschnitt jeder Deutsche 1364 Euro in bar zu Hause.

Härting jedenfalls wies darauf hin, dass im Gebührenbescheid des Rundfunkbeitrages lediglich zwei Zahlungsmöglichkeiten zur Auswahl stehen- Einzugsermächtigung oder Überweisung. Der Journalist und ein Mitstreiter wollen den Beitrag jedoch nur in bar entrichten. Der Hessische Rundfunk (HR) lehnte dies ab und versandte Festsetzungsbescheide. Er berief sich auf seine Rundfunkbeitragssatzung, die eine Barzahlung ausschließt. Die beiden Beitragspflichtigen fochten die Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge daraufhin an und wollen seither gerichtlich feststellen lassen, dass sie berechtigt sind, Rundfunkbeiträge in bar zu zahlen. Der Rechtsstreit ist inzwischen beim Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) anhängig.

Und nach Ansicht der Leipziger Richter verstößt die Regelung in der HR-Beitragssatzung womöglich tatsächlich gegen das Barzahlungsrecht aus § 14 des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank (BBankG). Danach sind „in Deutschland (…) auf Euro lautende Banknoten das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel„. Dies würde bedeuten, dass auch die Rundfunkanstalten und der Beitragsservice Barzahlungen annehmen müssten, worauf sie allerdings bislang nicht eingerichtet sind. Wäre allein das deutsche Recht maßgeblich, wäre die Sache also klar. Allerdings gibt es noch geltendes EU-Recht. Und dieses könnte der deutschen Regelung entgegenstehen.

Für das BVerwG stellten sich daher vorab zwei Fragen, mit denen sich die Richter zunächst an den EuGH wandten und das Verfahren bis zur Beantwortung aussetzten:

  1. Durfte die Bundesrepublik überhaupt eine nationale Regelung wie die des BBankG treffen, obwohl die ausschließliche Zuständigkeit für die Währungspolitik bei der Europäischen Union (EU) liegt?
  2. Und durfte der HR die Zahlung in bar ablehnen, obwohl geltendes EU-Recht „Euro-Banknoten“ als gesetzliches Zahlungsmittel festlegt?  

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Wir sind bekannt aus

Hinsichtlich der ersten Fragestellung hatte der zuständige Generalanwalt in seinen Schlussanträgen im September 2020 bereits festgestellt, dass jegliche nationale Bargeldregelungen, welche die „Eigenschaft eines gesetzlichen Zahlungsmittels“ regelten, mit Unionsrecht unvereinbar seien. Da die deutsche Norm den unionsrechtlichen Begriff ergänze, greife der deutsche Gesetzgeber in die ausschließliche Zuständigkeit der Union ein, weshalb die Norm als europarechtwidrig einzustufen sei.

Art. 128 AEUV sieht vor, dass Euro-Banknoten das einzige gesetzliche Zahlungsmittel innerhalb der EU sind. Den Begriff „Euro-Banknote“ legte der EuGH-Generalanwalt dahingehend aus, dass Gläubiger grundsätzlich dazu verpflichtet seien, auch Bargeld anzunehmen.

Allerdings gebe es zwei Ausnahmen: Einerseits könne zwischen den Vertragsparteien privatautonom ein anderes Zahlungsmittel als Bargeld vereinbart werden und zum anderen könnten die einzelnen EU-Mitgliedstaaten Bargeldzahlungen auch in eigenen Rechtsvorschriften beschränken. Eine solche gesetzliche Regelung müsste dann allerdings im öffentlichen Interesse sein, eine Bargeldzahlung nicht vollständig abschaffen und die Geldschulden müssten auch auf anderem Wege beglichen werden können. Ein absolutes Recht auf Barzahlung sieht das EU-Recht damit nach Auffassung des Generalanwalts nicht vor.

EuGH-Richter: Barzahlung kann abgelehnt werden

Dem pflichteten die EuGH-Richter heute bei. Der EuGH entschied heute zur Sache, dass die Mitgliedstaaten nach Unionsrecht grundsätzlich die öffentliche Verwaltung zur Annahme von Barzahlungen verpflichten können. Ebenso sei es aber auch zulässig, dass Normen des nationalen Rechts hier Ausnahmen vorsehen. Behörden müssen Barzahlungen zum Beispiel nicht akzeptieren, wenn Gründe des öffentlichen Interesses dem entgegenstehen. Im Falle des Rundfunkbeitrags können das für den Beitragsservice in Deutschland die hohen Kosten sein, die entstünden, wenn dieser ab sofort Barzahlungen annehmen müsste. 

Dann müssten nämlich flächendeckend neue Einrichtungen und neue Infrastruktur geschaffen werden, um die Barzahlung zu ermöglichen. Letztendlich muss die Einschränkung der Barzahlung, um einen solchen Kostenaufwand im öffentlichen Interesse zu vermeiden, aber auch verhältnismäßig sein. Dies hat laut EuGH nun das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die Beitragssatzung des Hessischen Rundfunks zu prüfen. 

Bei der Frage, ob der Ausschluss der Barzahlungsmöglichkeit darin verhältnismäßig ist, müssen die Bundesverwaltungsrichter abwägen. Für die Einschränkung der Möglichkeit, in bar zu zahlen, sprechen zwar die ansonsten anfallenden hohen Kosten. Allerdings muss auch berücksichtigt werden, dass die anderen rechtlichen Zahlungsmittel wie das Sepa-Lastschriftmandat oder die Überweisung für bestimmte Beitragspflichtige nur schwer zugänglich sind. Manche Personen sind darauf angewiesen, in bar zahlen zu können. 

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BVerwG-Urteil

Der Spielball ging also zurück zum BVerwG, welches nun die Klagen zurückwies. Unter Berücksichtigung der EuGH-Entscheidung könne der HR-Satzung nicht die Vorschrift des § 14 Abs. 1 S. 2 BBankG entgegengehalten werden, nach der auf Euro lautende Banknoten das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel seien, so die Schließlich obliege der EU diese Festlegung. In Sachen Währungspolitik habe diese die ausschließliche Kompetenz, womit die Norm unionsrechtswidrig sei.

Dennoch, so das BVerwG, verstoße die Beitragssatzung des HR ihrerseits ebenso – zumindest teilweise – gegen die Vorgaben, die der EuGH in seinem Urteil ausgearbeitet hatte. So führe die Regelung zwar nicht zu einer rechtlichen oder faktischen Abschaffung der Euro-Banknoten. Ein Unionsrechtsverstoß liege jedoch darin, dass mangels einer Ausnahmeregelung diejenigen Beitragspflichtigen, die keinen Zugang zu einem Girokonto erhielten, unverhältnismäßig beeinträchtigt würden. Auf die Möglichkeit der Bareinzahlung bei einem Kreditinstitut auf das Beitragsabwicklungskonto ARD/ZDF/Deutschlandradio könnten sie wegen der damit verbundenen erheblichen Zusatzkosten nicht verwiesen werden. Aus demselben Grund liege in dem Barzahlungsausschluss auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG).

Diese Rechtsverletzungen führen jedoch im Ergebnis dennoch nicht zum Erfolg der Kläger. Das BVerwG hat angeordnet, dass § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung übergangsweise mit der Maßgabe anzuwenden sei, dass Beitragspflichtigen, die nachweislich weder bei privaten noch bei öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten ein Girokonto eröffnen können, die Zahlung des Beitrags mit Bargeld ohne Zusatzkosten ermöglicht werden muss. Da die Kläger jedoch über ein Girokonto verfügen, können sie sich auf diese Maßgabe nicht berufen.

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