Eigentlich soll mit „Simply The Best – Die Tina Turner Story“ die Ikone Tina Turner gefeiert werden. Doch Turner findet, dass ihr das Double auf dem Werbeplakat zu ähnlich sei, klagte und unterlag nun vor dem BGH. Die Kunstfreiheit überwiege im Ergebnis das Persönlichkeitsrecht, so der BGH. Man könne dem Plakat auch nicht entnehmen, dass Turner die Show unterstütze oder sogar an ihr mitwirke. Das Urteil ist für zahlreiche vergleichbare Veranstaltungen wie Shows, Musicals sowie für Tribute- und Revival-Bands von Bedeutung.

Das Werbeplakat für die Tribute-Show Simply the Best-Die Tina Turner Story

„Simply The Best – Die Tina Turner Story“ ist eine Tribute-Show und soll eigentlich die Star-Sängerin Tina Turner feiern. Fans der inzwischen 81-jährigen Tina Turner können so noch einmal ihre größten Hits live erleben.

Die Tribute-Show schildert das bewegte Leben der Rock-Ikone: Von ihren musikalischen Anfangserfolgen, der Zeit mit ihrem drogensüchtigen und gewalttätigen Ehemann Ike Turner bis hin zu Tina Turners Neuanfang als Solokünstlerin sowie ihr raketenartiger Aufstieg in den 80er- und 90er-Jahren. Seit 2017 tourt die Show bereits und ein Ende ist nicht in Sicht. Für 2022 sind bereits 62 Aufführungen geplant.

Tina Turner klagt wegen Verwechslungsgefahr auf Tour-Plakat

Doch Tina Turner selbst gefiel das überhaupt nicht und verklagte den Tourveranstalter, die Cofo Entertainment GmbH & Co. KG aus Passau. Der Grund: Verwechslungsgefahr! Die Frau auf den Werbeplakaten sehe ihr zum Verwechseln ähnlich. So könne man meinen, sie selbst würde in der Show auftreten.

Der Tourveranstalter indes wies alle Vorwürfe zurück. Das Unternehmen teilte mit, man sage ja nicht: „Erleben Sie Tina Turner live.“ Es sei allgemein bekannt, dass die echte Tina Turner bereits vor über 10 Jahren ihre Karriere beendet habe. Da es aber eine Hommage an Tina Turner sei, sehe die  Darstellerin Dorothea „Coco“ Fletcher der jungen Turner dementsprechend ähnlich. Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Frage entschieden.

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Verwechslungsgefahr mit 50 Jahre jüngerem Double?

Das Landgericht (LG) Köln hatte 2019 der Klage zunächst stattgegeben (Urt. v. 22.01.2020, Az. 28 O 193/19). Das Plakat, auf dem Turner von einer rund 30 Jahre alten Doppelgängerin dargestellt werde, welche damit stolze 50 Jahre jünger ist als Turner selbst, dürfe nicht mehr verwendet werden, entschied das LG Köln. Die Begründung: Es bestehe Verwechslungsgefahr, denn man könnte meinen: „Da spielt Tina Turner mit.“

Es kämen hier laut Gericht drei Dinge zusammen. Erstens lebe die Künstlerin noch. Zweitens stehe ihr Name groß auf dem Plakat. Und drittens sei auch noch ein Foto zu sehen, das zwar nicht sie zeige, aber eben ein Double. Zusammengenommen sei das zu viel. Die beklagte Firma habe nicht das Recht, ein potenzielles Publikum über die Mitwirkung von Tina Turner zu täuschen.

Cofu Entertainment nahm das nicht hin und ging in Berufung. Mit Erfolg. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln kam zu dem Ergebnis, dass Turner keine Unterlassungsansprüche zustünden (OLG Köln, Urteil vom 17. Dezember 2020, Az. 15 U 37/20). Man müsse das Plakat insgesamt als Kunst betrachten – entsprechend falle die Abbildung auf dem Plakat unter die Kunstfreiheit. Während das LG Köln die Ansicht vertrat, dass Tina Turner doch durchaus noch mal auftreten könne und dies keineswegs für völlig abwegig hielt, betrachtete das OLG Köln dies als „eher fernliegend“. Schließlich sei auf dem Plakat eine junge Frau zu sehen und der Durchschnittsbürger wisse ja nun doch, dass Tina Turner mittlerweile schon etwas betagter sei, als die Frau auf dem Plakat. Berichte über ein geplantes Comeback hätten zudem auch nicht in der Zeitung gestanden. Deshalb sei ein „persönlicher Auftritt der Klägerin“ nicht zu erwarten.

Turner unterliegt im Double-Plakat-Streit

Doch damit hatte der Rechtsstreit noch kein Ende gefunden, denn das OLG hatte die Revision zum BGH zugelassen. Begründung: Die Rechtsfrage, ob in einem solchen Fall die Kunstfreiheit oder das Recht am eigenen Bild und am eigenen Namen schwerer wiege, sei noch nicht höchstrichterlich geklärt. Insbesondere die Doppelgänger-Fälle sind hier tatsächlich von großer Relevanz.

Bereits nach der Verhandlung im vergangenen Jahr 2021 durfte sich Turner jedoch nicht mehr allzu große Hoffnungen machen. So betonte der Vorsitzende BGH-Richter bereits damals, dass sich Turner vor immerhin nun mehr als zehn Jahren offiziell zurückgezogen und seither kein Comeback verkündet habe, was eingefleischte Fans auch wüssten.

Entsprechend viel das Urteil erwartungsgemäß gegen Tina Turner aus (BGH, Urteil vom 24. Februar 2022, Az. I ZR 2/21). Bereits das OLG Köln habe zutreffend angenommen, dass der Tourveranstalter in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild und am eigenen Namen Turners eingegriffen habe. Werde eine Person durch eine andere Person – beispielsweise einen Schauspieler – dargestellt, so liege ein Eingriff in das Recht am eigenen Bild vor, wenn aus Sicht eines nicht unerheblichen Teils des angesprochenen Publikums der täuschend echte Eindruck erweckt werde, es handele sich um die dargestellte Person selbst. Die Kölner OLG-Richter hätten insofern rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die beanstandete Werbung den Eindruck erwecke, auf den Plakaten sei Tina Turner selbst abgebildet. 

§ 23  KUG:
Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie

(1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:

1.Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;

2.Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;

3.Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;

4.Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.

(2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.

Ebenfalls zutreffend habe das OLG die Verwendung des Bildnisses Turners auf den Werbeplakaten als nach dem Kunsturhebergesetz (KUG) erlaubt angesehen (§§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 KUG). Schließlich sei die tatsächlich abgebildete Person nicht identisch mit der Person, die aus Sicht des Publikums abgebildet ist. Daher könne allenfalls die tatsächlich, nicht aber die vermeintlich abgebildete Person gegen die Verwendung des Bildes vorgehen.

Der Anwendung des KUG (§ 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG) stehe auch nicht entgegen, dass der Tourveranstalter ein Bild Turners zur Bewerbung einer anderen Kunstform – hier einer Tribute-Show – eingesetzt habe. Vor dem Hintergrund des weiten Schutzbereichs der Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) sei dies vom Anwendungsbereich der Vorschrift erfasst.

Die Werbung für eine Show, in der Lieder einer prominenten Sängerin wie Tina Turner von einer ihr täuschend ähnlich sehenden Darstellerin nachgesungen würden, mit einem Bild der Darstellerin, das den täuschend echten Eindruck erwecke, es handele sich um Turner selbst, sei daher grundsätzlich von der Kunstfreiheit gedeckt, so der BGH.

Ein nicht gerechtfertigter Eingriff in den vermögenswerten Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der echten Tina Turner sei mit der Werbung für eine solche Tribute-Show allerdings dann verbunden, wenn der unzutreffende Eindruck erweckt werde, das prominente Original unterstütze sie oder wirke sogar an ihr mit. Das OLG Köln sei jedoch im Fall von Tina Turner zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass den Plakaten des Tourveranstalters nicht die unwahre Tatsachenbehauptung zu entnehmen sei, Turner unterstütze die Show oder wirke sogar an ihr mit. Die Plakate enthielten keine ausdrückliche Aussage darüber und seien auch nicht in diesem Sinne mehrdeutig.

Für die Interessenabwägung zum Recht Turners am eigenen Namen habe das OLG Köln auf seine Ausführungen bei der Interessenabwägung zum Recht am eigenen Bild verwiesen. Dies sei, so der BGH, ebenfalls nicht zu beanstanden.

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Zwar betonte der BGH, dass Show-Inhalte selbst nicht Gegenstand des Verfahrens waren. Damit der genannte § 23 KUG jedoch zur Anwendung kommt, ist entscheidend, dass die Tribute-Show selbst von der Kunstfreiheit gedeckt ist.

Damit also die eigene Interpretation des Originals von der Kunstfreiheit gedeckt ist, müssen die hierfür urheberrechtlich erforderlichen Aufführungsrechte eingeholt werden. Sodann ist diese auch ohne Zustimmung der imitierten Personen rechtmäßig und die Verwendung von Bildern und Namen der prominenten Originale ist in diesen Fällen als Hinweis auf den Inhalt der jeweiligen Veranstaltung ebenfalls zulässig – zumindest solange dadurch nicht der falsche Eindruck erweckt wird, diese seien selbst an der Veranstaltung beteiligt oder unterstützten sie.

Die Abwägung der BGH-Richter jedenfalls wäre wohl auch nicht anders ausgefallen, hätte die Show tatsächlich ein Bild von Tina Turner verwendet. Insofern darf das Urteil nicht als Freibrief für jegliche Nutzung von Namen und Bildern von Prominenten zu Werbezwecken gesehen werden. Selbstverständlich gilt für klassische Produktwerbung auch künftig, dass sich niemand gefallen lassen muss, dass seine Person ungefragt zu kommerziellen Zwecken vermarktet wird. Hier kann dann der Bildnis-Schutz auch bei Doppelgängern wichtig werden, denn wenn in der Werbung der Eindruck erweckt wird, die prominente Person selbst habe sich für die Werbung zur Verfügung gestellt, ist deren Recht am eigenen Bild verletzt – und eben nicht nur das allgemeine Persönlichkeitsrecht.

tsp