Journalistische Sonderrechte
Die Länder sehen in verschiedenen Gesetzen bestimmte Sonderrechte für Journalisten vor. Dreh- und Angelpunkt dieser Privilegien ist die Beschaffung von Informationen. So haben sie ein Recht auf Auskunft gegenüber Behörden, das Recht auf Zugang insbes. zu staatlichen Veranstaltungen, den Quellenschutz sowie sog. Medienprivilegien im Hinblick auf den Datenschutz. Doch wie können Journalisten diese Ansprüche im Einzelnen geltend machen?
Auf einen Blick:
- Auskunftsrecht: Journalisten können Informationen von staatlichen Stellen anfordern.
- Zugangsrecht: Sie haben Zutritt zu öffentlichen Veranstaltungen und Gerichtsverhandlungen.
- Quellenschutz: Journalisten dürfen ihre Informationsquellen geheim halten.
- Datenschutz-Ausnahmen: Spezielle Regelungen schützen journalistische Arbeit vor strengen DSGVO-Vorschriften.
- Einschränkungen: Rechte können bei entgegenstehenden Geheimhaltungs- oder Interessenkonflikten beschränkt sein.
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Grundlagen der journalistischen Freiheit
Sonderrechte für Journalisten sind vom Gesetzgeber in den Landespressegesetzen (LPG), Landesmediengesetzen (LMG) und den Rundfunkstaatsverträgen (RStV) vorgesehene Sonderreglungen, die Berichterstattern ihren Arbeitseinsatz vereinfachen sollen. Von LPG über RStV werden für Journalisten in Ausübung ihrer Pressefreiheit Rechte eingeräumt, die ihnen eine freie journalistische Tätigkeit ermöglichen sollen.
Da Informationen das zentrale Gut journalistischer Arbeit darstellen, zählen hierzu das Recht auf Auskunft von Behörden und das Recht auf Zugang zu staatlichen Veranstaltungen und Tatorten. Besonders geschützt sind durch die Zivil- und Strafprozessordnung die Quellen eines Journalisten, durch welche er an ansonsten schwer zugängliche Informationen gelangt. Man spricht vom sogenannten Quellschutz.
Der Auskunftsanspruch für Journalisten
Journalisten (also Vertreter des Rundfunks und der Presse) haben zunächst einen Auskunftsanspruch gegenüber Behörden. Für die Auskunft dürfen die Behörden keine Gebühren erheben. Dieses Recht wird der Presse in den jeweiligen Bundesländern durch das LPG, für Telemedien entsprechend im RStV, gewährt. Der Umfang bezieht sich hier auf alle für die Öffentlichkeit relevanten Themen. Hierdurch sollen Pressevertreter ihrer Aufgabe, die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern, besser nachkommen können. Denn nur ein gut informierter Staatsbürger kann die für seine Meinungsbildung essenziellen Fragen genau abwägen und ist dadurch zur Teilnahme am demokratischen Entscheidungsprozess befähigt.
Das Recht auf Auskunft richtet sich zunächst gegen klassische Behörden des Landes und der Kommunen wie Verwaltungen, Oberbürgermeister oder Ministerien. Auskunftspflichtig sind darüber hinaus alle staatlichen Stellen wie Parlamente und Gerichte. In Erweiterung des Auskunftsanspruchs hat der BGH zudem 2017 entschieden, dass dieser auch gegenüber juristischen Personen des Privatrechts gilt, die von der öffentlichen Hand beherrscht werden und zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben, etwa im Bereich der Daseinsvorsorge, eingesetzt werden. Gemeint sind damit etwa Wasser- oder Energieversorger, deren Anteilscheine sich zu über 50 % im Eigentum von Kommunen und dergleichen befinden.
Ein Auskunftsanspruch gegenüber Bundesbehörden kann aus den entsprechenden Landesgesetzen jedoch nicht mehr abgeleitet werden (Bundesverwaltungsgericht, Urt. v. 20.02.2013, Az. 6 A 2.12). Hier kommt ein Anspruch aus Art. 5 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) in Betracht. Für diesen hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg erste Grundsätze aufgestellt. Der entscheidende Punkt ist hier, dass eine Bundesbehörde nur dann Auskunft erteilen muss, wenn es keinerlei entgegenstehende private oder öffentliche Interessen gibt. Fälle, in denen es keine Interessen abzuwägen gibt, kommen in der Praxis jedoch kaum vor. Als Begründung für die strikte Beschränkung des Anspruchs wird angeführt, dass es Sache des Gesetzgebers sei, die Gewichtung der kollidierenden Interessen in einem entsprechenden Gesetz abzuwägen.
Begrenzt wird die Auskunftspflicht der Behörden durch Geheimhaltungsverpflichtungen wie das Steuer-, Arzt-, oder Beratungsgeheimnis. Die öffentlichen Stellen können die Auskünfte im Einzelfall verweigern, wenn
- durch ihre Erteilung die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte,
- Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen,
- ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde oder
- ihr Umfang das zumutbare Maß überschreitet (steht so nicht in allen Landespressegesetzen).
Hier muss die Behörde aber immer im Einzelfall prüfen, ob das Informationsinteresse der Öffentlichkeit höher steht als die oben genannten Gründe.
Wenn die Auskunft erteilt wird, kann aber immer noch die Behörde entscheiden, in welcher Form sie der Pflicht nachkommen möchte: Mündlich, schriftlich, durch Herausgabe von Aktenauszügen, durch eine Presseerklärung oder Einladung zu einer Pressekonferenz. Nur in Ausnahmefällen können Journalisten tatsächlich Akteneinsicht verlangen.
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Zugang zu Veranstaltungen
Gerichtsverhandlungen
Das Recht der Medien auf Teilnahme an Gerichtsverhandlungen ergibt sich aus dem allgemeinen Öffentlichkeitsprinzip und ist gesetzlich in den §§ 169 ff des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) verankert. Gerichtsverhandlungen und die Verkündung von Entscheidungen sind grundsätzlich öffentlich, unabhängig von der Art des Gerichts. Allerdings gibt es Ausnahmen, bei denen die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird:
- Strafverfahren gegen Jugendliche nach § 48 JGG
- Disziplinarverfahren nach der Bundesdisziplinarordnung und
- der Erörterung privater Lebensumstände von beteiligten Personen.
Private Veranstaltungen
Ein Zugangsrecht zu privaten Veranstaltungen besteht nicht. Allerdings darf auch der private Veranstalter den Journalisten nicht aus Angst vor schlechter Kritik von der Veranstaltung ausschließen oder ihm den Besuch der Veranstaltung durch beispielsweise erhöhte Ticketpreise erschweren. Er kann jedoch die Presse allgemein von seiner Veranstaltung ausschließen. Ein Anspruch auf Zugang besteht lediglich dann, wenn sich die Einladung zu einer Veranstaltungen in Form von Plakaten, Aushängen, Zeitungsanzeigen usw. an eine umfassende Öffentlichkeit richtet.
Parlamentssitzungen
Bei Parlamentssitzungen leitet sich dies schon aus dem Demokratieprinzip ab und gewährt jedermann den Zugang. Die Öffentlichkeit kann hier nur generell, also für alle Besucher einschließlich der Presse, ausgeschlossen werden.
Tatorte
Medienvertretern muss der Zugang zu Tatorten gestattet werden, wenn diese im Zusammenhang mit Unglücksfällen, gewalttätigen Aktionen oder Aufsehen erregenden Kriminalfällen stehen. Hierbei ist aber oberstes Gebot, dass die Arbeiten der Polizei oder anderen Rettungskräften nicht durch die Presse behindert werden.
💡 Vertreter der Medien haben weiterhin das Recht, an Veranstaltungen des Staates teilzunehmen, an denen ein legitimes öffentliches Interesse besteht. Vor jedem Öffentlichkeitsausschluss muss das Gericht eine Interessenabwägung vornehmen. Insbesondere ist hier zu beachten, dass auch bei einem Ausschluss der Öffentlichkeit einzelnen Personen, auch Medienvertretern, der Zugang gewährt werden kann. Dieser kann in Verbindung mit einer Schweigepflicht stehen.
Wie schützen Journalisten ihre Quellen?
Ein sehr umfangreiches Sonderrecht für Journalisten besteht im Quellschutz oder auch dem Schutz der Informanten. Dieser beinhaltet das zivil- als auch strafrechtliche Zeugnisverweigerungsrecht, sowie ein Beschlagnahmeverbot.
Vor Gericht gilt der Journalist als Berufsgeheimnisträger gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 5 der Strafprozessordnung (StPO). Dieser Status gewährt ihm ein umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht, welches das Vertrauensverhältnis zwischen Journalisten und Informationsquelle schützen soll. Geschützt sind sämtliche Informationen den Informanten betreffend: seine Nachrichten, Mitteilungen und Unterlagen sowie der Inhalt selbst erarbeiteter Materialien.
Als Ausfluss aus dem Zeugnisverweigerungsrecht steht dem Medienvertreter durch die StPO weiterhin ein Schutz vor Beschlagnahmung zu. Schriftverkehr zwischen dem Beschuldigten und Personen, die ein Zeugnisverweigerungsrecht besitzen sowie Aufzeichnungen, die Personen, denen ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, wiedergeben, wie sie über ihnen vom Beschuldigten anvertraute Mitteilungen Aussagen gemacht haben, dürfen nicht beschlagnahmt werden. Dazu gehören auch zufällig gefundene Materialien, die beispielsweise auf einen Verrat von Dienstgeheimnissen hindeuten.
Journalisten genießen zudem auch einen erweiterten Abhörschutz (§ 100c Abs. 6 StPO).
DSGVO und Presse – das Medienprivileg
Journalisten haben unter anderem die Aufgabe, investigativ zu recherchieren und Menschen auch über Missstände zu informieren. Dies geschieht, ohne dass diejenigen, über die berichtet wird, zuvor davon erfahren und diese Arbeit sabotieren könnten. Würde die DSGVO uneingeschränkt auch für Medienunternehmen gelten, dürften Journalisten generell nur über Personen berichten, wenn diese eingewilligt haben oder das Gesetz es sonst erlaubt. Diejenigen, über die ein Journalist recherchiert, könnten die Presse sogar zur Löschung dieser Daten zwingen und auch leicht an interne Informationen herankommen. Der oben genannte Informantenschutz wäre so nicht mehr möglich.
Da die Presse aber unabhängig arbeiten und ihre Quellen schützen muss, gibt es für Pressevertreter teilweise Ausnahmen von der neuen europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Grundlage hierfür ist dir in der DSGVO in Artikel 85 vorgesehene, sogenannte Öffnungsklausel. Hier werden die Mitgliedsstaaten aufgefordert, „mit eigenen Gesetzen das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, einschließlich der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken (…) in Einklang zu bringen“. Diese Vorgabe findet ihre Erfüllung im sogenannten Medienprivileg, das in den einzelnen Landesgesetzen sowie dem Rundfunkstaatsvertrag geregelt ist. Es entbindet Medienunternehmen von den meisten datenschutzrechtlichen Vorgaben.
Gerade die DSGVO hat aber zu großen Unsicherheiten bei nebenberuflichen freien Journalisten und Bloggern bei der Frage geführt, ob sie vom Medienprivileg erfasst sind. Die Antwort auf diese Frage liegt – mehr oder weniger – in den jeweils Landesgesetzen. Derzeit ist die Rechtslage nicht in allen Ländern gleich gesichert: 7 Bundesländer, darunter Bayern, sehen freie Journalisten als vom Medienprivileg erfasst an. 7 weitere drücken sich dahingehend eher unkonkret aus. Nur in Niedersachsen ist die Lage riskant. Hier wird die Ausnahme vom Datenschutz in erster Linie an ein Medienunternehmen geknüpft. Freie Journalisten und Blogger können sich hier mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht auf das Medienprivileg berufen.
Bis auf die wenigen rechtlichen Vorgaben, die im Folgenden näher erläutert werden, dürfen Journalisten insbesondere recherchieren und berichten, wie sie es für richtig halten, ohne an die DSGVO gebunden zu sein. Sie müssen keine Informationen preisgeben, welche Daten von Dritten sie verarbeiten, sie müssen auf Anfrage von Betroffenen keine Daten löschen etc. Auch hinsichtlich der Vorgaben zum Datengeheimnis und zur Datensicherheit müssen sie sich nicht starr an die Regelungen halten, denn es ist immer zu berücksichtigen, dass die journalistische Arbeit nicht gefährdet werden darf.
Zusammengefasst müssen sich Journalisten an folgende datenschutzrechtliche Vorgaben halten:
- Webseiten: Wenn die Verarbeitung von Daten einer Webseite (z. B. Nutzerdaten wie die IP-Adresse) journalistischen Zwecken dient, dann gilt das Medienprivileg. Werden Nutzerdaten aber ohne journalistische Zwecke oder sogar aus reinen Marketing-Gesichtspunkten verarbeitet, sollte man sich diesbezüglich an die DSGVO halten.
- Grundsätzlich müssen Journalisten auch keine Auskunft über verarbeitete Daten geben. Doch sehen manche Landesgesetze sowie der RStV spezielle Auskunftsansprüche gegen Journalisten vor. Diese gelten aber nicht, wenn sich die Presse- oder Online-Redaktion dem Pressekodex unterworfen hat. Rundfunkanstalten hingegen können sich dem gesetzlichen Auskunftsanspruch nicht entziehen. Weitergehende Einschränkungen ergeben sich nur dann, wenn sich Journalisten freiwillig den Regelungen des Pressekodex des Deutschen Presserates unterworfen haben.
- Die DSGVO stellt allerdings auch an Journalisten Anforderungen an die Technik und die interne Organisation einer Redaktion bzw. an den Arbeitsplatz eines selbstständigen Journalisten. Verantwortliche müssen nach Art. 24 DSGVO konkret geeignete technische und organisatorische Maßnahmen (TOM) treffen, um die Einhaltung des Datenschutzgrundsatzes der „Integrität und Vertraulichkeit“ zu gewährleisten. Dabei gilt es aber, zu beachten: Letztlich dürfen die Vorgaben zur Datensicherheit keinesfalls die journalistische Arbeit einschränken, sodass jeder Presseverteter prüfen muss, was im Einzelfall sinnvoll ist. Deswegen sind die gesetzlichen Vorgaben nicht starr einzuhalten. Die journalistische Freiheit kann im Einzelfall Vorrang haben.
Wie WBS Ihnen helfen kann
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