Der frühere Brandenburger AfD-Landeschef Andreas Kalbitz hat keinen Anspruch gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz auf Herausgabe von Unterlagen. Sein politisches Interesse an der Überlassung von Dokumenten müsse hinter dem Geheimhaltungsinteresse des Verfassungsschutzes zurückstehen, so die Richter des VG Köln.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz muss dem früheren Brandenburger AfD-Landeschef Andreas Kalbitz keine Unterlagen überlassen und keine weitergehenden Auskünfte erteilen. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Köln kürzlich entschieden und damit zwei Klagen des Politikers abgewiesen (Az. 13 K 3190/20 und 13 K 3205/21).
Im Januar 2019 gab das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) bekannt, dass die Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) auf Grundlage eines ersten Gutachtens als Prüffall bearbeitet werde und die Parteivereinigung „Flügel“ als Verdachtsfall eingestuft worden sei. Am 12. März 2020 erstellte das BfV ein zweites Gutachten zur Einstufung des Flügels als erwiesen extremistische Bestrebung, in dem der Kalbitz namentlich erwähnt wurde. Der SPIEGEL berichtete einen Tag später, dass ihm dieses Gutachten vorliege.
Ende März 2020 wandte sich der ehemalige AfD-Landeschef in Brandenburg Andreas Kalbitz, der Mitgründer des mittlerweile aufgelösten „Flügels“ und heute parteiloser Abgeordneter der AfD-Fraktion im brandenburgischen Landtag ist, an das BfV und beantragte die Übersendung der über ihn geführten Personenakte, die Überlassung des Gutachtens vom 12. März 2020, die Übersendung der Nachweise über seine angeblichen Kontakte zur „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ), die Übersendung der Mitgliederliste der HDJ, auf der er angeblich unter der Mitgliedsnummer 01330 geführt werde, sowie Auskunft zu den über ihn gespeicherten Daten.
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In einem ersten Bescheid lehnte das BfV den Antrag auf Überlassung des Gutachtens vom 12. März 2020 ab. Zur Begründung führte es aus, dass das Gutachten als Verschlusssache nicht an Dritte weitergegeben werden dürfe. In einem zweiten Bescheid lehnte das BfV auch die Anträge auf Übersendung der Personenakte und der Nachweise zum HDJ-Komplex ab, erteilte Kalbitz hierzu aber Auskunft. Daneben erteilte es umfangreich Auskunft über bestimmte, zur seiner Person gespeicherte Daten.
Diese Auskünfte reichten Kalbitz jedoch nicht, der ehemalige AfD-Mann verfolgte seine Begehren, insbesondere die Übersendung der geforderten Unterlagen, daher gerichtlich weiter. Das VG Köln wies seine Klagen jedoch ab.
Geheimhaltungsinteresse des Verfassungsschutzes überwiegt
Sie seien unzulässig, soweit das BfV dem Kalbitz bereits Auskünfte hinsichtlich der zu seiner Person gespeicherten Daten, der HDJ-Kontakte und der HDJ-Mitgliederliste erteilt habe. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Kalbitz habe keinen über die bereits erteilte Auskunft hinausgehenden Anspruch auf Überlassung der geforderten Unterlagen. § 15 des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG) begründe einen Auskunftsanspruch, wobei es grundsätzlich ausreiche, wenn das BfV den Inhalt der gespeicherten Daten zusammenfasse und in eigenen Worten wiedergebe. Einen Anspruch auf Akteneinsicht begründe das Gesetz hingegen nicht. Ein solcher ergebe sich auch nicht aus anderen Rechtsgrundlagen.
Zudem sei zu berücksichtigen, dass das Interesse des Abgeordneten an der Überlassung der Unterlagen – auch mit Blick auf seine politische Tätigkeit – hinter dem Geheimhaltungsinteresse des BfV zurückstehe. So würde etwa durch die Herausgabe einer Personenakte die Informationsbeschaffung und -verwendung des BfV offengelegt und damit seine Aufgabenerfüllung gefährdet. Dass das Gutachten vom 12. März 2012 dem SPIEGEL vorliege, begründe ebenfalls keinen Anspruch auf Überlassung. Die Einstufung als Verschlusssache werde dadurch nicht aufgehoben, zumal das BfV die Weitergabe nicht gebilligt habe. Soweit das BfV dem Abgeordneten im Rahmen der erteilten Auskunft „eine weitere Information“ versagt habe, sei dies ebenfalls rechtmäßig erfolgt.
Das BfV habe den Versagungsgrund plausibel damit begründet, dass im konkreten Fall bereits die Art der Information Rückschlüsse auf die Arbeitsweise und Informationsgewinnung des BfV, insbesondere auf die Quelle der Information, zulasse. Auch sonst habe Kalbitz keinen weitergehenden Auskunftsanspruch. Das BfV habe nachvollziehbar dargelegt, dass eine Auskunft – ohne nähere Eingrenzung seitens Kalbitz – mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verbunden wäre, da eine Vielzahl potentiell den Abgeordneten betreffender Dokumente gesichtet werden müsste.
Die Beteiligten können gegen die Urteile noch Berufung einlegen bzw. die Zulassung der Berufung beantragen.
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