Schutz der persönlichen Ehre vor rechtswidrigen Äußerungen
Das Recht der persönlichen Ehre ist gerade im Internet sehr anfällig für Verletzungen geworden. Ob Hate Speech, Shitstorms und vermeintliche „Fake News“ – diese Phänomene tauchen in den sozialen Medien, auf Unternehmenswebseiten oder in Kommentarspalten immer häufiger auf. Doch welche Äußerungen müssen Betroffene aushalten? Wann ist eine kritische Äußerung von der Meinungsfreiheit gedeckt? Und was kann man tun gegen Schmähkritik oder unwahre Tatsachenbehauptungen?
Der Schutz der persönlichen Ehre ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und wird ebenso wie dieses über Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) geschützt. Sowohl der Staat als auch Privatpersonen müssen es beachten. Dieses Recht setzt dem Äußerungsrecht Dritter vor allem da Grenzen, wo unwahre Tatsachen behauptet und verbreitet werden oder Personen bzw. Unternehmen gezielt diffamiert werden sollen. Daneben wird die Ehre des Menschen auch über die strafrechtlichen Normen etwa der Verleumdung, üblen Nachrede und Beleidigung nach den §§ 185 ff Strafgesetzbuch (StGB) geschützt.
Wird das Persönlichkeitsrecht verletzt, kann man zivilrechtlich gegen den Äußernden vorgehen, ihn abmahnen oder vor Gericht ziehen. Betroffene haben hier u.a. Ansprüche auf Unterlassung und Löschung ehrverletzender Aussagen, außerdem können sie Schadensersatz und ggf. eine Geldentschädigung vom Verletzer verlangen.
Häufig ist an den Täter jedoch nicht so schnell heranzukommen. Daher können Betroffene auch vom Plattformbetreiber bzw. dem sozialen Netzwerk, bei dem eine ehrverletzende Aussage getätigt wurde, die Löschung eines ehrverletzenden Postings verlangen.
FAQ: Das Wichtigste zum Mitnehmen
Meinung oder Tatsache? Welche Äußerungen sind von der Meinungsfreiheit geschützt?
Fühlt sich jemand durch die Äußerung eines Dritten in seinem Persönlichkeitsrecht angegriffen, so muss zunächst geschaut werden, ob die vermeintlich verletzende Aussage eine Meinungsäußerung oder eine (unwahre) Tatsachenbehauptung ist. Je nachdem, wie die Einordnung ausfällt, unterliegt sie anderen Maßstäben.
Schließlich sind Meinungsäußerungen und wahre Tatsachenbehauptungen noch grundrechtlich über die Meinungsfreiheit, Art. 5 Abs. 1 GG geschützt. Danach sind grundsätzlich alle Meinungen schützenswert, unabhängig davon, ob sie wertvoll oder wertlos, provokant oder harmlos sind. Auch überzogene und scharfe Aussagen unterfallen der Meinungsfreiheit. Daher können sie nur in Ausnahmefällen zugunsten des Persönlichkeitsrechts eingeschränkt werden.
Unwahre Tatsachenbehauptungen hingegen genießen keinen solchen Schutz mehr, weil sie nicht der Meinungsbildung dienen. Daher sind sie meist rechtswidrig und in den meisten Fällen sogar strafbar (dazu gleich mehr). Als unwahr gelten nicht nur glatte Lügen, sondern etwa auch eine bewusst unvollständige Berichterstattung. Ist eine Tatsache bereits bewiesen unwahr, so muss der Betroffene die Aussage in der Regel nicht hinnehmen. Ist die Unwahrheit der Tatsache hingegen noch nicht bewiesen, so muss der Äußernde belegen und beweisen, dass er die Wahrheit gesagt hat. Kann er das nicht, gilt die Äußerung als unwahr.
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Wie grenzt man die Tatsachenbehauptung von der Meinungsäußerung ab?
Kurz gesagt: Ob eine Äußerung eine Tatsachenbehauptung darstellt, richtet sich danach, ob die Wahrheit des Inhalts bewiesen werden kann. Auch wenn diese Behauptung mit Zusätzen wie „ich meine“ oder „ich denke“ versehen wird, ändert das nichts daran, dass es alleine auf die Beweisbarkeit ankommt.
Handelt es sich hingegen um eine subjektive, nicht beweisbare Aussage, die nur eine persönliche Auffassung darstellt, so ist sie lediglich eine Meinung bzw. ein Werturteil. Diese ist durch ein Dafür- oder Dagegenhalten geprägt und kann nicht in wahr oder falsch kategorisiert werden. Beispiele für Werturteile sind Bewertungen, Prognosen, Zweifel und Schlussfolgerungen.
Doch nicht immer ist die Abgrenzung so einfach. Denn nicht selten werden Tatsachenbehauptung und Werturteil in einer Äußerung oder einer Berichterstattung miteinander vermischt. In solchen Fällen muss im konkreten Einzelfall ermittelt werden, wo der Schwerpunkt der Aussage liegt. Maßgeblich ist hier der Gesamteindruck. Insbesondere, wenn zwar Tatsachen behauptet werden, diese aber mit einem Werturteil verbunden sind oder wenn die Tatsache Grundlage für die Meinungsbildung ist, so fällt die Aussage im Zweifel noch unter die Meinungsfreiheit.
Meinungsfreiheit oder Ehrverletzung – wo liegt die Grenze?
Aufgrund des weiten Schutzbereichs und der Bedeutung der verfassungsrechtlich geschützten Meinungsfreiheit in einer pluralistischen Demokratie kann nicht jede Meinung, die dem Betroffenen missfällt, auch verboten werden. Und gerade die Äußerung wahrer Tatsachen müssen Betroffene grundsätzlich auch dann hinnehmen, wenn sie besonders unangenehm sind. Denn niemand hat einen Anspruch, in der Öffentlichkeit nur so dargestellt zu werden, wie er sich selbst gerne sehen würde. Doch zeigt bereits der Wortlaut des Art. 5 Abs. 2 GG, dass die Schranke der Meinungsfreiheit u.a. auch im „Recht der persönlichen Ehre“ zu ziehen ist. Es ist also durchaus möglich, dass jemand durch eine wahre Tatsachenbehauptung oder eine Meinungsäußerung einen anderen in dessen Rechten verletzt, weil die „Grenze“ des Erlaubten überschritten wurde.
Grundsätzlich erfolgt daher eine Abwägung der widerstreitenden Grundrechte im konkreten Einzelfall. Je tiefgreifender der Eingriff durch die Äußerung und je größer das Schutzbedürfnis der betroffenen Person, desto eher wird die Meinungsfreiheit zurücktreten müssen. So sind etwa wahre Tatsachenbehauptungen unzulässig, wenn Informationen aus der Intimsphäre verbreitet werden – etwa, wenn sie das Sexualleben betreffen oder Tagebücher veröffentlicht werden. Handelt es sich hingegen um Informationen aus der Privatsphäre, muss im Einzelfall abgewogen werden. Besteht z.B. ein besonderes Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit, kann hier das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen zurücktreten.
Die Meinungsfreiheit tritt in gewissen Fallgruppen (fast) immer hinter dem Persönlichkeitsrecht zurück: So, wenn die Menschenwürde der betroffenen Person verletzt wird. Strafrechtlich relevante Beleidigungen sind natürlich auch nicht mehr geschützt (dazu gleich mehr). Gerade bei wahren Tatsachenbehauptungen spielen auch die sog. Formalbeleidigungen eine wichtige Rolle. Dabei handelt es sich Äußerungen, die in einem besonders herabwürdigenden Ton, in einer gehässigen Einkleidung oder gegenüber einer übertriebenen Öffentlichkeit veröffentlicht wurden. Auch, wenn es sich um Äußerungen handelt, die eine Stigmatisierung und Prangerwirkung des Betroffenen zur Folge haben, ist dies im Zweifel nicht mehr zulässig.
Am Bekanntesten – nicht zuletzt durch das sog. „Schmähgedicht“ von Jan Böhmermann– ist die Fallgruppe der sog. Schmähkritik. Bei dieser Form der Kritik kommt es dem Äußernden nicht mehr auf die Auseinandersetzung in der Sache an, sondern nur noch darauf, den Betroffenen herabzuwürdigen, zu diffamieren und in seiner Würde zu verletzen. Entscheidend ist hier die sachliche Grundlage – liegt diese vor, ist eine Äußerung auch dann zulässig, wenn sie überzogen und drastisch erscheint. Wegen der Bedeutung der Meinungsfreiheit – und hierunter fällt auch die Satire – darf aber nicht jede Form der überspitzten Kritik als herabwürdigend beurteilt werden. Der Grat zwischen scharfen Werturteilen und Schmähkritik ist daher letztlich sehr schmal.
Wann sind Äußerungen strafbar?
Handelt es sich bei der Äußerung um eine unwahre Tatsachenbehauptung, so kommt zudem eine Verletzung von § 186 StGB (Üble Nachrede) sowie von § 187 StGB (Verleumdung) in Betracht. Eine Üble Nachrede begeht derjenige, der gegenüber Dritten über eine andere konkrete Person eine ehrverletzende Tatsache behauptet oder verbreitet, die nicht erweislich wahr und geeignet ist, die Person verächtlich zu machen bzw. in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Der Täter muss also selbst nicht wissen, dass die Tatsache unwahr ist. Vor Gericht muss er dann aber darlegen und beweisen, dass es sich um eine wahre Tatsache gehandelt hat. Gelingt ihm dieser Beweis nicht, so wird die Äußerung wie eine unwahre Tatsache behandelt. Die Üble Nachrede wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft. Weiß der Täter jedoch bereits zum Zeitpunkt der Äußerung, dass die verbreitete ehrverletzende Tatsache unwahr ist, so liegt eine Verleumdung vor. Hier droht eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren.
Sowohl durch eine Meinungsäußerung als auch durch eine Tatsachenbehauptung kann noch der Tatbestand der Beleidigung erfüllt sein, § 185 StGB. Eine Äußerung kann dann zur Beleidigung werden, wenn man die persönliche Ehre des anderen missachtet oder nicht achtet – z.B. wenn man den Wert des anderen geringer darstellt, als er tatsächlich ist. Nicht ausreichend sind demgegenüber bloße Unhöflichkeiten oder Taktlosigkeiten. Die Beleidigung kann man entweder direkt an das Opfer richten oder aber Dritten gegenüber herablassend über das Opfer reden. Wann das jetzt aber genau etwas beleidigend oder nur taktlos ist, kann man nicht anhand des Wortes bzw. der Tat pauschal sagen – es kommt immer auf den Kontext an, in dem die Äußerung erfolgt. Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Und wer sogar mit einer Tätlichkeit (z. B. Anspucken) beleidigt, wird noch härter bestraft: bis zu zwei Jahre Haft. Verfolgt wird die Beleidigung aber nur, wenn das Opfer bei der Polizei einen Strafantrag stellt.
Welche Ansprüche haben Betroffene bei ehrverletzenden Äußerungen?
Dem Betroffenen – egal ob Privatperson oder Unternehmen – stehen bei einer Persönlichkeitsrechtsverletzung durch eine Ehrverletzung diverse Ansprüche gegen den sich Äußernden zu.
- Unterlassung der Veröffentlichung der Äußerung
- Löschung, z.B. eines beleidigenden Postings
- Schadensersatz
- Herausgabe ungerechtfertigter Bereicherung
- Geldentschädigung bei schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen
- Auskunft
- Notice-and-takedown-Verfahren gegen den Plattformbetreiber
- Ansprüche gegen den Suchmaschinenbetreiber auf Löschung der Suchergebnisse
Diese Ansprüche können sowohl außergerichtlich – z.B. gegen den Rechtsverletzer durch eine Abmahnung – als auch vor Gericht geltend gemacht werden. Zusätzlich kann es empfehlenswert sein, Strafanzeige zu stellen, um die Identität des Äußernden zu erfahren.
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