Wieder Ärger mit einer in der Öffentlichkeit installierten Webcam. Ein Urlauber hat sich aktuell im ostfriesischen Norddeich über eine Webcam beschwert, die den dortigen Strand filmt und theoretisch sogar bis an die Strandkörbe zoomen kann. Neben datenschutzrechtlichen Aspekten sind dabei auch immer Aspekte aus dem Kunsturhebergesetz von Relevanz. Webcams mit einer hohen Auflösung, die zudem noch zoomen können, sind nach Ansicht von Christian Solmecke verboten. Touristische Webcams, bei denen niemand zu erkennen ist, sind hingegen erlaubt. Eine rechtliche Einordnung von Medienanwalt Christian Solmecke.

Am Strand des ostfriesischen Badeorts Norddeich sorgt derzeit eine installierte Webcam für Ärger. Über die an einem Gasthaus installierte Webcam hat sich nach Polizeiangaben ein Urlauber beschwert. Die betroffene Kamera ermöglicht dabei einen sehr genauen Blick auf den Strand und kann bis in die Strandkörbe zoomen.

Das problematische Thema von in der Öffentlichkeit installierten Webcams hat Norddeich jedoch nicht exklusiv. Immer mehr Webcams werden installiert und die Aufnahmen stehen jedem Besucher der jeweiligen Internetseite zur Verfügung. Häufig werden dabei, wie in Norddeich, Strände gezeigt, aber auch Landschaften, Städtische Sehenswürdigkeiten oder Einkaufsstraßen werden von Webcams gefilmt und im Internet präsentiert.

Bei der Wiedergabe der Bilder gibt es beachtliche Unterschiede. Bei einigen werden die im Internet gezeigten Bildern in ganz bestimmten Zeitabständen aktualisiert. Diese liegen zumeist zwischen wenigen Sekunden und einigen Minuten. Bei anderen Webcams handelt es sich um sogenannte Live-Streams. Vergleichbar dem Fernsehbild handelt es sich dabei um die ununterbrochene Übertragung von bewegten Bildern. Bei beiden Varianten werden regelmäßig neben der Örtlichkeit auch alle Personen gefilmt, die sich im Aufnahmebereich der Webcam befinden. Ob die gefilmten Personen erkennbar sind, hängt von der jeweiligen Einstellung und der Bildauflösung der Webcam ab.

Rechtliche Zulässigkeit einer Webcam-Übertragung

Zunächst sollte erwähnt werden, dass im Hinblick auf die Veröffentlichung von Webcam-Aufnahmen einheitliche Voraussetzungen gelten, unabhängig davon, ob die Bilder von privaten oder öffentlichen Stellen betrieben werden.

Die Übertragung der Webcam-Aufnahmen ins Internet stellt eine Verbreitung bzw öffentliche Zurschaustellung von Bildnissen dar, die nach § 22 des Kunsturhebergesetzes (KUG) der Einwilligung des Betroffenen bedarf. Dabei ist eines klar: Sollten auf den übertragenen Bildern der Webcam einzelne Personen deutlich erkennbar sein, so wäre die Übertragung ins Internet nach § 22 KUG grundsätzlich unzulässig. Hierzu Medienanwalt Christian Solmecke: „Erforderlich wäre dafür nicht einmal, dass das Gesicht der abgebildeten Person erkennbar ist und eine Identifizierung ermöglicht, denn bereits wenn der Bekanntenkreis der betroffenen Person aufgrund körperlicher Merkmale in der Lage wäre, diese zu identifizieren, läge eine nicht zulässige Verbreitung vor.“

Zwar könnte eine Unzulässigkeit überwunden werden, wenn die Einwilligung des Abgebildeten eingeholt würde. Am Beispiel der Webcam in Norddeich wird aber eines bereits deutlich: Es ist praktisch unmöglich von jeder Person die im öffentlichen Raum unterwegs ist eine ausdrückliche Einverständniserklärung einzuholen. Auch ein entsprechender Hinweis auf den Betrieb einer Webcam würde nicht ausreichend sein, da der Hinweis einerseits nicht alle Personen erreichen würde und andererseits sich das Betreten bestimmter Bereiche nicht vermeiden lässt ohne dass dabei Nachteile für den Betroffenen entstehen.

Ausnahme nach dem KUG – Personen dürfen gefilmt werden, wenn sie als Beiwerk erscheinen

 Allerdings erlaubt das Kunsturhebergesetz unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausnahme von der Veröffentlichung von Bildern, selbst wenn Personen darauf abgebildet sind, so Medienanwalt Christian Solmecke.

Solmecke weiter:“ § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG besagt, dass auch solche Bilder ohne Einwilligung der Betroffenen dann veröffentlicht werden dürfen, wenn die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen. Dabei kommt es auf die konkrete Ausgestaltung an, ob die abgebildeten Personen als bloßes Beiwerk zur der in erster Linie dargestellten Landschaft, wie dem Strand in Norddeich, angesehen werden können. Das ist in aller Regel dann der Fall, wenn die Personen auch weggelassen werden könnten, der Charakter des Bildes sich dadurch jedoch nicht verändern würde.

Zudem sind auch Größe und Position der abgebildeten Personen auf der Webcam-Aufnahme entscheidend. Je nach Webcam-Einstellung dürfte es sich um Übersichtsaufnahmen handeln, bei denen die gefilmten Personen lediglich in geringer Größe und gerade nicht in dominierender Position im Webcam-Bild gefilmt wurden. Insofern werden die Betreiber von Webcams in den meisten Fällen die Ausnahme die ihnen das KUG bietet in Anspruch nehmen können. Personen dürfen gefilmt werden, solange sie im Verhältnis zur hauptsächlich gefilmten Örtlichkeit nur als Beiwerk erscheinen.“

Rechtsanwalt Christian Solmecke: „Verbreitung der Webcam-Aufnahme nur, wenn kein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird.“

Etwas anderes wird nur gelten, wenn die Webcam derart installiert ist, dass einzelne Personen so in den optischen Vordergrund der Aufnahme rücken, dass diese ein starkes Übergewicht gegenüber der gefilmten Örtlichkeit bekommen. Zu denken wäre dabei an niedrig angebrachte Webcams, die Personen, die sich nah der Kamera befinden, deutlicher und größer zeigen. Das Gleiche wird gelten, wenn die Webcam bewegt werden kann und die Kamera die Möglichkeit besitzt an einzelne Objekte heranzuzommen.

Die Veröffentlichung von Bildern wird zusätzlich durch § 23 Abs. 2 KUG eingeschränkt. Danach ist die Verbreitung der Bilder lediglich dann zulässig, wenn kein berechtigtes Interesse der gefilmten Person verletzt wird.

Beschaffenheit der Webcam ausschlaggebend

Hierzu Christian Solmecke:“ Da die Aufnahmen ins Internet gesendet werden und insofern weltweit und von jedermann abrufbar sind, haben gefilmte Personen ein berechtigtes Interesse daran, dass ihre Persönlichkeitsrechte gewahrt werden. Dazu gehört ihr Recht, sich derart im öffentlichen Raum fortzubewegen, dass diese Tatsache gerade nicht einem weltweiten Publikum zu Teil wird. Somit muss unter Berücksichtigung des Absatzes 2 des § 23 KUG gefordert werden, dass die von der jeweiligen Webcam gefilmten Personen nicht zu identifizieren sind.“ Hierbei kommt es auch auf die Eigenschaften der Webcam an.

Webcams mit einer hohen Auflösung, die zudem noch zoomen können, sind nach Ansicht von Christian Solmecke verboten. Touristische Webcams, bei denen niemand zu erkennen ist, sind hingegen erlaubt. Übersichtsaufnahmen von Stränden oder Fußgängerzonen, bei denen gefilmte Personen nur undeutlich erkennbar sind, wären somit unproblematisch. Ein gewisses Maß an Restrisiko, kann und muss hingenommen werden.

Fazit:

Die durch Webcams im Internet ausgestrahlten Bilder sind zulässig, sofern von den Betreibern der Kamera die genannten rechtlichen Vorgaben umgesetzt und beachtet werden. Entscheidend ist neben dem Standort der Kamera auch die Auflösung der ausgestrahlten Bilder. Die Auflösung der Webcam sollte idealerweise so gewählt sein, dass Örtlichkeiten, wie in der aktuellen Diskussion der Strand in Norddeich, für den Betrachter im Internet zwar deutlich erkennbar bleiben, dazu sind in der Regel jedoch auch Panoramaaufnahmen aus einer gewissen Entfernung ausreichend. Eine Zoomfunktion, die das Erkennbarmachen von Personen fördert sollte nicht zur Verfügung stehen. (TOS)