Das Bundeskanzleramt darf die Suche nach beantragten Akten des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl ablehnen, wenn der Aufwand unverhältnismäßig wäre. Auch besteht kein Anspruch auf Wiederbeschaffung von Dokumenten aus der Kohl-Ära, die eventuell im Besitz Kohls Witwe Maike Kohl-Richter sind.
Im Streit um die Herausgabe von Akten des Ex-Bundeskanzlers Helmut Kohl wurde die Revision einer Journalistin vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) zurückgewiesen. Das Bundeskanzleramt habe die Suche nach den von ihr beantragten Informationen wegen unverhältnismäßigen Aufwands verweigern dürfen. Auch müssten die Unterlagen nicht wiederbeschafft werden (BVerwG, Urt. v. 29.03.2023, Az. BVerwG 10 C 2.22).
Ziel der Klage war die Einsicht in Akten aus der 16-jährigen Kanzlerzeit Kohls, die entweder im Bundeskanzleramt oder mutmaßlich bei seiner Witwe lagern sollen. Die Journalistin berief sich bei ihrem Bestreben auf die Informationsfreiheit. Sie begehrte insbesondere den Zugang zu Akten aus den Jahren 1982 bis 1987, sowie zu Unterlagen zu den Themen deutsch-südamerikanischer Beziehungen.
In 45 Akten wurde die Einsicht gewährt, sonst blieb das Bestreben ohne Erfolg. Ein händischer Suchaufwand sei laut BVerwG schlichtweg unverhältnismäßig, schließlich müssten sonst über 9000 Akten durchsucht werden. Laut Gericht dürften Behörden die Suche nach Akten verweigern, wenn ein (so wie hier) unverhältnismäßiger Suchaufwand entstehen würde. Das Bundeskanzleramt gab einige bei ihm vorhandene Unterlagen heraus, verweigerte jedoch die Erfüllung der restlichen Forderung.
Berichten zufolge soll Kohl in seiner Zeit als Bundeskanzler amtliche Unterlagen zunächst an eine Stiftung übergeben haben. Später dann seien die Akten jedoch bei ihm zu Hause gelandet. Das Bundeskanzleramt hatte der Journalistin indes mitgeteilt, dass es von solchen Unterlagen nichts wisse, woraufhin die Journalistin Zugang zu sämtlichen begehrten Unterlagen klagte, schon in den Vorinstanzen jedoch keinen Erfolg hatte.
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Urteile der Vorinstanzen
Nach Auffassung des Verwaltungs (VG)- und Oberverwaltungsgerichts (OVG) Berlin seien die Anträge nicht hinreichend bestimmt gewesen, weil sie nicht sinnvoll bearbeitet werden könnten. Hinsichtlich der Unterlagen zu Südamerika sei der Anspruch nach erfolgter Stichwortsuche in sämtlichen Registraturen vollständig erfüllt. Das Kanzleramt habe hinreichend dargelegt, dass eine händische Suche unzumutbar sei, weil dies die Durchsicht von über 9000 Aktenbänden voraussetze. Die Journalistin habe auch keinen Anspruch auf Wiederbeschaffung weiterer Unterlagen, falls sich solche – was ungeklärt geblieben ist – im Besitz der Witwe Helmut Kohls befinden sollten.
Urteil des BVerwG
Auch die Revision der Journalistin hatte nun ebenfalls keinen Erfolg. Zwar stehe die Annahme, die Anträge der Journalistin seien zu unbestimmt, nicht mit Bundesrecht in Einklang, so dir Richter am BVerwG. Ein Informationszugangsantrag müsse erkennen lassen, auf welche Informationen er gerichtet sei, was hier der Fall gewesen sei.
Dennoch sei das Urteil des OVG Berlins aber aus anderen Gründen im Ergebnis richtig. Eine Behörde dürfe die Suche nach Informationen in einem äußerst umfangreichen Aktenbestand ausnahmsweise verweigern, wenn mit ihr ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand verbunden wäre. Dies sei zu bejahen, wenn die informationspflichtige Behörde bei der Wahrnehmung ihrer vorrangigen Sachaufgaben erheblich behindert würde. So liege es, wenn Akten im Umfang mehrerer tausend Bände oder der gesamte über mehrere Jahre entstandene Aktenbestand händisch durchsucht werden müsste. Im Einklang mit Bundesrecht habe das OVG einen Anspruch auf Wiederbeschaffung bei der Behörde im Antragszeitpunkt nicht mehr vorhandener Unterlagen abgelehnt. Das Informationsfreiheitsgesetz und das Bundesarchivgesetz gewährten aber lediglich einen Anspruch auf Zugang zu Unterlagen, die bei Antragstellung bei der informationspflichtigen Stelle vorhanden seien.
Auch habe die Journalistin keinen Anspruch auf Wiederbeschaffung weiterer Unterlagen, falls sich solche im Besitz der Witwe Helmut Kohls befinden sollten- – was laut Gericht jedoch ungeklärt geblieben sei.
agr/tsp