Die klagende transsexuelle Frau im Verfahren war bereits zuvor gegen Ex-Bild-Chefredakteur Juilan Reichelt gerichtlich vorgegangen, hatte dann aber auf Unterlassungsansprüche verzichtet. Das nahm Reichelt zum Anlass, einen Artikel mit der Überschrift “Versuchte Abmahnung gegen Ansage: Totalitär tickende Transe zieht den Schwanz ein.” über die Frau zu verfassen zu veröffentlichen. Dagegen wehrte sich die Frau nun auch vor dem OLG Frankfurt erfolgreich.

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Eine klagende Transfrau kann u.a. verlangen, nicht als „Transe“ bezeichnet zu werden. Dem Wort komme ausschließlich eine abwertende Bedeutung zu. Der diskriminierende Verletzungsgehalt stehe auf einer Stufe mit dem Schimpfwort „Schwuchtel“. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat den vom Landgericht (LG) Frankfurt am Main zugesprochenen Unterlassungsanspruch bestätigt OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9.7.2024, Az. 16 U 92/2, vorausgehend LG Frankfurt am Main, Urteil vom 6.7.2023, Az. 2-03 O 204/23).

Transfrau geht gegen Artikel von Julian Reichelt vor

Die Klägerin ist seit etwa 40 Jahren eine Transfrau. Ihr Geschlechtseintrag lautet „weiblich“. Sie setzt sich gegen Transfeindlichkeit ein und veröffentlicht dazu Beiträge u.a. auf der Plattform X. Der Beklagte, Ex-Bild-Chefredakteur Juilan Reichelt betreibt einen Blog. Dort veröffentlichte er einen Artikel mit der Überschrift „Versuchte Abmahnung gegen Ansage: Totalitär tickende Transe zieht den Schwanz ein“.

Hintergrund dieses Artikels war eine vorausgegangene erfolglose Abmahnung Reichelts durch die transsexuelle Frau wegen eines anderen Artikels. Im Rahmen der dortigen anschließenden gerichtlichen Auseinandersetzung hatte sie nach einem Hinweisbeschluss auf ihre Ansprüche verzichtet. Sie verlangte nun von Reichelt, es zu unterlassen, in Bezug auf sie die Äußerung „Totalitär tickende Transe zieht den Schwanz ein“ zu tätigen. Das LG hatte dem im Eilverfahren geltend gemachten Unterlassungsanspruch stattgegeben.

Äußerung besonders herabwürdigend

Die hiergegen eingelegte Berufung hat nun auch vor dem zuständigen Pressesenat keinen Erfolg. Der transsexuellen Frau stehe unter Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen ein Unterlassungsanspruch zu. Es liege eine Meinungsäußerung vor, die zwar nicht die Grenze zur Schmähkritik überschreite. Die angegriffene Äußerung verstehe ein Durchschnittsleser aber als gezielte Herabsetzung. Dem Wort „Transe“ komme nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ausschließlich eine abwertende Bedeutung zu. Es handele sich um ein Schimpfwort, das in hohem Maße verletzend und diskriminierend sei.

Durch dieses Schimpfwort erlange „auch die nachgestellte Wendung ‚zieht den Schwanz ein’ für den Durchschnittsleser eine notwendig sexuelle Konnotation, die gerade im Zusammenhang mit einer als ‘Transfrau’ bezeichneten Person in besonderem Maße herabsetzend ausfällt“, begründete das OLG weiter.

Da der Durchschnittsleser die Möglichkeit in Betracht ziehe, dass die Klägerin ihr männliches Geschlechtsteil habe entfernen lassen, werde sie im Sinne eines Sprachspiels in menschenverachtender Weise ins Lächerliche gezogen, „da nichts eingezogen werden kann, was nicht vorhanden ist“. Diese drastische Herabsetzung werde durch die Formulierung „totalitär tickend“ ein weiteres Mal verschärft.

Die Äußerung könne auch nicht als satirisch eingekleidete Wendung gewertet werden. Denn sie enthalte weder Signale, die auf Satire hindeuteten, noch solche, die sie auch nur ironisch erscheinen ließen.

Züge einer „öffentlich ausgetragenen Privatfehde

Das auf Seiten Julian Reichelts in die Abwägung einzustellende Recht der Meinungsfreiheit überwiege das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin nicht. Auch vor dem Hintergrund der rechtlichen Auseinandersetzung zwischen den Parteien sei eine derart menschenverachtende Herabwürdigung der Klägerin nicht zu rechtfertigen. Sie trage vielmehr Züge einer „öffentlich ausgetragenen Privatfehde“, bei der der sachliche Kontext weitgehend in den Hintergrund rücke und damit auch ein etwaiges Informationsinteresse des ex BILD-Chefs. Der grundrechtliche Schutz der Meinungsfreiheit impliziere zwar die rechtliche Anerkennung menschlicher Subjektivität und damit zugleich von Emotionalität und Erregbarkeit, „dies jedoch nur in den Grenzen zumutbarer Selbstbeherrschung“, unterstreicht das OLG.

Soweit die Klägerin im Vorprozess auf Ansprüche gegen die Äußerung „Totalitär tickende Trans-Furie“ verzichtet habe, stehe dies ihrem neuerlichen Unterlassungsbegehren nicht entgegen. Es lägen Formulierungen mit „völlig unterschiedliche(m) Bedeutungsgehalt“ vor, weshalb die nun angegriffene Äußerung von dem vorherigen Verzicht nicht erfasst werde.

Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.

tsp