Zum Thema Filesharing hat das Oberlandesgericht Köln am 21.07.2010 die unten veröffentlichte Entscheidung getroffen. Wenn Sie rechtliche Fragen zum Thema haben oder einen Rechtsanwalt benötigen, rufen Sie uns an 0221 / 951 563 0 (Beratung bundesweit).

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Konkret hat das Oberlandesgericht Köln folgendes entschieden:

Die Beschwerde gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 208 O 22/10 – vom 16.02.2010 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beschwerdeführerin zu tragen.

G r ü n d e :

I. Die Antragstellerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an der am 20.08.2009 veröffentlichten Tonaufnahme „Guten Morgen Sonnenschein“ des Künstlers und Produzenten U T, die auch auf mehreren zwischen dem 09.10. und 13.11.2009 veröffentlichten Kopplungstonträgern (z.B. „Bravo Hits Vol. 67“) enthalten ist. Sie macht unter Berufung auf Ermittlungen mit Hilfe einer speziellen Software geltend, die betreffenden (durch einen sogenannten Hash-Wert identifizierten) Kopplungstonträger seien zwischen dem 14.01. und 18.01.2010 insgesamt 206mal über Filesharing-Netzwerke (sogenannte Internet-Tauschbörsen) zum Herunterladen angeboten wurde. Auf ihren Antrag ist der Beteiligten, der E V AG (nachfolgend nur: V) als Internet-Service-Providerin vom Landgericht gestattet worden, der Antragstellerin unter Verwendung von Verkehrsdaten Auskunft über den Namen und die Anschrift des Nutzers zu erteilen, dem die jeweiligen IP-Adressen der Tauschbörsen-Anbieter zu dem fraglichen Zeitpunkt zugewiesen waren. Mit ihrer am 19.04.2010 beim Landgericht eingegangenen Beschwerde vom 05.04.2010 trägt die Beschwerdeführerin vor, es sei nicht ihre IP-Adresse und sie könne solche Sachen gar nicht; mit ihrem PC – den sie zur Überprüfung gern zur Verfügung stelle – verschicke sie ausschließlich e-Mails. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Der Senat lässt offen, ob nach erfolgter Auskunft des Internetserviceproviders über den Nutzer einer bestimmten dynamischen IP-Adresse gegen die richterliche Gestattung der Auskunftserteilung grundsätzlich die gegebenenfalls im Wege eines Fortsetzungsfeststellungsantrags (§ 62 FamFG) geltend zu machende Beschwerde (§ 101 Abs. 9 S. 4, 6 und 7 UrhG, §§ 59 ff. FamFG) des benannten Nutzers stattfindet. Soweit unter Nr. 5 der angefochtenen Beschlusses und im (Nichtabhilfe-) Beschluss des Landgerichts vom 21.05.2010 darauf hingewiesen worden ist, dass der Senat mit Beschluss vom 05.05.2009 – 6 W 39/09 (GRUR-RR 2009, 321 – John Bello Story 2) ein eigenes Beschwerderecht des zum Zeitpunkt der richterlichen Gestattung noch unbekannten Anschlussinhabers verneint hat, war dafür der Rechtszustand vor dem 01.09.2009 (Inkrafttreten des FamFG) maßgeblich und die Gründe des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 02.03.2010 (NJW 2010, 833 – Vorratsdatenspeicherung [Rn. 251, 254 ff.]) konnten in die Entscheidung des Senats noch nicht einbezogen werden.

Im Streitfall fehlt es jedoch bereits aus einem anderen Grund an der Statthaftigkeit der Beschwerde: Die Beschwerdeführerin macht nämlich eindeutig keine Beeinträchtigung in ihren Rechten durch den Beschluss des Landgerichts vom 16.02.2010 geltend, sondern behauptet, gerade nicht zu dem davon erfassten Kreis der Anschlussinhaber zu gehören. Sie trägt vor, die (in der Beschwerde nicht näher bezeichnete) IP-Adresse, als deren Nutzerin sie offenbar von der Antragstellerin auf Grund einer inzwischen erteilten Auskunft der V angesehen wird, sei gar nicht die ihre. Damit behauptet sie der Sache nach, dass die von der V erteilte Auskunft falsch sei. Die Richtigkeit der Auskunft war jedoch nicht Gegenstand des gerichtlichen Beschlusses; damit wurde der V lediglich gestattet, zur Erteilung der Auskunft auch sogenannte Verkehrsdaten, nämlich die schon vorher von der Antragstellerin ermittelten Daten konkreter Kommunikationsvorgänge (wonach von bestimmten IP-Adressen aus zu bestimmten Zeitpunkten bestimmte Musikdateien öffentlich zugänglich gemacht wurden) zu verwenden. Umgekehrt entfaltet der Beschluss keine Bindungswirkung gegenüber solchen V-Nutzern, deren IP-Adressen in der Anlage überhaupt nicht aufgeführt waren. Es steht der Beschwerdeführerin daher selbstverständlich frei, sich ihrer Inanspruchnahme durch die Antragstellerin mit dem Einwand zu widersetzen, entgegen der unrichtigen Auskunft der V sei ihr die in Rede stehende IP-Adresse nicht zugeordnet gewesen.

In tatsächlicher Hinsicht mag allerdings in Betracht kommen, dass die Auskunft der V für sich genommen durchaus richtig, also eine der in der Anlage zum Beschluss des Landgerichts aufgeführten 206 dynamischen IP-Adressen der Beschwerdeführerin zugeordnet war. Unter dieser Voraussetzung könnte das Beschwerdevorbringen hilfsweise auch anders zu verstehen sein: Möglicherweise will die Beschwerdeführerin geltend machen, dass nicht sie die in Rede stehende Rechtsverletzung begangen habe, sondern ein (ihr selbst unbekannter) Dritter, der sich zum fraglichen Zeitpunkt (unbefugt) ihres Internet-Anschlusses (und der dem Anschluss gerade zugeordneten IP-Adresse) bedient habe. Auch dieser Einwand berührt den Inhalt des Beschlusses jedoch nicht und ist daher ebenfalls nicht als Beschwerdegrund geeignet: Ob der von der V unter Verwendung von Verkehrsdaten zu benennende Nutzer tatsächlich Täter oder Teilnehmer des in Rede stehenden Urheberrechtsverstoßes oder Störer im urheberrechtlichen Sinne war, konnte und musste das Landgericht nicht prüfen und nicht entscheiden.

III. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass die Beschwerde sogar unabhängig von der Frage ihrer Zulässigkeit jedenfalls unbegründet wäre:

Das Landgericht hat auf Grund des schlüssigen, keinen Ansatz zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen bietenden Vorbringens der Antragstellerin verfahrensfehlerfrei festgestellt, dass aus objektiver Sicht von einer bestimmten dynamischen IP-Adresse aus (nämlich derjenigen, die von der V der Beschwerdeführerin zugeordnet worden ist) eine offensichtliche Verletzung urheberrechtlich geschützter Rechte der Antragstellerin in gewerblichem Ausmaß vorgenommen wurde. Ob die Beschwerdeführerin hierfür verantwortlich gemacht werden kann, war nicht Gegenstand der Entscheidung. Gegen die Begründung des angefochtenen Beschlusses bringt die Beschwerde nichts Erhebliches vor. Es mag zwar nicht völlig auszuschließen sein, dass sich der von der Antragstellerin vorgetragene Sachverhalt in Bezug auf die erwähnte IP-Adresse bei genauerer Überprüfung wegen eines Wahrnehmungs- oder Übertragungsfehlers des von der Antragstellerin eingeschalteten Internetfachmanns (des Geschäftsführers X der … GmbH) als unzutreffend erweisen könnte. Konkrete Anhaltspunkte in diese Richtung sind aber nicht ersichtlich oder geltend gemacht. Soweit die Beschwerdeführerin eine Überprüfung ihres PC anbietet, liegt es auf der Hand, dass eine solche Untersuchung zum Zeitpunkt der richterlichen Anordnung nicht möglich gewesen wäre und eine entsprechende Beweiserhebung durch einen von Gericht beauftragten Sachverständigen schon deshalb nicht im vorliegenden Verfahren, sondern allenfalls im Rahmen einer künftigen gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen der Antragstellerin und der Beschwerdeführerin erfolgen kann.

Die Beschwerde gibt schließlich auch keinen Anlass, die Annahme des Landgerichts zu beanstanden, wonach die von der Antragstellerin dargelegten Rechtsverletzungen gewerbliches Ausmaß hatten. Dafür genügt es nach der Rechtsprechung des Senats regelmäßig, dass über eine Internet-Tauschbörse eine hinreichend umfangreiche Datei innerhalb ihrer relevanten Verkaufs- und Verwertungsphase öffentlich zugänglich gemacht wird (Senat, GRUR-RR 2009, 9 [11] – Ganz anders). So liegt es hier: Die Kopplungstonträger (Sammelalben), auf denen die Tonaufnahme „Guten Morgen Sonnenschein“ enthalten waren und bei denen es sich um umfangreiche Musikdateien handelt, wurden wenige Wochen nach ihrer Erstveröffentlichung und weniger als ein halbes Jahr nach Erscheinen der Single über Tauschbörsen öffentlich zugänglich gemacht. Ob auch die Veröffentlichung nur der einzelnen Aufnahme eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß dargestellt hätte, ist unerheblich, wenn die Rechtsverletzung insgesamt (wie hier) in gewerblichem Ausmaß erfolgt (Senat, a.a.O.).

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 101 Abs. 9 S. 4 UrhG, § 84 FamFG.

Beschwerdewert: 900,00 EUR