Das AG Düsseldorf durfte den Ex-Fußballprofi Christoph Metzelder in einer Pressemitteilung über eine Anklage gegen ihn namentlich nennen. Details zur Anklage durfte das AG jedoch nicht verraten, entschied nun das OVG.

Von 9EkieraM1 – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen hat dem Amtsgericht (AG) Düsseldorf die Verbreitung einer Pressemitteilung mit Details aus der Anklageschrift gegen den ehemaligen Fußballprofi Christoph Metzelder untersagt. Das AG sei nicht berechtigt, Details aus einer bei ihm eingegangenen Anklage gegen einen ehemaligen Profifußballspieler per Pressemitteilung öffentlich bekannt zu machen. Allerdings sei es dem AG im konkreten Fall aber erlaubt, Medienvertreter wahrheitsgemäß unter Namensnennung über die Anklageerhebung und den Tatvorwurf in abstrakter Form unter Hinweis auf die Unschuldsvermutung zu unterrichten. Dies hat das OVG nun im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden und den vorausgegangenen Beschluss des Verwaltungsgerichts (VG) Düsseldorf teilweise geändert Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes (Beschluss v. 04.02.2021, Az. 4 B 1380/20).

AG veröffentlichte Pressemitteilung zu Metzelder

Kurz nachdem die Staatsanwaltschaft per Pressemitteilung über die Anklageerhebung in anonymisierter Form und ohne Nennung des Strafvorwurfs informiert hatte, hatte das AG Düsseldorf wegen zahlreicher Medienberichte und -anfragen ebenfalls hierüber eine Pressemitteilung herausgegeben, die auch im Internet veröffentlicht wurde. Darin informierte das Gericht darüber, dass die Staatsanwaltschaft gegen Metzelder Anklage wegen Verbreitung und Besitzes von Kinder- beziehungsweise Jugendpornografie erhoben habe und offenbarte Details der Anklage, die zuvor nicht öffentlich bekannt waren.

Der daraufhin von Metzelder beim VG Düsseldorf gestellte Eilantrag blieb erfolglos (VG Düsseldorf, Beschluss vom 14.09.2021, 20 L 1781/20). Das AG Düsseldorf dürfe mit einer Pressemitteilung über eine bei ihm eingegangene Anklageerhebung unterrichten, im Einzelfall gar unter Benennung des Namens sowie der ihm vorgeworfenen Taten einschließlich der Tathandlungen, so das VG. Die stets erforderliche Abwägung der widerstreitenden Interessen der Informationsfreiheit der Presse auf der einen und des Persönlichkeitsschutzes des Betroffenen auf der anderen Seite könne nach den Umständen des Einzelfalles zu einem Vorrang des öffentlichen Interesses führen, wenn einer prominenten Person Straftaten, die die Öffentlichkeit besonders berühren, vorgeworfen werden (hier: Erwerb und Besitz bzw. Besitzverschaffung kinder- und jugendpornographischer Schriften).

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Verstoß gegen gebotene Sachlichkeit

Die dagegen gerichtete Beschwerde hatte nun teilweise Erfolg. Zur Begründung seines Beschlusses hat das OVG NRW ausgeführt, dass entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts die Pressemitteilung sehr wohl das Recht Metzelders auf ein faires Verfahren und sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletze.

Die öffentliche Berichterstattung über den Strafvorwurf greife erheblich in das Persönlichkeitsrecht Metzelders ein. Medieninformationen der Pressestelle des Amtsgerichts über das Strafverfahren, denen amtliche Authentizität zukomme, müssten mit Blick auf die Unschuldsvermutung und die Auswirkungen auf das Strafverfahren gerade zu seinem Beginn mit der gebotenen Sachlichkeit, Objektivität und Zurückhaltung erfolgen.

Die Pressemitteilung des Amtsgerichts in diesem frühen Verfahrensstadium hätte danach nicht ohne vorherige Anhörung Metzelders erfolgen dürfen und gehe über den zulässigen Inhalt hinaus.

So sei in der Pressemitteilung gegen das Sachlichkeitsgebot verstoßen worden, soweit darin an prominenter Stelle bereits im ersten Absatz unzutreffend mitgeteilt worden war, dass gegen Metzelder „wegen Verbreitung kinderpornografischer Schriften“ Anklage erhoben worden sei.

Metzelder jedoch sei nicht wegen Verbreitung kinderpornografischer Schriften nach § 184b Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuches (StGB), sondern wegen des Unternehmens, einer anderen Person Besitz an kinderpornographischen Schriften zu verschaffen (§ 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB), angeschuldigt.

Der Wahrheitsgehalt des Inhalts der streitgegenständlichen Pressemitteilung werde durch die Verwendung des Begriffs der Verbreitung objektiv vergröbert und zu Lasten des Antragstellers verfälscht, so das OVG in seinem Beschluss. Bei dem Tatbestand des Verbreitens kinderpornografischer Schriften handele es sich um ein eigenständig im Strafgesetzbuch geregeltes und von dem Tatbestand des Unternehmens, einer anderen Person den Besitz an kinderpornografischen Schriften zu verschaffen, unterschiedenes Delikt. Vor allem wiege das Delikt des Verbreitens kinderpornografischer Schriften für sich genommen deutlich schwerer. Tatsächlich werde Metzelder insoweit „nur“ vorgehalten, er habe Dateien an eine einzelne Person weitergeleitet.

Außerdem habe die in Rechte Metzelders eingreifende Pressemitteilung nicht für die Allgemeinheit im Internet zugänglich gemacht werden dürfen, weil es dafür keine Ermächtigungsgrundlage gebe.

Hinweis an die Medien müsse geduldet werden

Indes müsse es Metzelder aber wegen der Besonderheiten des Einzelfalles hinnehmen, wenn das Amtsgericht die Medien, die sich auf die Pressefreiheit berufen könnten, durch sorgfältig formulierte Informationen wahrheitsgemäß und unter Namensnennung über den Tatvorwurf in abstrakter Form unter Hinweis auf die Unschuldsvermutung unterrichte. Für eine solche Information liege der erforderliche Mindestbestand an Beweistatsachen vor. Dabei sei nach vorheriger Anhörung des Antragstellers gegebenenfalls knapp und ohne nähere Einzelheiten mitzuteilen, dass dieser den Vorwürfen entgegentrete.

In Bezug auf das weitergehende Begehren, dem Amtsgericht bestimmte Vorgaben für seine künftige Pressearbeit zu dem Strafverfahren zu machen, blieb die Beschwerde erfolglos. Der Antragsteller könne hier keinen – nur ausnahmsweise zulässigen – vorbeugenden Rechtsschutz beanspruchen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.