Privatsphäre vor medialer Berichterstattung schützen
Prominente Personen sind häufig Gegenstand der Presseberichterstattung. Doch nicht jede öffentliche Person ist auch damit einverstanden, dass über ihr Privatleben berichtet wird. In diesen Fällen kommt es darauf an, ob das Thema, über das berichtet wird, der sog. Intim-, der Privat- oder der Sozialsphäre zuzurechnen ist. Je öffentlicher ein Mensch wirkt, desto eher hat die Gesellschaft ein Interesse daran. Und je persönlicher es wird, desto schützenswerter ist wiederum der Einzelne. Was also müssen Medienunternehmen beachten, wenn sie über Personen berichten? Und wie kann ich mich als Betroffener wehren, wenn mein Persönlichkeitsrecht verletzt wurde?
Die Meinungs- und Pressefreiheit gehört zu den elementaren Eckpunkten unserer Gesellschaft. Doch auch diese hat ihre Grenzen – und zwar dort, wo in die Privat- oder sogar Intimsphäre eines Dritten eingegriffen wird. Denn das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt auch vor Indiskretionen. So müssen auch prominente Personen Einblicke in ihren geschützten Bereich, z.B. durch Paparazzi oder durch Presseberichterstattungen, grundsätzlich nicht hinnehmen. Dies ist im Einzelfall nur erlaubt, wenn nicht zu tief in das Privatleben oder die Geheimnissphäre der betroffenen Person eingegriffen wird und die Öffentlichkeit ein berechtigtes Informationsinteresse an einer Berichterstattung hat.
Die Rechtsprechung hat hierzu abgestufte Fallgruppen der privaten Lebensgestaltung entwickelt: Die sog. Sphären. Je nachdem, welcher Sphäre eine Beeinträchtigung zuzuordnen ist, sind Betroffene unterschiedlich stark geschützt. Während Fotos oder Erzählungen über das intime Sexualleben regelmäßig unzulässig sind, weil sie die Intimsphäre eines Menschen betreffen darf über die öffentliche Rede eines Politikers immer berichtet werden. Doch dazwischen gibt es einen großen Graubereich der Privat- und Sozialsphäre. Hier entscheidet eine Interessenabwägung im Einzelfall, ob eine Berichterstattung über dieses Detail aus dem Leben einer Person zulässig ist oder nicht.
Die Intimsphäre – keine Eingriffe erlaubt
Einen absoluten Schutz vor Berichterstattung der Medien und auch vor Eingriffen des Staates genießt die sog. Intimsphäre eines jeden Menschen. Darunter versteht das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) einen unantastbaren Kernbereich höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung. Eingriffe in die Intimsphäre können nie gerechtfertigt sein, weil dieser Bereich eine besondere Nähe zur unantastbaren Menschenwürde aufweist.
Es gibt einige Fallgruppen, die fast immer zum Bereich der Intimsphäre gezählt werden. Hierzu gehört zunächst der gesamte Bereich der Sexualität. Auch andere intime Informationen wie etwa solche über den gesundheitlichen Zustand und Krankheiten sind absolut geschützt und dürfen im Regelfall nicht an die Öffentlichkeit getragen werden. Des Weiteren ist der Kernbereich der innersten Gedanken- und Gefühlswelt vor den Augen und Ohren der Öffentlichkeit geschützt. Tagebücher und vertrauliche Briefe sind meist geheim. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) 2012 das Abhören eines Selbstgesprächs im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens als Teil des absolut geschützten Kernbereichs der Lebensgestaltung angesehen. Auch in räumlicher Hinsicht gilt der Schutz der Intimsphäre – so ist etwa der Aufenthalt im Schlaf- oder Badezimmer der eigenen Wohnung meist in besonderer Hinsicht geschützt.
Doch im Einzelfall kann dieser Bereich nur solange absolut tabu für die Medien sein, wie der Betroffene diesen Bereich auch tatsächlich geheim halten will. Dabei ist eine ausdrücklich oder stillschweigend erklärte Einwilligung in eine Berichterstattung über intime Details aus dem eigenen Leben ist möglich. Dies wird z.B. angenommen, wenn jemand über sein Sexleben selbst öffentlich gesprochen hat oder einen gesundheitlichen Zustand medial thematisiert hat.
Weil Eingriffe in die Intimsphäre nie erlaubt sind, muss diese aber im Einzelfall von der Privatsphäre abgegrenzt werden.
Die Privatsphäre – Interessenabwägung im Einzelfall
Der Bereich privater Lebensgestaltung eines Menschen, also seine Privatsphäre, umfasst den räumlich und den inhaltlich privaten Bereich seines Lebens. So ist das, was man in der eigenen Wohnung bzw. im eigenen Haus tut, bereits deswegen zur Privatsphäre zu zählen, weil es sich im privaten Raum abspielt. Hier soll sich der Einzelne entspannen und gehen lassen können, ohne beobachtet zu werden. Thematisch zählen zur Privatsphäre auch alle familiär-häuslichen Tätigkeiten wie Spülen, Wäschewaschen oder Gartenarbeit. Auch Gespräche der Familie oder mit dem Partner sind geschützt. Doch die Privatsphäre endet nicht hinter der eigenen Haustür. Auch in der Öffentlichkeit kann man sich „privat“ bewegen, etwa bei einem Restaurantbesuch mit einem Date in einer abgeschiedenen Ecke. Generell gelten Tätigkeiten, die man nicht gern an die Öffentlichkeit tragen möchte, die man als peinlich empfinden würde oder die andere als sozial nicht erwünscht beurteilen würden, typischerweise als privat. Denn auch im öffentlichen Raum soll der Einzelne sich gehen lassen können.
Grundsätzlich ist auch die Privatsphäre eines Menschen vor Eingriffen geschützt – gerade, wenn es sich auch um eine Privatperson handelt. Die Öffentlichkeit kann jedoch im Einzelfall ein Interesse an dem Privatleben von Personen des öffentlichen Lebens wie etwa Politikern oder Prominenten haben. Hier nehmen die Gerichte daher eine Abwägung der widerstreitenden Interessen im Einzelfall vor, bei der das Persönlichkeitsrecht des einzelnen gegenüber der Meinungsfreiheit und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit abgegrenzt wird. Die Gründe für eine Berichterstattung müssen aber stark überwiegen, weil die Privatsphäre nur aus zwingenden Gründen verletzt werden darf. Prominente müssen zwar eher einen Eingriff in ihre Privatsphäre hinnehmen als unbekannte Personen, umgekehrt aber auch nicht jeden Eingriff dulden. Es kommt dabei vor allem sowohl auf die Intensität ein, mit der in die Privatsphäre eingegriffen wurde, andererseits darauf, wie viele Personen an der Information Interesse haben und wie wichtig das Thema für die Öffentlichkeit ist.
Unzulässig ist es danach wohl, Prominente heimlich auszuspionieren, während sie ganz offensichtlich privat unterwegs sind und nicht gesehen werden möchten. Wer etwa mit einer Drohne Aufnahmen aus der Privatwohnung anfertigt, kann sich sogar nach § 201a Strafgesetzbuch (StGB) strafbar machen. Für eine Zulässigkeit der Berichterstattung spricht hingegen, wenn die öffentlich bekannte Person sich selbst stark in den Medien präsentiert oder wenn die Information über einen privaten Fehltritt die Integrität eines Politikers in Frage stellt.
Die Sozialsphäre – Hierüber darf häufig berichtet werden
Der Sozialsphäre bezeichnet die Tätigkeit eines Menschen als Teil einer sozialen Gemeinschaft und im sozialen Austausch, etwa der Besuch öffentlicher Orte, das berufliche oder politische Wirken. In der Sozialsphäre zeigt sich der Betroffene und weiß, dass er von anderen wahrgenommen wird. Hierzu zählt es etwa, wenn Ex-Bundespräsident Wulff mit seiner Ehefrau einkaufen geht.
Teilweise wird hierunter auch das bewusste Sich-Wenden an die Öffentlichkeit mit eingeschlossen. Andere fassen dies gesondert unter eine vierte sog. Öffentlichkeitssphäre. Hierzu gehören Äußerungen, mit denen sich jemand bewusst an die Öffentlichkeit wendet, z.B. eine Pressemitteilung, ein Fernsehinterview oder ein Konzertauftritt. Klar ist letztlich, dass in diesem Bereich wohl immer das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegt und zudem die Person in einer Berichterstattung durch ihr Tun eh eingewilligt hat.
Im Bereich der klassischen Sozialsphäre wird hingegen, ebenso wie in der Privatsphäre, eine Interessenabwägung mit den gegenläufigen Interessen vorgenommen. Die Sozialsphäre ist aber wesentlich schwächer geschützt als der Privatbereich eines Menschen. Denn ein Eingriff ist gerade bei Prominenten nicht als so intensiv anzusehen. Häufig zulässig sind vor allem Presseberichterstattungen über wahre Tatsachen.
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