Einen Streit um die Indizierung seines Albums „Sonny Black“ hat der Rapper Bushido verloren. Das BVerfG durfte sich im Zuge des Verfahrens mit dem Genre „Gangsta-Rap“ befassen.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Verfassungsbeschwerde des Rappers Bushido nicht zur Entscheidung angenommen. Er hatte sich gegen die Indizierung seines Musik-Albums „Sonny Black“ aus Jugendschutzgründen gewendet. Die Indizierung des Musikalbums verletze Bushido jedoch nicht in seiner Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes (GG), so das BVerfG (Beschluss vom 20. Oktober 2022, Az. 1 BvR 201/20)
Bushidos Album „Sonny Black“ indiziert
Bushido ist ein Musiker, dessen Werke dem Genre „Gangsta-Rap“ zuzuordnen sind. Sein Album „Sonny Black“ erschien im Februar 2014. Sonny Black ist zugleich ein Alias des Bushidos. Es besteht aus 15 Titeln, deren Texte ganz überwiegend von Bushido stammen.
Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien leitete im Oktober 2014 ein Indizierungsverfahren ein. Sie beschloss, das Album „Sonny Black“ nach § 18 Abs. 1 des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) in Teil A der Liste der jugendgefährdenden Medien einzutragen. Damit verbunden ist das Verbot, das Album gegenüber Kindern und Jugendlichen zugänglich zu machen, zu bewerben und zu verbreiten.
Die Bundesprüfstelle begründete die Indizierung unter Bezugnahme auf seine ständige Spruchpraxis und die höchstrichterliche Rechtsprechung damit, dass der Inhalt der CD „Sonny Black“ geeignet sei, Kinder und Jugendliche sozialethisch zu desorientieren. Insbesondere würden die Texte des Albums verrohend wirken, einen kriminellen Lebensstil (hier insbesondere den Drogenhandel) verherrlichen und Frauen sowie homosexuelle Menschen diskriminieren.
Gegen die Indizierung wehrte sich Bushido erfolglos durch die Instanzen hinweg bis zum BVerfG. Mit der Verfassungsbeschwerde rügte Bushido vornehmlich eine Verletzung seiner Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Die durch die Indizierung erfolgten Eingriffe in den Wirkbereich seiner Kunstfreiheit seien nicht gerechtfertigt, weil die angegriffenen Entscheidungen auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruhten, das zudem in verfassungswidriger Weise angewandt worden sei.
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Keinerlei Aussicht auf Erfolg
Die Verfassungsbeschwerde Bushido hatte jedoch nach der Entscheidung des BVerfG keinerlei Aussicht auf Erfolg. Die angegriffenen Entscheidungen der Bundesprüfstelle und des Bundesverwaltungsgerichts würden die Kunstfreiheit Bushidos nicht verletzen.
Anhaltspunkte dafür, dass die §§ 15, 18 JuSchG verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegen könnten, seien der Verfassungsbeschwerde nicht zu entnehmen. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit würden sich insbesondere nicht aus dem Argument ergeben, aufgrund eines veränderten Musiknutzungsverhaltens über das Internet sei das aktuelle Indizierungsverfahren nicht mehr geeignet, den Jugendschutz umfassend zu gewährleisten. Gleiches gelte für das Bushido-Argument, das Jugendschutzgesetz müsse als milderes Mittel gegenüber der Indizierung eines gesamten Trägermediums auch die Indizierung nur einzelner Titel vorsehen. Denn für die Verhältnismäßigkeit komme es, so das BVerfG, im Rahmen der Eignung nicht darauf an, dass das vom Gesetzgeber gewählte Mittel am besten geeignet sei, einen umfassenden Jugendschutz zu gewährleisten, sondern lediglich auf die Förderung des legitimen Zwecks des Jugendschutzes durch die Indizierung. Auch an der Erforderlichkeit eines Indizierungsverfahrens, das auf den jugendgefährdenden Gesamtcharakter einer Musik-CD abstelle, bestünden verfassungsrechtlich keinerlei Zweifel.
Betrachtung im Lichte des „Gangsta-Raps“
Die durch Bushido angegriffene Entscheidung sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) habe die Entscheidung der Bundesprüfstelle den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechend umfassend überprüft und dabei die berührten Grundrechte hinreichend berücksichtigt. Es sei ebenso wie die Bundesprüfstelle zutreffend davon ausgegangen, dass das Album Bushidos in den sachlichen Schutzbereich der Kunstfreiheit falle und dass seine Indizierung einen schwerwiegenden Eingriff in den Wirkbereich der Kunstfreiheit darstelle.
Die angegriffenen Entscheidungen gehen, ohne dass dies zu beanstanden wäre, davon aus, dass dieser Eingriff allerdings zu rechtfertigen sei. Die vom BVerwG bestätigte Abwägung der Bundesprüfstelle sei verfassungsrechtlich nicht zu bemängeln. Beide hätten sich ausführlich mit den zu gewichtenden Belangen der Kunstfreiheit und des Jugendschutzes befasst.
Das Bushido-Kunstwerk müsse im Licht des Genres „Gangsta-Rap“ und seiner typischen Eigenschaften (u.a. musikalisch unterlegte und geführte Auseinandersetzung in harter Sprache als selbstermächtigende Reaktion auf Marginalisierung, die unter anderem auf antikonventionelle Stilmittel wie Übertreibung, Gewaltfantasien, Abwertung anderer Personen und Gruppen, Provokation und sogenanntes „Posing“ als betonte Selbstermächtigung setzt) betrachtet werden. Eine solche werkgerechte Interpretation des indizierten Tonträgers hätten die Bundesprüfstelle und das BVerwG vorgenommen.
Sie hätten das Kunstwerk auch keiner kunstfreiheitswidrigen Niveau-, Stil- oder Inhaltskontrolle unterworfen. Die Bundesprüfstelle und das BVerwG hätten vielmehr unter Bezugnahme auf die Wertschätzung des Werkes in Kritik und Wissenschaft das Gewicht der Kunstfreiheit im konkreten Fall bestimmt und in die Abwägung eingestellt.
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Frauenverachtende und homophobe Texte
Maßgeblich für die Entscheidung, dem Jugendschutz gegenüber der Kunstfreiheit Vorrang einzuräumen, sei die nachvollziehbare und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Erwägung, dass sich Bushido in dem indizierten Album von den dem Wortlaut nach unbestritten frauenverachtenden, homophoben und gewaltverherrlichenden Textpassagen nicht etwa durch Verfremdung oder satirische Überspitzung oder gar ausdrücklich distanziert habe. Dass es sich bei den Texten um im Genre des „Gangsta-Rap“ typische Wortspielereien handeln solle, die keinen Realitätsbezug aufwiesen, sei jedenfalls nicht ohne weiteres erkennbar. Durch die Bezugnahme auf autobiografische Details und durch das künstlerische Konzept von „Sonny Black“ als Alias seiner selbst stärke Bushido im Gegenteil die Identifikation mit diesem Charakter und dessen Verhalten.
Die in dem von Bushido in Auftrag gegebenen Privatgutachten zum Ausdruck kommende Argumentation, dass bei werkgerechter Interpretation mit den Texten keine Herabwürdigung von Frauen, Homosexuellen oder Schwachen verbunden sei, Gewalt nicht glorifiziert werde und bei Aufrechterhaltung der Indizierung das gesamte Genre „Gangsta-Rap“ verboten werden müsste, dass alles nur Fiktion sei, „Sonny Black“ ein lyrisches Ich, dessen Aussagen die Rezipienten, die den „Gangsta-Rap“ verstanden hätten, einzuordnen wüssten, erschien für das BVerfG nicht zwingend.
Gegen diese Deutung sprächen vielmehr die in den Texten des indizierten Albums benutzten, für sich genommen eindeutig abwertenden Begriffe und klar gewaltverherrlichenden Aussagen. Die Texte ließen auch erkennen, dass Bushido die Möglichkeit einer solchen Rezeption bewusst sei und er sein künstlerisches Wirken auch darauf anlege. Insofern dürfe die Abwägung nicht allein auf werkgerechter Interpretation beruhen, sondern müsse auch die realen Auswirkungen eines Kunstwerks berücksichtigen. Die angegriffenen Entscheidungen stützten sich insoweit auf Erkenntnisse dazu, dass Kinder und Jugendliche den Wortlaut der Texte ernst nehmen würden, die besungenen Worte adaptierten, Taten nachahmen und dem Alias „Sonny Black“ insgesamt als Vorbild nacheifern könnten. Das, so schließt das BVerfG, sei verfassungsrechtlich jedenfalls nicht fehlsam.
Ein Auszug aus dem Song-Titel „Crackdealer Sound“, worauf das BVerfG explizit Bezug genommen hat:
Ja ich schieße auf Politiker, Minister, zielsicher
Bin der Attentäter (..)
tsp