Fußballer Jerome Boateng sprach in einem Interview abfällig über Kasia Lenhardt, seine Ex-Partnerin. Wenig später verstarb sie. Die Mutter der verstorbenen Kasia ging nach dem Tod ihrer Tochter gerichtlich gegen die Aussagen des Fußballers vor. Nun entschied das KG Berlin, ob die Aussagen zulässig waren.

Jerome Boateng, Von Martin Kraft – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0

Das Kammergericht (KG) Berlin hat entschieden, dass fünf Äußerungen des ehemaligen Nationalspielers Jérôme Boateng über seine Ex-Partnerin Kasia Lenhardt zulässig sind. Das Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass die Aussagen nicht derart schwerwiegend seien, dass sie verboten werden müssten (KG Berlin, Urt. v. 29.08.2024, Az. 10 U 168/22).

Im Februar 2021 verstarb Kasia Lenhardt, die 2012 durch ihre Finalteilnahme bei „Germany’s Next Topmodel“ auf sich aufmerksam machte. Die Berliner Polizei bestätigte damals einen Einsatz bei einer leblosen Person, bei der keine Anzeichen für Fremdeinwirkung vorlagen. Bereits Ende 2019 kamen erste Gerüchte über eine Beziehung zwischen Lenhardt und Boateng auf. Anfang 2021, kurz vor ihrem Tod, gab Boateng die Trennung bekannt.

In einem Interview nach der Trennung behauptete Boateng dann unter anderem, seine Ex-Freundin habe seine Beziehung zu seinen Kindern aus einer früheren Partnerschaft genutzt, um ihn zu erpressen. Außerdem sprach er von Alkoholproblemen. Das Interview wurde kurz nach der Trennung des Paares veröffentlicht. Die Mutter der verstorbenen Kasia Lenhardt wollte erreichen, dass Boateng für die Aussagen eine Unterlassungserklärung abgeben muss. Im November 2022 entschied das Landgericht (LG) Berlin II, dass Boateng eine bestimmte Aussage aus einem Interview nicht mehr wiederholen dürfe. Das Gericht gab damit jedoch nur einem von sechs Anträgen statt und wies die restliche Klage ab. Obwohl die Aussagen teilweise das Bild der Verstorbenen verzerren könnten, sah das Gericht dies nicht als erheblich an. Lenhardts Mutter legte gegen das Urteil Berufung ein und forderte, dass Boateng auch die anderen fünf Aussagen unterlassen müsse – jedoch ohne Erfolg.

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Aussagen verletzen postmortalen Achtungsanspruch nicht

Auch vor der zweiten Instanz, dem KG Berlin, hatte die Mutter der verstorbenen Lenhardt nun keinen Erfolg. Das KG begründete seine Entscheidung damit, dass die beanstandeten Äußerungen den postmortalen Achtungsanspruch der Verstorbenen nicht verletzen würden. Für eine Verletzung des postmortalen Achtungsanspruchs müsse eine eindeutige Verletzung der Menschenwürde vorliegen. Das Gericht erklärte, dass es der Mutter auch nach dem Tod ihrer Tochter um deren „Achtungsanspruch“ gegangen sei. Die Aussagen Boatengs, die beanstandet würden, könnten zwar „verletzend“ sein. Allerdings seien sie nicht derart schwerwiegend und nicht derart grob verletzend, dass sie verboten werden müssten. Daher bestehe kein entsprechender Anspruch.

Außerdem lehnte das Gericht auch eine Verletzung des postmortalen Geltungsanspruchs ab. Dafür hätte die Verstorbene ein Lebensbild hinterlassen müssen, also eine besondere Lebensleistung, die zu einem besonderen öffentlichen Ansehen führe, wie das Gericht erklärte. Die Rechtsprechung hat ein solches Lebensbild beispielsweise bei Marlene Dietrich oder Dr. Helmut Kohl anerkannt. Bei der verstorbenen Lenhardt sah das Gericht jedoch kein solches Lebensbild.

Ein Vergleich wurde abgelehnt

Das Gericht betonte in der mündlichen Verhandlung, dass es nicht um Schuld oder Unschuld gehe. Außerdem stünde nicht im Vordergrund, wer was getan habe, sondern um die Frage, wie weit man sich in der Öffentlichkeit über andere äußern dürfe. Vor allem dann, da die betroffene Person kurz nach den Äußerungen verstorben sei. Der Vorschlag eines Vergleichs, der durch das Gericht unterbreitet wurde, wurde abgelehnt. Bei dem Vergleich hätte Boateng eine Unterlassungserklärung abgeben und die Mutter die Kosten des aktuellen Verfahrens übernehmen sollen.

Kürzlich war Boateng wegen eines Strafprozesses wieder in den Schlagzeilen. Wegen vorsätzlicher Körperverletzung verwarnte das LG München I den ehemaligen Nationalspieler und verhängte eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 5.000 Euro unter Vorbehalt. Ähnlich wie bei einer Freiheitsstrafe auf Bewährung muss der 35-Jährige diese 200.000 Euro nur zahlen, wenn er gegen seine Auflagen verstößt. Die Münchner Staatsanwaltschaft akzeptiert das Urteil jedoch nicht und hat bereits Revision eingelegt.

agr