Das bekannte Sylt-Video aus dem Pony-Club macht weiter Schlagzeilen: Denn seit Mittwoch gibt es einen Beschluss des LG München zu der Frage, ob das Video in der unverpixelten Version hätte verbreitet werden dürfen.

Die BILD hätte die singende Frau aus dem Sylt-Video in ihren Berichten nicht unverpixelt zeigen dürfen. Das entschied nun das Landgericht (LG) München I im Eilverfahren, nachdem die junge Frau, die zu Beginn des Clips zu sehen war, eine einstweilige Verfügung erwirkte. In seiner Begründung verwies das LG auf die Antragschrift ihrer Anwältin (Beschl. v. 12.06.2024 – Az. 26 O 6325/24).

Vor wenigen Wochen machte ein Video aus dem elitären Pony-Club auf Sylt große Schlagzeilen. Zu sehen waren mehrere offensichtlich sehr privilegierte junge Menschen, die eine rassistische Parole zu dem Lieg „L’armour toujours“ von Gigi d’Agostino sangen. Die Nachwehen des Sylt-Videos halten noch immer an, die juristische Aufarbeitung hat mittlerweile begonnen. Die Frage nach den Strafbarkeiten ist zwar noch ungeklärt, die Behörden ermitteln noch.  

LG untersagt die Verbreitung der Fotos

Das LG verbietet die Verbreitung des Fotos der Dame im Vordergrund des Clips. Auch verboten wurde die Verbreitung vieler Screenshots, die die Bild-Zeitung als Titelbild oder sonst zur Bebilderung verwendete. Darüber hinaus wurde die Veröffentlichung eines weiteren Fotos untersagt, das die junge Frau auf der Tanzfläche mit einem Mann zeigt. Auch die Namensnennung des Vornamens der Frau ebenso wie eine mittelbare Identifizierung durch die Nennung des Namens ihres Freundes wurden untersagt. In seiner Begründung verweist das Gericht im Beschluss auf die Antragsschrift der Anwältin.

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Die Anwältin vertrat in ihrer Antragschrift die Ansicht, dass das Persönlichkeitsrecht hier den Interessen des Verlages an der Berichterstattung überwiege. Sie spricht an, dass die Betroffene in zahlreichen Berichterstattungen in Bild und Video voll erkennbar und großformatig gezeigt wurde, teils sogar mit der Nennung ihres (abgekürzten) Namens. Die mit dieser Art der Berichterstattung verbundene Stigmatisierung und Prangerwirkung mit der Folge sehr konkreter sozialer Ausgrenzung gehe der Anwältin bei aller berechtigter Kritik zu weit. Dieser Einschätzung folgte das LG München I letztlich.

Öffentliches Interesse überwiegt hier nicht

Es lassen sich zwar durchaus Argumente dafür finden, das Sylt-Video als ein historisches Ereignis zu betrachten. Denn der Vorfall unterstreicht, dass rechtsextreme Slogans (selbst wenn sie nicht ernst gemeint sein sollten) in unterschiedlichen Gesellschaftsschichten verbreitet werden. Auf der anderen Seite muss die Ausnahmeregelung in § 23 Abs. 2 Kunsturhebergesetz (KUG) beachtet werden. Denn selbst wenn ein historisches Ereignis vorliegen sollte, ist die Veröffentlichung eines Bildes unzulässig, wenn die berechtigten Interessen der abgebildeten Person dagegensprechen. Dies könnte bei einer Prangerwirkung der Fall sein.

Trotzdem: Es gibt keinen generellen Vorrang des Persönlichkeitsrechts, nur weil die Berichterstattung eine Person stigmatisiert. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss auch in solchen Fällen abgewogen werden, ob es triftige Gründe für eine identifizierende Berichterstattung gibt (1 BvR 131/96). Solche Gründe könnten dann vorliegen, wenn ein öffentliches Interesse an der Identität der betroffenen Person besteht. Das LG München I hat hier offenbar kein solches Interesse gesehen.

Berichten nach prüft die BILD aktuell die Rechtsmittel. Das Unternehmen kann nun Widerspruch gegen den Beschluss einlegen. Dann käme es zur mündlichen Verhandlung vor dem LG München I.

agr