Vor dem Hintergrund des rbb-Skandals und der Vorwürfe gegen Ex-Intendantin Schlesinger wird auch aktuell vermehrt über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und seine Kontrollgremien gesprochen. Viele stellen sich die Frage: Wo ist überall etwas schiefgelaufen? Doch welche Kontrollinstanzen für die öffentlich-rechtlichen Medien gibt es überhaupt?  

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Patricia Schlesiniger, von Sandro Halank, CC BY-SA 3.0.

Kalbsbäckchen, Hummer-Risotto, Aperitif, Champagner, Wodka und zusätzlich Crémant-Sorbets. Hört sich zunächst nach einem äußerst appetitlichen Abend an, solange man außer Acht lässt, dass die Rechnung i.H.v. 328 Euro das rbb-Rechercheteam trug. Letztlich haben wir es also mit unseren Rundfunkgebühren von monatlich 18,36 Euro gezahlt. Beim RBB-Skandal, ausgelöst durch Berichte vor allem des Online-Mediums „Business Insider“, ging es außerdem um einen teuren Dienstwagen mit Massagesitz, eine kräftige Gehaltserhöhung für Schlesinger um 16 Prozent auf 303.000 Euro plus einem Bonus-System für Führungskräfte, dazu die Verköstigung von Gästen in ihrer Privatwohnung auf rbb-Kosten. Hinzu kommt ebenfalls eine Renovierung der Chefetage mit teuren Möbeln für 1,4 Millionen Euro.

Nach diesen und vielen weiteren Vorwürfen von Vorteilsnahme und Vetternwirtschaft trat Patricia Schlesinger schließlich als ARD-Vorsitzende und als RBB-Intendantin zurück. Letztlich wurde ihr auch fristlos gekündigt.

Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft ermittelt nun gegen Schlesinger und ihren Ehemann, den ebenfalls zurückgetretenen Verwaltungsratschef und Messe-Chefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf. Zu spät“ sagen Strafrechtsexperten und kritisieren die Arbeit der Berliner Justiz. Die Behörde hätte schon von Amts wegen längst ermitteln müssen. Inzwischen besteht gegen weitere in den Skandal involvierte Personen ein Verdacht der Untreue.

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Die Kontrolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Der Skandal weitet sich aus – und er fällt bei vielen zusammen mit einer wachsenden Grundhaltung der Skepsis gegenüber den öffentlich-rechtlichen Medien. Schließlich zahlen wir alle monatlich Gebühren für die öffentlich-rechtlichen Sender, die dennoch seit Jahren drastisch sparen und mit deren programmlicher Gestaltung außerdem viele nicht zufrieden sind. Nicht nur den Strafverfolgungsbehörden wird hier Untätigkeit vorgeworfen, auch den Kontrollgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Daher fragt sich so mancher: „Funktioniert das System der Kontrollgremien überhaupt noch? Oder bedarf es einer Reform?“. Doch wer kontrolliert überhaupt die öffentlich-rechtlichen Medien?

Die Kontrolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist in Gesetzen und Staatsverträgen geregelt. Rundfunkanstalten unterliegen danach einer staatlichen Rechtsaufsicht, nicht jedoch einer Fachaufsicht. Das bedeutet: Aufgrund des Gebotes der Staatsferne sind sie nur einer begrenzten staatlichen Kontrolle zugänglich. Eine Kontrolle durch Parlamente oder Landesregierung darf nach dem Grundgesetz nicht erfolgen. Das Gebot der Staatsferne wird von der Rechtsprechung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) abgeleitet. Damit würde insbesondere die Kontrollfunktion der Medien untergraben, wenn der Staat eine eigene Berichterstattung betriebe.

Neben dem Programmauftrag und den Programmgrundsätzen ist auch die interne Organisation und gesellschaftliche Kontrolle der Kontrollgremien gesetzlich festgelegt. Sie sollen nicht der Repräsentation von Interessen der einzelnen gesellschaftlichen Gruppe dienen, sondern die Meinungsvielfalt im Rundfunk sichern sowie Erfahrungen aus den unterschiedlichen Bereichen einbringen und eine einseitige Einflussnahme von einzelnen Gruppen auf das Programm verhindern.

Rundfunkrat, Verwaltungsrat, Intendant

Die Kontrolle wird insbesondere durch den jeweiligen Verwaltungsrat und durch den Rundfunkrat ausgeübt.

Den Verwaltungsrat gibt es für jede Sendeanstalt. Er überwacht und kontrolliert die Geschäftsführung des Intendanten oder der Intendantin, soweit es nicht um die inhaltliche Gestaltung des Programms geht. Ferner ist die Feststellung des Haushaltsplanes und des Jahresabschluss Aufgabe des Verwaltungsrates. Mitglieder im Verwaltungsrat sind z.B. ehrenamtlich tätige Bildungsverbände, Frauenverbände, Kirchen, Sportverbände, Landtagsfraktionen sowie Gewerkschaften. Sie sollen einen Querschnitt der Bevölkerung abbilden und dürfen – ebenso wie der Rundfunkrat – maximal zu einem Drittel aus staatlichen Vertretern bestehen, so das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). 

Interessenvertretung der Allgemeinheit sowie Überwachung der Einhaltung der Programmgrundsätze und Meinungspluralität sind wichtige Aufgaben des Rundfunkrates (beim ZDF heißt er „Fernsehrat“). Er setzt sich dementsprechend pluralistisch aus Vertretern aller gesellschaftlichen relevanten Gruppen zusammen. Auch Vertreter der jeweiligen Landesregierung und des Landtags befinden sich darunter. Wichtig ist hierbei, dass weder Staat noch andere Hoheitsträger im Rundfunkrat dominieren. Darüber hinaus berät der Rundfunkrat den Intendanten. Seine Beschlüsse entfalten jedoch keine Bindungswirkung gegenüber dem Intendanten. Allerdings wählt der Rundfunkrat sowohl den Intendanten sowie den Verwaltungsrat.

Eine Intendantin ist für die Programmgestaltung und die generelle Geschäftsführung und somit für den gesamten Betrieb verantwortlich. Insgesamt hat sie für die Außenpräsenz der Rundfunkanstalt zu sorgen. Sie muss auch dafür sorgen, dass das Programm den gesetzlichen Vorgaben entspricht.

Geplante Neuerungen

Bis vor kurzem bestanden hier kein Vier-Augen-Prinzip sowie keine externe Aufsicht. Die Intendanten unterzeichneten ihre Aufgaben selbst. Die Genehmigung kam von einer einzigen Person, ihr selbst. Einige Sender, u.a. der NDR, kündigten an, dass diese Praxis nun abgeschafft werden soll. In der Reisekostenverordnung soll künftig eine Genehmigungspflicht für Intendanten verankert werden.

Katrin Vernau, bisherige Wirtschaftswissenschaftlerin und Verwaltungsdirektorin des WDR, wurde nun zur Übergangsintendantin des rbb gewählt. Sie soll nun die Strukturen Sender neu ordnen und den Weg für die Wahl einer regulären Senderspitze zu ebnen. Eine ihrer Forderungen ist es, einen Beirat von Intendanz und Geschäftsführung zu gründen.

Weitere Kontrollmechanismen: Die Landesrechnungshöfe sowie die KEF

Doch es gibt noch weitere Kontrollinstanzen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, denen die Verschwendung hätte auffallen können: Die Landesrechnungshöfe sowie die Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF).

Der Landesrechnungshof ist eine selbstständige oberste Landesbehörde und als unabhängiges Organ der Finanzkontrolle nur dem Gesetz unterworfen. Zu seinen Aufgaben gehören u.a. die Prüfung der gesamten Haushalts- und Wirtschaftsführung sowie Beratung vom Landtag, Landesregierung und Ministerien auf Grundlage seiner Prüfungserfahrungen.

Die Landesrechnungshöfe Berlin und Brandenburg überprüfen gemeinsam das umstrittene Vergütungssystem des öffentlich-rechtlichen Senders RBB sowie das ursprünglich geplante Medienhaus-Bauprojekt. Die beiden Landesrechnungshöfe schauen sich dabei das Vergütungssystem, Anstellungsverträge leitender Angestellte, wirtschaftliche Gesamtsituation des Senders, Aufgabenwahrnehmung der Aufsichtsorgane und Organisation sowie die Vorbereitung des Bauprojekts Digitales Medienhaus.

Die Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) empfiehlt den Landesparlamenten die Festsetzung des Rundfunkbeitrages, der dann durch den Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio eingezogen wird. Die KEF hat folgende Aufgaben:

  1. Feststellung des Finanzbedarfs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland
  2. Prüfung der Anmeldungen unter Beachtung der Programmautonomie der Rundfunkanstalten
  3. Entgegennahme der Anmeldungen des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten

Eine inhaltliche Kontrolle von Programmentscheidungen erfolgt nicht.

Fazit

Es gibt – neben dem unmittelbaren Verhalten von Schlesinger und ihren engsten Vertrauten also noch weitere Kontrollinstanzen, die einmal genau unter die Lupe genommen werden müssen. Denn das System Schlesinger funktionierte vor allem auch deshalb, weil diese Instanzen offenbar an irgendeiner Stelle ebenfalls etwas nicht funktioniert haben. Auch weitere, interne Compliance-Regeln und Strukturen, die jedes größere Unternehmen hat, haben hier nicht geholfen. Es bleibt abzuwarten, was an den einzelnen Stellschrauben noch für Änderungen kommen werden.