Die Haftung in Social Media
Während des Betriebs des Social Media-Auftrittes muss einem Aspekt besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden: Der Haftung. Neben den Betreibern eines Social Media Auftrittes selbst können auch Nutzer Inhalte über deren Seite verbreiten, indem sie dort durch einen Klick auf Buttons wie „Beitrag“ oder „Bilder“ Texte, Links, Fotos oder andere Bilder hinterlassen. Doch wer trägt die Verantwortung für rechtsverletzende Inhalte? Und wann haftet der Betreiber eines Profils für geteilte und verlinkte Inhalte?
Die Haftung für eigene Inhalte
Werden durch eine persönlichkeitsrechtsverletzende Äußerung oder durch die Veröffentlichung eines urheberrechtlich geschützten Fotos Rechte Dritter verletzt, so ist dafür grundsätzlich der Betreiber des Social Media Profils auf Netzwerken wie Facebook, Twitter, Instagram, Google+ oder YouTube verantwortlich. Grundsätzlich haftet dieser für seine eigenen Inhalte. Dies ergibt sich aus § 7 Abs. 1 Telemediengesetz (TMG):
„Der Diensteanbieter ist für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich.“
Die Haftung nach § 7 Abs. 1 TMG bezieht sich auch auf die von Mitarbeitern geposteten Inhalte.
Immer haftet man wie für eigene Inhalte, wenn man einen fremden, rechtswidrigen Beitrag kopiert bzw. herunterlädt und eigenständig wieder auf dem eigenen Profil hochlädt. Die Haftung als Täter ist darin begründet, dass manfremde Inhalte in seinen Verantwortungsbereich aufnimmt, ohne diese als fremde Inhalte zu kennzeichnen. Dies gilt selbst dann, wenn man nicht wusste, dass das Bild z.B. Urheber- oder Persönlichkeitsrechte verletzte – wer selbst etwas hochlädt, muss sich der Rechte daran vergewissern. Um einen Haftungsfall zu vermeiden, sollte bei der Veröffentlichung von Inhalten grundsätzlich geprüft werden, ob diese Rechte Dritter verletzen könnten. Auch sollten Inhalte Dritter nicht ungeprüft übernommen werden.
Die Haftung für zu Eigen gemachte Äußerungen Dritter
Auch, wenn es sich nicht um einen eigenen Inhalt handelt, sondern um den eines Dritten, kann man unter Umständen selbst dafür als Täter wie für eigene Inhalte haften. Komplex ist hier insbesondere die Rechtslage bei den Möglichkeiten des Teilens, Likens oder Kommentierens in den Sozialen Medien.
Um herauszufinden, ob eine Zueigenmachung vorliegt, sei eine objektive Sicht auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände nötig. Wesentlich sei, ob der durchschnittliche verständige Nutzer den Eindruck gewinnen muss, dass sich der Diensteanbieter dergestalt mit der Information identifiziert, dass diese als eigene erscheint, wobei bei der Annahme Zurückhaltung geboten sei. Als Zueigenmachen von rechtsverletzenden Äußerungen haben allerdings schon mehrere Gerichte das Betätigen des „Gefällt mir“-Buttons beurteilt. Auch ein inhaltlich eindeutig unterstützender Kommentar spricht für ein Zueigenmachen. Hier sollte man also sehr vorsichtig sein. Diese Beurteilung ändert sich aber, wenn man z.B. einen Beitrag mit rechtsverletzenden Äußerungen auf Facebook lediglich teilt. Hier ist das bloße Teilen des Beitrags ein lediglich technischer Vorgang und damit noch kein Zueigenmachen, denn die bloße Weiterverbreitung hingegen hat erst einmal keinen eigenen Aussagegehalt. Dies ändert sich allerdings, wenn man den Beitrag mit einem unterstützenden Kommentar versieht. Dann kann dies so gewertet werden, dass man sich eine fremde Äußerung zu Eigen macht, weil man sich mit ihr identifiziert und sie so in den eigenen Gedankengang einfügt, dass sie als die eigene erscheint. Wann die Grenze der Leseempfehlung zur Identifikation überschritten ist, muss man im Einzelfall beurteilen.
Die Störerhaftung für fremde Inhalte
Die zahlreichen Kommunikationsmöglichkeiten der sozialen Netzwerke ermöglichen es nicht nur dem Betreiber der Seite, Inhalte darauf zu veröffentlichen, sondern – je nach Einstellung – auch Dritten. Dabei stellt sich nun die Frage, ob der Betreiber der Seite auch für diese Inhalte haftet, wenn diese Rechte Dritter verletzen.
Neben der Haftung für eigenen Inhalte und für solche, die er sich zu Eigen gemacht hat, kann der Betreiber einer Social Media Seite auch für gänzlich fremde Inhalte haften, die er für einen Nutzer gespeichert hat – und zwar als sog. Störer. Dies ergibt sich aus den zivilrechtlichen Normen, insbesondere § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) analog bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen und aus dem Urheberrecht. Allerdings existiert hier eine Haftungserleichterung in § 10 S. 1 Telemediengesetz (TMG). Der Betreiber der eine Social Media Profils kann aber meist nicht auf Anhieb erkennen, ob beispielsweise auf seiner Seite gepostete Bilder die Rechte Dritter verletzen. Auch kann ihm grundsätzlich nicht zugemutet werden, dies stets zu überprüfen und zu überwachen, § 7 Abs. 2 TMG. Nach § 10 TMG sind Diensteanbieter für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern
„1. sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird,
oder
2. sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben.“
Aus diesem Grund kommt eine Haftung erst ab dem Zeitpunkt in Betracht, in dem man Kenntnis erlangt hat. In diesem Zusammenhang hat sich das aus dem US-Recht stammende „notice-and-takedown-Verfahren“ bewährt. Danach wird der Betreiber der Seite zunächst beispielsweise durch den Rechteinhaber selbst über die Verletzung seiner Rechte informiert, damit der Betreiber den Zustand unverzüglich beseitigen kann. Im Rahmen sozialer Netzwerke kann diese Kenntniserlangung beispielsweise durch eine private Nachricht des Rechteinhabers an den Betreiber der Seite erfolgen. Es reicht jedoch nicht, wenn der Betreiber der Seite eine automatische Benachrichtigung über den Eintrag erhalten hat oder diesen sogar kommentiert hat. Denn allein die Kenntnis von der Existenz des Beitrages bedeutet noch keine Kenntnis von dessen Rechtswidrigkeit. Nach der Rechtsprechung des BGH müsse der Hinweis dabei so konkret gefasst sein, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer – das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung – bejaht werden könne. Hat der Betreiber der Seite Zweifel an der Richtigkeit der Mitteilung, so könne er diese dem Betroffenen innerhalb der Frist mitteilen und um Nachweis der Rechtsinhaberschaft bitten. Reagiert dieser darauf nicht mehr, so bestehe keine Löschungspflicht für den Betreiber der Seite.
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Die Haftung für Links, Embedding und Framing
Im Rahmen der Haftung ist darüber hinaus ein Blick auf die Frage zu werfen, ob der Betreiber einer Seite in einem sozialen Netzwerk auch für rechtsverletzende Links haftet, die über seine Seite verbreitet werden.
Definitionen
Der Begriff Link ist im rechtlichen Sinne weit zu verstehen. Er umfasst zum einen die klassischen Hyperlinks, also Querverweise, über die ein Sprung zu einer anderen Seite erfolgt. Darunter fallen die „surface links“ auf die Startseite einer anderen Website und die „deep links“ auf eine konkrete Unterseite. Der Inhalt, auf den verlinkt wird, wird meistens nicht mit angezeigt. Ausnahme sind die kleinen Vorschaubilder im Social Web, die nach Eingabe des Links automatisch gezeigt werden. Auch erfasst sind die Unterfälle des Linkings, das „embedding“, das „framing“ und das Teilen in den sozialen Medien. Gemeinsam haben alle Techniken, dass es nur um eine elektronische Verknüpfung verlinkter und verlinkender Seite geht. Was und wie lange ein Inhalt im Internet zu sehen ist, entscheidet immer der Inhaber der Seite, auf die verlinkt wird. Wenn der Inhaber der verlinkten Datei diese löscht, ist sie auch auf der verlinkenden Seite nicht mehr verfügbar.
Die letzten beiden Formen, das Framing und Embedding, haben gemeinsam, dass die fremden Inhalte so in die eigene Präsenz eingebunden werden, dass sie bereits auf der eigenen Seite abgespielt werden können, ohne, dass man auf die Seite des Dritten weitergeleitet wird. Verbunden sind die Inhalte auch hier über spezielle Links. Unterschieden werden die Methoden nur nach der Art der Wiedergabe: Beim Framing wird die Website in verschiedene Fenster unterteilt, in denen verschiedene Seiten unmittelbar angezeigt werden. Beim Embedding werden einzelne Inhalte ohne eine solche Unterteilung direkt in das eigene Angebot integriert. Rechtlich macht dies aber keinen Unterschied. Im Bereich der sozialen Medien geht es immer um das Einbetten konkreter Inhalte wie etwa Instagram-Fotos oder YouTube-Videos im eigenen Auftritt. Auch beim Teilen eines Inhalts (z.B. auf Facebook oder beim „retweet“ bei Twitter) in einem sozialen Netzwerk handelt es sich letztlich um eine besondere Form des Einbettens. Denn der geteilte Inhalt verschwindet, wenn die Ursprungsquelle gelöscht wurde.
Urheberrechtsverletzende Inhalte
Inzwischen geklärt ist, dass das Verlinken (surface und deep links) auf rechtmäßige Inhalte grundsätzlich legal ist. Denn der verlinkte Inhalt wird bei keiner der Formen der Verlinkung kopiert und damit auch nicht im urheberrechtlichen Sinne vervielfältigt. Obwohl die Rechtslage hier schon etwas komplizierter und lange umstritten war, gilt dies inzwischen auch offiziell für das Framing und für das Embedding. Dies gilt lediglich dann nicht, wenn der Betreiber einer Website technische Schutzmaßnahmen gegen Verlinkungen unternimmt (dies bietet etwa YouTube an, auch sog. Paywalls fallen darunter) und man diese umgeht.
Differenzierter ist aber die Rechtslage beim Verlinken auf rechtswidrige Inhalte. Hier mussten bereits viele Gerichte auf deutscher und europäischer Ebene die Frage klären, ob der Verlinkende haftet, wenn der verlinkte oder eingebettete Inhalt Rechte verletzt. Auch hier können Videos, Fotos oder Texte entweder Bild- bzw. Urheberrechte verletzen oder aber inhaltlich rechtswidrig sein, z.B. durch diffamierende Äußerungen.
Die Rechtslage eines Links auf urheberrechtsverletzende Inhalte ist lediglich vom Rahmen her geklärt, im Detail besteht hier aber noch rechtliche Unsicherheit. Nach Ansicht des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) haftet der Verlinkende zunächst dann, wenn er die Rechtswidrigkeit kannte oder kennen musste. Letzteres sei regelmäßig der Fall, wenn der Link mit Gewinnerzielungsabsicht gesetzt wurde und der Verlinkende vorher nicht geprüft habe, ob das verlinkte Werk rechtmäßig online war oder nicht. Das sei aber nicht das einzige Kriterium, das für eine Nachforschungspflicht im Einzelfall relevant sei.
Es stellte sich somit die Frage: Wann genau ist von einer Linksetzung „mit Gewinnerzielungsabsicht“ auszugehen, welche weiteren Kriterien sind relevant und in welchen Umfang bestehen Nachforschungspflichten?
Noch im selben Jahr hatte mit dem LG Hamburg erstmalig ein deutsches Gericht die Rechtsprechung des EuGH in Deutschland umgesetzt. Es entschied streng, dass eine Nachforschungspflicht hinsichtlich aller Verlinkungen auf einer Seite schon dann besteht, wenn nur der eigene Internetauftritt überhaupt mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. Das kann z.B. der Fall sein bei Bloggern, Influencern, Selbstständigen und bei jeglicher Webseite eines Unternehmens.
Kurze Zeit später hingegen ruderten die Hamburger Richter aber zurück. Je nach Geschäftsmodell könne eine solche Nachforschung für Webseiten unzumutbar sein, etwa wie der zeitliche, wirtschaftliche oder inhaltliche Aufwand zu groß wäre. Zudem müssten neben der Gewinnerzielungsabsicht noch andere Kriterien berücksichtigt werden. Am Ende müsse in einer Gesamtschau aller Kriterien im Einzelfall geprüft werden, ob eine Nachforschungspflicht zumutbar ist oder nicht. Solche Kriterien sind z.B.:
- die Erfolgsaussichten einer solchen Prüfung
- ob der Verlinkende einen besonderen Vertrauenstatbestand setzt, nach dem Besucher seiner Seite etwa erwarten könnten, er habe Recherchen zur Rechtmäßigkeit der verlinkten Wiedergaben vorgenommen
- der voraussichtliche zeitliche und finanzielle Aufwand
- ob die Quelle besonders gefahrengeneigt war
- die Möglichkeit, Prüfungsmechanismen zu implementieren
- der Nutzen für die Allgemeinheit
- die Frage, ob man sich den Inhalt des Links zu Eigen macht
- die Frage, ob ein Auskunftsanspruch besteht (selten)
Für Privatpersonen hingegen gilt: Sie haften nur, wenn sie positive Kenntnis von der Urheberrechtsverletzung hatten – z.B., nachdem sie explizit auf diese hingewiesen wurden. Außerdem kommt eine Haftung in Betracht, wenn man die Rechtsverletzung hätte erkennen müssen. Dies dürfte etwa der Fall sein, wenn man auf offensichtlich urheberrechtsverletzende Inhalte wie etwa kinox.to verlinkt. Nachforschungspflichten hingegen hat man als privater Nutzer nicht.
Rechtsverletzende Äußerungen
Allerdings gilt diese Rechtsprechung zu den Verlinkungen nur für urheberrechtsverletzende Inhalte. Nicht übertragbar ist die Rechtsprechung hingegen auf rechtsverletzende Aussagen wie etwa falschen Tatsachenbehauptungen. Hier wird es auch weiterhin wie bisher auf die Frage ankommen, ob man sich die Inhalte „zu Eigen“ gemacht hat und damit als Täter haftet (s.o.). Davon ist immer dann auszugehen, wenn der Betreiber der Seite den hinter dem Link stehenden rechtswidrigen Inhalt zur Kenntnis genommen und seine Weiterverbreitung gefördert hat. Dies kommt bei Links z.B. dann in Betracht, wenn Links auf rechtswidrige Inhalte mit zustimmenden Kommentaren versehen werden.
Wurde man auf die Rechtswidrigkeit eines verlinkten Inhalts aufmerksam gemacht und löscht die Links nicht, so kommt immer noch eine Störerhaftung in Betracht (s.o.). Denn ab diesem Zeitpunkt hat man Kenntnis. Nach Hinweis auf die Rechtswidrigkeit sollte man solche Links daher besser löschen.
Soforthilfe vom Anwalt
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Dass die Bewegung in Sozialen Netzwerken ganz erhebliche Haftungsrisiken birgt, daran denkt niemand gerne. Gerade die Abmahnwellen der letzten Jahre zeigen dies aber eindrücklich.
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