Die AfD hatte das Bild eines Fotografen von einer Protestkundgebung ungefragt mit dem Textaufdruck „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ versehen und auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht. Dagegen klagte der Fotograf und bekam nun vor dem LG München I Recht: Der Textaufdruck mache aus dem Bild kein neues Werk, so dass der Fotograf in seinen Urheberrechten verletzt werde.
Eine in der Ecke angebrachte Überschrift macht aus einem Lichtbild kein neues Werk. Das hat das Landgericht (LG) München I diese Woche entschieden (Urt. v. 20.06.2022, Az. 42 S 231/21).
Am 29.09.2018 fand in Nürnberg die Veranstaltung „Bündnis Nürnberg gegen die AfD“ als Protestaktion gegen eine Wahlveranstaltung des Kreisverbandes der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) statt. Auf der Veranstaltung trat unter anderem der Aktionskünstler „bird berlin“ auf, von dessen Performance ein Berufsfotograf ein Lichtbild anfertigte. Die AfD veröffentlichte das Bild am 30.09.2020 auf ihrem Facebook-Profil. Hierbei hatte sie einen kleinen Bereich des linken oberen Randes der Aufnahme durch den Schriftzug „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte!“ überdeckt.
Der Fotograf erhob daraufhin Klage auf Unterlassung der Verwendung und Schadensersatz vor dem Amtsgericht (AG) München. Dieses gab dem Fotografen Recht und verurteilte die AfD, an den Fotografen einen Betrag in Höhe von insgesamt rund 900 EUR (Schadensersatz sowie Aufwendungsersatz) für die unberechtigte Verwendung Lichtbildes zu zahlen. Die Verwendung sei insbesondere nicht von § 50 UrhG im Sinne einer Berichterstattung über Tagesereignisse gedeckt. Auch sei keine gerechtfertigte Verwendung zu Zwecken des Zitats gem. § 51 UrhG gegeben.
Dieses Urteil hat das Landgericht München I nun bestätigt und sich dabei mit weiteren Schrankenregelungen des Urheberechts auseinandergesetzt.
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Kein Berichten, sondern Instrumentalisieren des Bildes
Eine Bearbeitung oder andere Umgestaltung im Sinne des § 23 Abs. 1 S. 1 UrhG liege nicht vor. Die AfD habe das Lichtbild des Fotografen nahezu unverändert übernommen: Das Überschreiben mit dem Schriftzug „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte!“ führe nicht dazu, dass es in ein neues „Gesamtkunstwerk“ integriert worden sei, als Teil dessen es erscheinen könne.
Die Verwendung sei auch nicht durch die Schrankenbestimmung hinsichtlich der Berichterstattung über Tagesthemen nach § 50 UrhG gedeckt. Zu Recht habe das Amtsgericht in seiner Urteilsbegründung ausgeführt, dass bei einer solchen Berichterstattung die Schilderung einer tatsächlichen Begebenheit und keine Meinungsäußerung im Fokus stünden. Zwar sei nicht nur der nackte Tatsachenbericht privilegiert, sondern auch die den Hintergrund einbeziehende, wertende und kommentierende Reportage, solange die Information über die tatsächlichen Vorgänge noch im Vordergrund stehe. Hier verwende die Partei das Bild aber nicht, um über die Protestveranstaltung, bei der das streitgegenständliche Lichtbild entstanden ist zu berichten. Vielmehr versuche sie, die Gegenveranstaltung durch die Überschrift „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte!“ verächtlich zu machen und dies durch Einbindung des Lichtbildes und des Slogans auf ihrer Facebook-Seite mit Nutzung ihres Logos als eigene Werbung für sich zu nutzen.
Für Karikatur zu wenig Unterschiede zum Original
Die AfD kann sich nach Überzeugung der Richter zudem nicht auf die Schrankenbestimmungen des § 51a UrhG berufen, der seit 2021 eine Ausnahmeregelung für Karikaturen, Parodien und Pastisches enthält: In Abgrenzung zum unzulässigen Plagiat müssten Parodien, Karikaturen und Pastiches wahrnehmbare Unterschiede zum Originalwerk aufweisen. Im hiesigen Fall sei das streitgegenständliche Lichtbild in der Verwendung der AfD nahezu identisch übernommen worden. Durch die Überschrift „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte!“, welche das Lichtbild lediglich am linken oberen Eck geringfügig überdecke, seien keine wahrnehmbaren Unterschiede zwischen der Verwendung der Partei als möglicher Parodie und dem parodierten Werk zu erkennen. Aus den gleichen Gründen liege hier auch keine Karikatur oder die Stilfigur des Pastiche vor. Der Verwendung durch die AfD mangele es an Eigenständigkeit. Durch das Hinzufügen der Überschrift über dem Lichtbild finde gerade keine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Werk statt, sondern das Werk diene nur als Mittel einer Auseinandersetzung.
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jko