Auch der beliebte Umzug nach Portugal befreit deutsche Streamer nicht von der Glücksspielaufsicht. Gegen ein Verbot wegen Werbung für unerlaubtes Glücksspiel zog ein großer deutscher Online-Casino-Streamer deshalb vor Gericht. Das OVG Sachsen-Anhalt hatte zu entscheiden, ob auch „Entertainment“-Streams unerlaubt für Glücksspiel werben können.

Werbung für unerlaubte Online-Casinos sei auch dann verboten, wenn ein Streamer seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort im Ausland hat. Solche Streams seien nicht nur unterhaltend, sondern hätten auch werbenden Charakter. Dass hierfür eine Gegenleistung erhalten werde, sei bei regelmäßigen Streams zu vermuten. Eine unerlaubte Werbung läge auch vor, wenn die Casino-Website in Deutschland durch Geoblocking gesperrt sei. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen-Anhalt erteilte einem in Portugal lebenden Streamer mit diesem Beschluss eine Absage (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 11.07.2024, Az. 3 M 105/24).

Die Glücksspielaufsicht hatte ihm untersagt, sich weiterhin bei Online-Automatenspielen in Livestreams zu zeigen. Sie sah darin Werbung für unerlaubtes Glücksspiel (§ 5 Abs. 7 des Glücksspielstaatsvertrags 2021). Der Streamer machte per Eilantrag geltend, dass er das in Portugal erlaubte Online-Glücksspiel auch von seinem dortigen Wohnsitz aus streame. Der Stream sei außerdem nur zur Unterhaltung gedacht und damit keine Werbung. Das ließ das OOVG nicht gelten und bestätigte das Verbot im Eilverfahren.


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Deutsches Glücksspielrecht auch bei ausgewanderten Streamern anwendbar

Das Gericht befasste sich zuerst mit der Frage, warum ein Verbot nach deutschem Glücksspielrecht für einen Streamer in Portugal gelten kann. Grundsätzlich seien Behörden in ihrer Rechtsanwendung nämlich auf inländische Fälle beschränkt. Habe ein Fall Auslandsberührung, müsse es einen „hinreichenden Bezug“ zum inländischen Gebiet geben. Einen solchen Bezug sah das Gericht hier als gegeben an.

Zwar fänden die Streams von Portugal aus statt, wo der Streamer seinen Lebensmittelpunkt hat. Allerdings gehe es in dem Verbot um die Unterbindung von unerlaubter Werbung in Deutschland. Es komme damit nur darauf an, ob die Werbung in Deutschland abrufbar sei und der Effekt der Werbung auch hier eintrete. Zwar seien die Stream-Inhalte weltweit empfänglich, allerdings sei der ausschließlich in Deutsch erstellte Content auf den deutschsprachigen Raum und damit jedenfalls auch auf dortige Zuschauer gerichtet. Dass die Streamingdienste ihre Server-Infrastruktur in anderen Ländern hätten, sei hierfür nicht maßgeblich. Das Verbot verstoße insoweit auch nicht gegen EU-Recht.

Nicht nur bloße Unterhaltung, sondern Werbung

Der Streamer habe, so das Gericht, durch seine Glücksspiel-Streams bis heute für unerlaubtes Glücksspiel geworben, indem er jedenfalls mittelbar den Absatz des jeweiligen Glücksspielunternehmens gefördert habe. Denn die Streams würden zumindest das Interesse seiner Zuschauer an den Glücksspiel-Inhalten bzw. -Produkten wecken. Durch den Einsatz von Streamern als Werbepartnern würden die Zuschauer „auf emotionaler Ebene“ mit dem Glücksspiel konfrontiert, weil sie die Emotionen des Streamers verfolgten.

Außerdem setzten solche Streams auch suchtspezifische Reize („Trigger“), die gefährdete Spieler mit dem Spielergebnis assoziieren würden. Das OVG stellte dabei beispielhaft auf das Klimpern von Münzen ab, das bei Online-Casinos digital abgespielt werde.

Auch für nicht spielsuchtgefährdete Zuschauer würden die Streams Anreize schaffen, das Glücksspiel selbst auszuprobieren. Insbesondere auch für Zuschauer, die den Streamer noch von seinen anderen Streams (GTA V) kennen und ihm durch Nachahmung besonders nah sein wollten, seien die Streams eine glaubwürdige Empfehlung.

Text-Hinweis ist nur „Alibi“

Das Gericht ließ auch nicht gelten, dass der Streamer seit dem Verbot den folgenden Text-Hinweis in seine Streams eingebaut hatte: „Dieser Stream dient nur der Unterhaltung Er stellt keine Aufforderung dar, an Glücksspielen teilzunehmen. Glücksspiel kann süchtig machen und in deinem Land erst ab einem bestimmten Alter (> 18 Jahren) erlaubt oder generell verboten sein. Du musst die jeweiligen, auf deinen Aufenthaltsort zutreffenden Glücksspielgesetze beachten.

Ähnliche Hinweise gab der Streamer auch durch deutliche Worte wie „Spielt auf keinen Fall Casino […] Ihr werdet euer Geld verhauen. Ich mach das nur wegen der Unterhaltung“.

Dem OVG zufolge diene eine solche „Anti-Werbung“ dem Streamer vor allem dafür, seine Streams trotz Verbots weiterführen zu können. Sie hätten daher lediglich eine „Alibi-/Haftungsausschlussfunktion“, die den werblichen Charakter nicht ausgleichen könne. Das gelinge vor allem nicht, da der Streamer seine Gewinne reißerisch darstelle und zudem auch Einblicke in sein teures Privatleben mit Sportwagen und Reisen geben würde.

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Gegenleistung wird vermutet

Dem Streamer gelang es in seinem Eilantrag auch nicht zu widerlegen, dass er für seine Streams eine Gegenleistung erhält. Laut dem OVG könne man bei täglichen, oft mehrstündigen Streams widerleglich vermuten, dass die Glücksspielanbieter auch eine Gegenleistung versprechen. Das liege nahe, da der Streamer für seine Online-Glücksspielstreams vom Streamingdienst Twitch.tv auf Kick.com wechseln musste. Erstere Plattform hatte bestimmte Glücksspielanbieter in seinen Nutzungsbedingungen verboten. Die dortige deutlich niedrigere Abonennten- und Zuschauerzahl würde angesichts der langen Streams darauf schließen lassen, dass der Streamer anderweitig kompensiert werde.

Dass der Streamer mit dem Gewinnspielanbieter keinen Werbevertrag habe, was er eidesstattlich versicherte, würde hier keine Rolle spielen. Es sei schließlich auch denkbar, dass er aufgrund anderer Verträge von einer Geschäftsbeziehung mit dem Anbieter profitiere.

Der Streamer konnte für diese Vermutungen – zumindest im Eilverfahren – keinen Gegenbeweis liefern.

Werbung auch für geblockte Websites

Dem Streamer half auch nicht, dass die Glücksspiel-Websites, für die er laut Gericht Werbung machte, in Deutschland aufgrund von Geoblocking nicht zugänglich sind. Das Gericht stellt darauf ab, dass sich eine solche Ländersperre durch VPN umgehen ließe. Die Einrichtung eines entsprechenden Glücksspielkontos sei damit möglich und die Zahlung in die Glücksspielbörse sei durch Crypto-Wallets „relativ verlässlich“ abzuwickeln.

Das Verbot der Glücksspielaufsicht bleibt damit vorerst aufrecht und der Streamer muss seine Online-Casino-Streams einstellen. Es bleibt abzuwarten, ob er nach dem überraschend ausführlich Eilverfahrensbeschluss auch in einem Hauptsacheverfahren vorgeht. Da er nach eigenen Angaben seinen Lebensunterhalt aus den Streams bestreitet, liegt das im Moment nicht fern.

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