Das OVG Lüneburg hat im Rahmen eines einstweiligen Verfahrens entschieden, dass die Generalstaatsanwaltschaft weiterhin in der Wulff-Affäre den Vorwurf der Vertuschung von einem Mitangeklagten weiterverbreiten darf. Hierin liege keine Ehrverletzung. Denn er führte nur zu der Aufnahme von Ermittlungen. Außerdem bestehe keine Wiederholungsgefahr.
Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 12. Juli 2013 – 13 ME 112/13 – in einem Beschwerdeverfahren eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover vom 31. Mai 2013 – 1 B 3100/13 – bestätigt, mit der ein auf die Unterlassung von Äußerungen gerichteter Eilantrag des Filmproduzenten David Groenewold abgelehnt worden ist. Dieser hat gegen den Celler Generalstaatsanwalt im Eilverfahren einen Unterlassungsanspruch wegen ehrverletzender unwahrer Tatsachenbehauptungen geltend gemacht. Die Staatsanwaltschaft Hannover erhob am 12. April 2013 gegen den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff und den Antragsteller die öffentliche Klage vor dem Landgericht Hannover wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit bzw. Bestechung. Nicht Gegenstand der Erhebung der öffentlichen Klage waren die Umstände der Finanzierung eines „Sylt-Urlaubes“ der Familie Wulff im Jahr 2007. Die „Bild“-Zeitung hatte in diesem Zusammenhang am 8. Februar 2012 behauptet, der Antragsteller habe die Angestellten eines Sylter Hotels zu Stillschweigen verpflichtet sowie die Aushändigung von Rechnungen und Belegen verlangt. Gegen diese Veröffentlichung hatte der Antragsteller beim Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung erwirkt (Beschl. v. 14.02.2012 – 28 O 71/12 -). In Bezug auf den „Sylt-Urlaub“ wurde das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren letztlich mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Das gesamte Ermittlungsverfahren, die Erhebung der öffentlichen Klage und die Staatsanwaltschaft selbst waren in verschiedenen Medien erheblicher Kritik ausgesetzt. Der Generalstaatsanwalt gab im Zusammenhang mit der Erhebung der öffentlichen Klage u. a. der Zeitung „Welt am Sonntag“ ein Interview, in dem er die Gründe für die Aufnahme des Ermittlungsverfahrens im Frühjahr 2012 und den Verfahrensablauf erläuterte. In der Ausgabe der „Welt am Sonntag“ vom 21. April 2013 erschien der aus diesem Interview resultierende Zeitungsartikel mit dem Titel „Wir mussten Wulff anklagen“, in dem es unter anderem heißt:
„Lüttig erklärte, dass seine Behörde im Februar 2012 nach den umfänglichen Medienberichten über den damaligen Bundespräsidenten keine andere Möglichkeit gehabt habe, als ein offizielles Ermittlungsverfahren gegen Wulff einzuleiten. „Es war ein Punkt erreicht, an dem es nicht mehr anders ging.“ Ausschlaggebend für die Aufnahme der Ermittlungen seien am Ende Presseberichte gewesen, die belegten, dass Wulffs Mitangeklagter David Groenewold versucht habe, „Beweise aus der Welt zu schaffen“.“
In Bezug auf den letztgenannten Satz hat der Antragsteller einen Gegendarstellungsanspruch gegenüber der Verlegerin der „Welt am Sonntag“ durchgesetzt (LG Berlin, Urt. v. 23.05.2013 – 27 O 264/13 -). Der Antragsteller forderte zudem den Generalstaatsanwalt erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung auf. Den anschließenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Verwaltungsgericht abgelehnt (vgl. Pressemitteilung des VG Hannover vom 6. Juni 2013). Die dagegen gerichtete Beschwerde hat der Senat nunmehr zurückgewiesen. Es ist schon nicht glaubhaft gemacht worden, dass der Generalstaatsanwalt selbst den sich aus der früheren Presseberichterstattung ergebenden „Vertuschungsvorwurf“ in unwahrer Weise als erwiesen bzw. „belegt“ dargestellt hat. Dieser hat in Abrede gestellt, im Rahmen des Interviews gegenüber der Zeitung den Begriff „belegen“ überhaupt verwendet zu haben. Er habe vielmehr stets erklärt, dass es sich um einen aus der Presseberichterstattung ergebenden Vorwurf bzw. einen Verdacht gehandelt habe. Abgesehen davon muss dem Durchschnittsleser klar gewesen sei, dass die im Zeitungsartikel in Bezug genommene Presseberichterstattung keineswegs vom Generalstaatsanwalt oder der zuständigen Staatsanwaltschaft als „Beweis“ angesehen werden konnte, sondern lediglich als Anlass für die Aufnahme von Ermittlungen, um den damit in Zusammenhang stehenden möglicherweise strafrechtlich relevanten Sachverhalt weiter aufzuklären. Schließlich ist weder eine Wiederholungsgefahr noch eine Eilbedürftigkeit der vom Antragsteller erstrebten gerichtlichen Anordnung ersichtlich.
Quelle: Pressemitteilung des OVG Lüneburg vom 16.07.2013