Der Jugendschutz im Internet darf nicht nur halbherzig umgesetzt werden. Nur die Kennzeichnung von pornographischen Inhalten mit einem Jugendschutzlabel reicht nicht aus, wenn die Webseite ansonsten frei zugänglich ist. Das VG Düsseldorf bestätigte deshalb nun die Beanstandung von drei Internetseiten durch die Landesanstalt für Medien NRW. Als Folge der Entscheidung könnten weiteren pornographischen Webseiten bald die Abschaltung drohen.

Die Landesanstalt für Medien NRW hat schon im vergangenen Jahr Verfahren gegen drei große Porno-Seiten aus Zypern eingeleitet, um ihnen die künftige Verbreitung in Deutschland zu untersagen. Dabei veröffentlichte die Anstalt nicht die Namen der Seiten, allerdings werden bekannte Seiten wie YouPorn, Pornhub und xHamster von Konzernen betrieben, die ihren Sitz in Zypern haben. Die Betreiber der Seiten klagten gegen die Entscheidungen der Medienanstalt und stellten zusätzlich Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz vor dem Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf. Dieser lehnte den Eilrechtsschutz für alle Porno-Seiten nun aber in drei Beschlüssen ab und bestätigte damit das Vorgehen der nordrhein-westfälischen Landesanstalt (Beschlüsse vom 01.12.2021, Az. 27 L 1414/20, 27 L 1215/20, 27 L 1416/2020).

Geringe Erfolgsaussichten für Pornoseiten-Betreiber

Das VG Düsseldorf überprüfte in den Verfahren, ob gewichtige Gründe der Seiten-Betreiber gegen eine sofortige Umsetzung der Beanstandungen der Medienanstalt sprechen. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten in dem Hauptklageverfahren zu berücksichtigen – sehen diese gut aus, wird in vielen Fällen auch der vorläufige Rechtsschutz gewährt. Allerdings ist das Gericht der Ansicht, dass Überwiegendes dafürspreche, dass die Klagen der Betreiber erfolglos bleiben. Denn die frei zugänglichen Angebote pornographischer Inhalte verstoßen nach Ansicht der Richter gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1. Satz 2 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV). Die Entscheidung der Medienanstalt zur Beanstandung dieser Angebote werteten sie deshalb als rechtmäßig. Die Beanstandung beruhte auf der Tatsache, dass die Porno-Seiten freizugänglich im Internet aufrufbar waren. Sie waren lediglich mit einem Jugendschutzlabel versehen. Eine tatsächliche Altersüberprüfung oder Zugangskontrolle fand indessen nicht statt.

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VG Düsseldorf sieht Verstoß gegen Jugendschutzrecht

Das Düsseldorfer Gericht entschied in seinen Beschlüssen auch darüber, ob die Vorschriften des deutschen JMStV überhaupt auf Konzerne in Zypern anwendbar sein kann. Die Verwaltungsrichter entschieden, dass die Vorschriften des deutschen JMStV anwendbar seien, auch wenn eine Internetseite vom EU-Ausland aus betrieben werde. Das von der zuständigen Landesanstalt für Medien NRW betriebene Verfahren verstoße weder gegen nationales Verfassungsrecht noch gegen Völkerrecht oder das Recht der Europäischen Union. Insbesondere könnten sich die Porno-Seiten nicht auf das sogenannte Herkunftslandprinzip berufen. Dies besagt, dass sich Betreiber von Internetseiten aus einem EU-Mitgliedsstaat grundsätzlich nur an die dort geltenden Gesetze halten müssen. Zur Durchsetzung eines effektiven Jugendschutzes müsse hier aber das strenge deutsche Jugendmedienschutzrecht Anwendung finden.

Das VG Düsseldorf befürchtet andernfalls schwerwiegende Gefahren für Kinder und Jugendliche, die durch den freien Zugang zu pornographischen Inhalten entstünden. Studien hätten gezeigt, dass etwa die Hälfte der dort befragten Kinder und Jugendlichen schon frei zugängliche Pornografie im Internet konsumiert hätten, während nur knapp ein Viertel der Eltern Geräte oder Programme genutzt habe, um solche Inhalte zu blockieren. Es sei daher nicht zu beanstanden, dass nach deutschem Recht eine reine Kennzeichnung solcher Internetseiten mit sogenannten Jugendschutzlabeln nicht ausreiche. Es müsse vielmehr sichergestellt werden, dass ausschließlich Erwachsene auf die Inhalte zugreifen können. Das kann beispielsweise durch ein System zur Altersverifikation ermöglicht werden.

Das VG Düsseldorf weist zudem daraufhin, dass der Staat Zypern ausreichend über die Verfahren und Maßnahmen informiert und eingebunden wurde. Gegen die Beschlüsse kann eine Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht NRW zu entscheiden hätte.

Folgen der Beschlüsse

Die gerichtliche Bestätigung der Beanstandung könnte in Zukunft dazu führen, dass die Landesmedienanstalten weiteren pornographischen Webseiten die Verbreitung ihrer Inhalte in Deutschland untersagen werden. Betroffen sein könnten unter anderem viel besuchte Seiten wie YouPorn, Pornhub oder xHamster. Die Abschaltung droht zumindest für alle, die keine angemessene Zugangsbeschränkung für Minderjährige einrichten. Die Altersverifikationssysteme müssen nach Vorstellungen der Kommission für Jugendmedienschutz, die ein Organ der Landesmedienanstalten ist, zumindest einmalig eine tatsächliche Identifizierung durchführen. Im Anschluss könnte der Zugang wohl durch Nutzerkonten erfolgen. Die erstmalige Altersüberprüfung erfordert aber unweigerlich eine Preisgabe von persönlichen Daten. In manchen Fällen, in denen eine solche Verifikation heute schon stattfindet, müssen Nutzer ihren Personalausweis einem Mitarbeiter in einem kurzen Videochat vorzeigen, andere Systeme funktionieren aber auch mit automatisierter Überprüfung, ohne dass eine reale Person zugeschaltet ist. Nichtsdestotrotz befürchten die großen Porno-Webseiten einen großen Einbruch an Konsumenten, die wegen der noch anhaltenden Tabuisierung vom Konsum pornographischer Inhalte in keiner Form ihre Identität preisgeben wollen.

ses