Zum Thema Filesharing hat das Landgericht Köln am 24.11.2010 die unten veröffentlichte Entscheidung getroffen. Wenn Sie rechtliche Fragen zum Thema haben oder einen Rechtsanwalt benötigen, rufen Sie uns an 0221 / 951 563 0 (Beratung bundesweit).
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Konkret hat das Landgericht Köln folgendes entschieden:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerinnen zu 1) bis 4) zu gleichen Teilen 3.454,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.02.2010 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten zu 41 % und den Klägerinnen zu je 14,75 % auferlegt.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dies gilt für die Klägerinnen nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerinnen dürfen die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
T a t b e s t a n d:
Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche auf Schadensersatz aufgrund von möglichem Filesharing über den Internetzugang des Beklagten.
Die Klägerinnen zählen zu den führenden deutschen Tonträgerherstellern. Sie sind jeweils Inhaber von zahlreichen Leistungsschutz- und Urheberrechten an verschiedenen Musikstücken. Ob die Klägerinnen Inhaberinnen der ausschließlichen Nutzungsrechte an den in der Klageschrift S. 6-9 aufgezählten Musikstücken sind, ist umstritten. In sog. Online-Tauschbörsen werden Musikstücke als MP3-Dateien von den jeweiligen Beteiligten zum Download angeboten. Hier kann jeder Nutzer der Tauschbörse Musikstücke von den Computern des Anbietenden herunterladen. Hierdurch entstehen den Klägerinnen jährlich erhebliche Schäden. Die Klägerin zu 3) firmierte bis 14.01.2009 als G Entertainment (Germany) GmbH.
Der Beklagte ist Polizist und Mitglied der polizeilichen Informations- und Kommunikationsgruppe für Onlinerecherche und Internetpiraterie. Er ist Inhaber eines Internetzugangs. Dieser Internetanschluss ist in der Privatwohnung des Beklagten installiert. In seinem dortigen Haushalt leben auch die Ehefrau des Beklagten und deren volljähriger Sohn.
Die Firma F Gesellschaft zum Schutz geistigen Eigentums mbH stellte im Auftrag der Klägerinnen über die IP-Adresse ##### am 12.06.2006 um 10:18:22 Uhr MESZ eine vermeintliche Urheberrechtsverletzung dergestalt fest, dass mittels einer Filesharing Software, die auf dem Gnutella-Protokoll basiert, 3.749 Audiodateien zum Herunterladen verfügbar gemacht wurden. Dabei wurden die Aufnahmen „Leuchtturm“ und „99 Luftballons“ von Nena zu Beweissicherungszwecken heruntergeladen und probegehört.
Daraufhin erstatteten die Klägerinnen Strafanzeige gegen Unbekannt und teilten der Staatsanwaltschaft die IP-Adresse des Internetnutzers mit, von dem die angeblichen Downloads ermöglicht wurden. Auf die Anfrage der Staatsanwaltschaft Heilbronn zum Az. 52 Js 24632/06 an die A AG bzw. die B Internet AG ergab sich, dass die obengenannte IP-Adresse zum streitgegenständlichen Zeitpunkt dem Beklagten zugeordnet war. Davon erhielten die Klägerinnen durch Akteneinsicht Kenntnis.
Nach Abmahnung durch ein Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen vom 30.01.2007 gab der Beklagte ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Eine gütliche Einigung über die Kosten des Verfahrens bzw. die Forderungen der Klägerinnen von Schadenersatz kam nicht zustande. Der Beklagte lehnte die Zahlung der begehrten Rechtsanwaltskosten ab.
Die Klägerinnen behaupten, dass sie jeweils die Inhaberinnen der ausschließlichen Nutzungsrechte an den auf Bl. 4-6 der Klageschrift im Einzelnen aufgezählten Musikstücke sind. Die o.g. IP-Adresse sei zu dem genannten Zeitpunkt dem Internetzugang des Beklagten zuzuordnen gewesen. Über den Anschluss des Beklagten seien zum fraglichen Zeitpunkt 3.749 Musikdateien zum Download angeboten worden.
Die Klägerinnen haben bis zur teilweisen Klagrücknahme ihre Forderung zum einen auf Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie gestützt und insoweit einen Schaden von 2.471 EUR geltend gemacht. Sie begehren jetzt nur noch den Ersatz der durch die Abmahnung entstandenen Rechtsverfolgungskosten. Dabei gehen sie von einem Gegenstandswert für die Abmahnung in Höhe von 400.000 EUR aus und berechnen daraus eine 1,3 Gebühr in Höhe von 3.434,60 zzgl. 20 EUR Post- und Telekommunikationspauschale.
Die Klägerinnen tragen vor, sie hätten bei der Abmahnung nicht gewusst, dass der Sohn der Ehefrau des Beklagten die Tat gegenüber der Polizei gestanden habe, da aus der Einstellungsmitteilung, die die Klägerinnen erhielten, hervorging, beide Tatverdächtigen, der Beklagte und der Sohn seiner Ehefrau hätten vom Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Die Ergebnisse der Hausdurchsuchung bei dem Beklagten seien nicht geeignet, Beweis über die Täterschaft zu erbringen, da der „Hausbesuch“ ohne Durchsuchungsbeschluss von Beamten der Dienststelle erfolgt sei, bei der auch der Beklagte selber seinen Dienst tut.
Die Klägerinnen haben am 30.12.2009 einen Mahnbescheid gegen den Beklagten beantragt auf Zahlung von 5.925,60 EUR, der dem Beklagten am 10.02.2010 zugestellt wurde. Zunächst ist die Adresse des Beklagten mit „C-Straße, D“ angegeben worden, nachdem der Adressat unter der Anschrift nicht zu ermitteln war, haben die Klägerinnen darüber Nachricht erhalten und nach einer Auskunft durch das Einwohnermeldeamt am 03.02.2010 die Neuzustellung an die jetzige Adresse des Beklagten beantragt. Die Hauptforderung ist im Mahnbescheid wie folgt beschrieben Worden: „Schadenersatz aus Unfall/Vorfall gem. Rechtsanwaltshonorar – 06-32862 KS vom 12.06.06 bis 30.01.07“.
Die Klägerinnen beantragen, nachdem sie die Klage in Höhe von 2.471 EUR zurückgenommen haben,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerinnen zu 1) bis 4) zu gleichen Teilen 3.454,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.04.2010 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, die Klägerinnen seien hinsichtlich der aufgeführten Musiktitel nicht aktivlegitimiert. Er habe die streitgegenständlichen Verletzungshandlungen nicht begangen und sei auch nicht als Störer passivlegitimiert. Vielmehr habe der erwachsene Sohn seiner Ehefrau gegenüber der Polizei gestanden, die Dateien heruntergeladen zu haben.
Der Beklagte ist der Auffassung, das Landgericht Köln sei nicht zuständig. Im Übrigen wendet er Verjährung ein.
Er trägt weiter vor, die Kosten seinen den Klägerinnen nicht entstanden. Ihr Vorgehen sei rechtsmissbräuchlich. Die Zahlungen kämen nicht den Rechteinhabern zugute, der eigentliche Kläger sei der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen. Es stehe dem Prozessbevollmächtigten nämlich frei, als angemessen zu betrachten und dann zu behalten, was zu erlangen sei. Diese Vereinbarung liege der Beauftragung des Prozessbevollmächtigten zugrunde.
Darüber hinaus seien die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft nicht verwertbar gewesen, da diese verfassungswidrig erlangt worden seien. Es folge daraus ein Beweisverwertungsverbot.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:
Die Klage ist zulässig und mit dem nach der Rücknahme verbleibenden Antrag begründet, da den Klägerinnen der noch geltend gemachte Anspruch gegen den Beklagten nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag zusteht. Im Einzelnen:
I.
Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln ist gegeben, da die Verletzungshandlung planmäßig über das Internet auch in Köln und damit im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Köln erfolgte. Die Zuständigkeit gemäß § 32 ZPO ist daher gegeben, da die unerlaubte Handlung auch in Köln begangen wurde (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 26. Auflage, § 32 Rn. 17, m.w.N.).
II.
Den Klägerinnen steht ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 3.454,60 EUR gegen den Beklagten zu.
1.
Der Anspruch ist nicht bereits verjährt. Zwar konnte der am 30.12.2009 beantragte Mahnbescheid erst am 10.02.2010 zugestellt werden. Dies war jedoch noch demnächst im Sinne von § 167 ZPO, so dass die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB ab diesem Zeitpunkt gehemmt war. Denn die durch den Wohnungswechsel des Beklagten erfolge Verzögerung hindert die Rückwirkung nicht (Greger in Zöller, ZPO, § 167 Rz. 13). Der Anspruch war auch hinreichend konkret bezeichnet, da es um die Erstattung der Rechtsanwaltskosten aufgrund des Urheberrechtsvorfalls am 12.06.2006 ging.
2.
Die Abmahnkosten sind über das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag zu ersetzen. Denn derjenige, der vom Störer die Beseitigung einer Störung bzw. Unterlassung verlangen kann, hat nach ständiger Rechtsprechung im Urheberrecht grundsätzlich über dieses Institut einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen gem. §§ 683 S. 1, 670 BGB, soweit er bei der Störungsbeseitigung hilft und im Interesse und im Einklang mit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Störers tätig wird (BGH, NJW 1970, 243; 2002, 1494). Die gesetzliche Sonderregelung in § 12 Abs. 1 S. 2 UWG schließt außerhalb des Wettbewerbsrechts den Ersatz von Abmahnkosten über den vorgenannten Weg nicht aus. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit § 12 UWG nur die Grundsätze nochmals ausdrücklich anerkannt, die zuvor die Rechtsprechung zum Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten im Rahmen der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen bereits entwickelt hatte (vgl. Bornkamm, in: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl. 2004 § 12 Rn 1.77 f. 1.85 ff.) Es entspricht dem mutmaßlichen Willen des Störers, die durch die Verletzungshandlung entstehenden Kosten, auch die der Abmahnung selbst, möglichst gering zu halten. Insbesondere die durch Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts veranlassten Kosten sind daher zu ersetzen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind.
Das an den Beklagten gerichtete Abmahnschreiben vom 30.01.2007 war veranlasst. Denn es lag eine Rechtsverletzung vor, für die der Beklagte jedenfalls als Störer haftet und die Einschaltung der Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen war nicht rechtswidrig.
Den Klägerinnen stand nach § 97 UrhG ein Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten zu. Die Aktivlegitimation der Klägerinnen für die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs ist gegeben, da die Klägerinnen Inhaberinnen der ausschließlichen Nutzungsrechte an den auf S. 6-9 der Klageschrift genannten Titeln sind.
Zwar hat der Beklagte die Aktivlegitimation bestritten. Dies erfolgte jedoch ersichtlich ins Blaue hinein und ist daher unbeachtlich. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich aus der H Datenbank die Rechteinhaberschaft der Klägerinnen zusätzlich ergibt. Die Klägerinnen sind nicht verpflichtet gewesen, eine vollständige Rechtekette für jeden Titel im Einzelnen darzulegen, die sie lückenlos mit dem ursprünglichen Rechteinhaber verbindet. Grundsätzlich ist zwar davon auszugehen, dass eine entsprechende Darlegung erforderlich ist. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Verletzer seinerseits in abweichender Einspielung oder äußerer Gestaltung Tonträger oder digitale Versionen von Musikstücken angeboten bzw. vertrieben und sich darauf berufen hat, ihm seien von dritter Seite entsprechende Rechte eingeräumt worden bzw. das Schutzrecht des Anspruchstellers sei abgelaufen oder in Deutschland nicht rechtsbeständig (vgl. OLG Hamburg in GRUR-RR 2008, 282). Anders verhält es sich indes im vorliegenden Fall. Der Beklagte bestreitet die Rechteinhaberschaft der Klägerin lediglich pauschal und unsubstantiiert. Er tut dies erkennbar ausschließlich aus prozesstaktischen Erwägungen, um den Klägerinnen die Durchsetzung ihrer Rechte zu erschweren, was sich aus den pauschalen und in allen Verfahren wiederkehrenden formularmäßigen Schriftsätzen zeigt.
Soweit die Klägerinnen ihren Vortrag zu dem Lied „Nur Geträumt“ von Nena insoweit korrigiert haben, als dieses versehentlich zu Unrecht in der Liste der Anspruchsbegründung S. 6 aufgeführt wurde, haben sie dargelegt, dass es sich richtigerweise um das Lied „Leutturm“ handelte, das an anderer Stelle zutreffend aufgeführt war. Der Beklagte trägt im Übrigen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Vortrag der Klägerinnen insoweit unzutreffend sein könnte. Die Kammer geht daher davon aus, dass sich der Beklagte nicht erfolgreich „ins Blaue hinein“ auf ein pauschales Bestreiten der Rechteinhaberschaft beschränken kann. Eine derartige Rechtsverteidigung kann nur erfolgreich sein, wenn der Beklagte einzelfallbezogen konkrete Anhaltspunkte vorträgt, die Zweifel an der Rechteinhaberschaft der jeweiligen Klägerin wecken können. Dies ist vorliegend nicht geschehen (vgl. OLG Hamburg a.a.O.). Deshalb waren die Klägerinnen auch nicht verpflichtet, zu allen der geltend gemachten Verletzungstitel vollständige Rechteketten nachzuweisen. Ein derartiges Verlangen würde letztlich den Anspruch der Klägerin auf effektiven Rechtsschutz leer laufen lassen (vgl. OLG Hamburg a.a.O.).
Ohne weiteres handelt es sich bei den Musikdateien um geschützte Werke im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 UrhG bzw. um Musikstücke, an denen Leistungsschutzrechte gemäß §§ 73, 85 UrhG bestehen.
Die Passivlegitimation des Beklagten im Rahmen einer Haftung als Störer ist ebenfalls gegeben. Es ist davon auszugehen, dass die 3.749 Musikdateien zum Download über den Internetanschluss des Beklagten angeboten wurden. Hierfür spricht bereits die als Anlage K1 vorgelegte Log-Datei. Die Klägerinnen tragen insoweit unbestritten vor, dass diese Datei als Ergebnis aus den Ermittlungen der F GmbH ausgedruckt worden sei. Aus diesem Ausdruck ergibt sich, dass über die fragliche IP-Adresse 3.749 Musik-Dateien zu dem genannten Zeitpunkt zum Download angeboten wurden. Ohnehin trägt der Beklagte vor, der Sohn seiner Ehefrau habe diese Dateien über den Internetzugang des Beklagten zugänglich gemacht.
Weiteres Bestreiten des Beklagten ist aus diesem Grund unbeachtlich. Die Frage eines Beweisverwertungsverbotes kann mangels streitiger Tatsache insoweit dahinstehen.
Bei dieser Sachlage haftet der Beklagte nach den Grundsätzen der Störerhaftung auf Unterlassung. Denn den Vortrag des Beklagten zugrunde gelegt, ist davon auszugehen, dass es kein unbekannter Dritter war, der die Musikstücke über das Internet öffentlich zugänglich machte, sondern der Sohne der Ehefrau des Beklagten. Im Rahmen des Unterlassungsanspruchs haftet in entsprechender Anwendung des § 1004 BGB jeder als Störer für eine Schutzrechtsverletzung, der – ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat (vgl. Urteil des OLG Köln vom 23.12.2009, Az. 6 U 101/09, m.w.N.).
Wenn der Beklagte Dritten, auch und gerade Mitgliedern seines Haushalts, innerhalb seines Haushalts einen Internetzugang zur Verfügung stellte und ihnen dadurch die Teilnahme an der Musiktauschbörse ermöglichte, dann war dieses willentliche Verhalten adäquat kausal für die Schutzrechtsverletzung. Jedenfalls seit dem Auftreten der Filesharing-Software „Napster“ im Herbst 1999 ist derartiges auch nicht mehr ungewöhnlich und wird insbesondere und gerade von Jugendlichen und jungen Erwachsenen vielfältig in Anspruch genommen. Durch die gesetzgeberischen Bemühungen, dem entgegenzuwirken, und dem verstärkten Tätigwerden der Strafverfolgungsbehörden ist dieser Umstand in den letzten Jahren auch nachhaltig in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt worden. Zudem hatte der Beklagte nach eigener Auskunft aus seiner Tätigkeit als Polizeibeamter und Mitglied der polizeilichen Informations- und Kommunikationsgruppe für Onlinerecherche und Internetpiraterie besondere Kenntnisse auf diesem Gebiet. Vor diesem Hintergrund konnte der Beklagte nicht die Augen davor verschließen, dass das Überlassen eines Internetzugangs an einen Dritten die nicht unwahrscheinliche Möglichkeit mit sich bringt, dass von diesem derartige Rechtsverletzungen begangen werden. Dieses Risiko löst Prüf- und Handlungspflichten desjenigen aus, der den Internetzugang ermöglicht, um der Möglichkeit solcher Rechtsverletzungen vorzubeugen.
Die Erfüllung dieser Prüf- und Handlungspflichten hat der Beklagte jedoch nicht dargetan.
Wenn demnach von einer Rechtsverletzung auszugehen ist, ist der Beklagte auch zur Erstattung der Abmahnkosten nach den Grundsätzen der GOA verpflichtet.
Die Einschaltung eines Rechtsanwalts war auch grundsätzlich erforderlich im Sinne von § 670 BGB (vgl. OLG Köln a.a.O.).
Die Rechtsverfolgung durch die Beklagten ist auch nicht rechtsmissbräuchlich gem. § 242 BGB. Die illegale öffentliche Zugänglichmachung urheberrechtlich geschützter Musikwerke hat in den letzten Jahren ein enormes Ausmaß angenommen. Das Unrechtsbewusstsein der Mehrzahl der Rechtsverletzer ist dabei erschreckend wenig ausgebildet. Durch das öffentliche Zugänglichmachen von Musiktiteln im Internet über Filesharing-Systeme wird die Musikindustrie jedes Jahr in einem ganz erheblichen Umfang geschädigt, was durch verstärkte Berichterstattung in den Medien auch seit einigen Jahren eindringlich in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht wird. Dieser Umstand hat auch den Gesetzgeber inzwischen bewogen, tätig zu werden und die einschlägigen Gesetze zu verschärfen, um derartigen Rechtsverletzungen wirksam entgegen zu treten und die Rechtsstellung der Urheber und der Inhaber von Nutzungsrechten zu stärken (vgl. hierzu auch OLG Hamburg GRUR-RR 2004, 342). Vor diesem Hintergrund sind die verstärkten Bemühungen der Musikindustrie, gegen Urheberrechtsverletzungen vorzugehen und diese zu unterbinden, zu sehen, die sich in der erhöhten Anzahl an Abmahnungen niederschlägt. Ein Rechtsmissbrauch kann darin nicht erblickt werden. Diese Bemühungen stellen sich vielmehr als legitime Wahrnehmung von berechtigten Rechten und Ansprüchen von Unternehmen wie den Klägerinnen dar und darüber hinaus als einziges Mittel, um den Rechtsverletzungen wirksam und effektiv entgegen zu wirken (vgl. OLG Köln a.a.O.).
Hinsichtlich der Höhe der Abmahnkosten hat das OLG Köln (a.a.O.) in einem ähnlichen Fall folgendes ausgeführt:
„Der Höhe nach steht den Klägerinnen neben der Portopauschale von 20 EUR nur eine 1,3 Gebühr nach VV 2300 zum RVG in Höhe von 2.360,00 EUR zu.
Der Berechnung ist ein Gegenstandswert von 50.000 EUR für jede der vier Klägerinnen, in der Summe mithin ein Wert von 200.000 EUR zugrunde zu legen. Die Abmahnung diente dem Ziel, ein weiteres Anbieten von zu Gunsten der jeweiligen Klägerin geschützten Musiktiteln im Internet zum Download zu verhindern. Dieses Interesse ist nicht in mathematischer Abhängigkeit von der Anzahl der in das Netz gestellten Titel zu bemessen, vielmehr sind die Gesamtumstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Jede der vier Klägerinnen hatte im Ausgangspunkt schon wegen der unberechtigten Nutzung eines der zu ihren Gunsten geschützten Titel ein erhebliches Interesse an der Durchsetzung ihrer Ansprüche, weil bei einer Fortsetzung der Teilnahme an der Tauschbörse ein erneutes Einstellen von Titeln in nicht vorherzusehender Anzahl drohte. Dieses Interesse war noch dadurch gesteigert, weil von dem Internetanschluss der Beklagten bereits in ganz erheblichem Umfang Rechtsverletzungen vorgenommen worden waren. Es sind am 9.8.2005 insgesamt 964 Musikdateien im MP-3 Format von dem Computer der Beklagten aus zum Download angeboten worden. Die Klägerinnen mussten danach befürchten, dass ohne ein erfolgreiches Einschreiten zukünftig in ähnlichem Umfang Rechtsverletzungen vorgenommen werden würden. Dabei ist es von untergeordneter Bedeutung, dass nur für 131 Titel die Rechtsinhaberschaft einer der Klägerinnen konkret dargelegt worden ist. Für den aus der hohen Zahl von nahezu 1000 Titeln folgenden Gefährdungsgrad ist es unerheblich, dass die Titel nicht alle zu Gunsten der jeweiligen einzelnen Klägerin geschützt waren. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass es sich zumindest bei einer Anzahl von Musikstücken – wie etwa denjenigen von „The Who“ – nicht um aktuelle Neuerscheinungen gehandelt hat. Es kann danach nicht von einer besonders hohen Zugriffswahrscheinlichkeit ausgegangen werden. Nicht zuletzt angesichts der von den Klägerinnen selbst in deren als Anlage K 8 vorgelegtem Schreiben vom 11.1.2006 vorgenommenen Berechnung, wonach für den legalen Erwerb der in Rede stehenden 964 Titel ein Betrag von ca. 1.339 EUR aufzubringen gewesen wäre, schätzt der Senat unter Berücksichtigung dieser Umstände das Interesse der vier Klägerinnen einheitlich auf je 50.000 EUR, woraus sich der Gesamtwert von (4 x 50.000 EUR =) 200.000 EUR ergibt.
Entsprechend den Ausführungen der Klägerinnen auf S. 15 der Klageschrift ist eine 1,3 Gebühr aus VV 2300 der Anlage 1 zum RVG entstanden. Diese Gebühr ist nicht gem. VV 1800 der Anlage 1 zum RVG um insgesamt 0,9 Gebühren auf 2,2 Gebühren zu erhöhen, weil es sich für die Bevollmächtigten der Klägerinnen nicht um dieselbe Angelegenheit im Sinne der §§ 7 Abs. 1, 15 Abs. 2 RVG gehandelt hat. Die vier Klägerinnen machen nicht denselben, sondern jede eigene Ansprüche geltend, indem sie sich – wie es die Aufstellung auf S. 5 ff der Klageschrift ausweist – auf die Verletzung von speziellen, jeweils nur einer von ihnen zustehenden Rechten an unterschiedlichen Musiktiteln berufen. Entgegen der im Berufungsverfahren von den Beklagten im Schriftsatz vom 27.11.2009 geäußerten Auffassung steht ihnen die Gebühr auch nicht in einer den Satz von 1,3 übersteigenden Höhe zu, weil ihre Tätigkeit im Abmahnverfahren weder schwierig noch umfangreich war. Den Klägerinnen mag einzuräumen sein, dass die Materie nicht jedem Rechtsanwalt vertraut sein wird. Es ist aber davon auszugehen, dass die Erarbeitung der Abmahnung für ihre auf die Materie spezialisierten Rechtsanwälte keinen überdurchschnittlichen Aufwand erfordert hat und sogar weitgehend der Einsatz von Textbausteinen möglich war. Anhaltspunkte für besondere Schwierigkeiten des Einzelfalles sind nicht ersichtlich oder vorgetragen. Insbesondere brachte es auch keinen Mehraufwand mit sich, die Abmahnung statt nur für einen Mandanten für die vier Klägerinnen auszusprechen.
Zusätzlich zu der 1,3 Gebühr gem. VV 2300 in Höhe von 2.360 EUR hat die Beklagte auch die Portopauschale in Höhe von 20 EUR aus VV 7002 zum RVG zu zahlen, woraus sich der tenorierte Gesamtbetrag von 2.380 EUR ergibt.“
Die Kammer schließt sich diesen Ausführungen an. In Anbetracht der Tatsache, dass die Anzahl der online gestellten Titel vorliegend bei 3.749 lag, schätzt die Kammer den Streitwert unter Berücksichtigung der durch das Oberlandesgericht dargestellten Kriterien wie das OLG Köln in dem genannten Verfahren auf 100.000,00 EUR pro Klägerin. Insgesamt ist somit von einem Streitwert in Höhe von 400.000,00 EUR auszugehen. Hieraus ergibt sich, dass nach dem RVG eine Vergütung in Höhe von 3.434,60 EUR zzgl. Unkostenpauschale in Höhe von 20,00 EUR, insgesamt 3.454,60 EUR.
Der Anspruch der Klägerinnen scheitert auch nicht daran, dass sie nicht dargelegt haben, dass die Rechtsanwaltskosten bereits in der geltend gemachten Höhe bezahlt wurden. Soweit die Klägerinnen ihre Rechtsanwälte bislang nicht bezahlt haben, können sie aufgrund der Weigerung des Beklagten, die Rechtsanwaltskosten zu tragen, direkt auf Leistung klagen (OLG Köln MMR 2008, 477).
Soweit der Beklagte gegen die von den Klägerinnen aus § 683 BGB geltend gemachten Aufwendungen einwendet, die Zahlungen kämen nicht den Rechteinhabern zugute, der eigentliche Kläger sei der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen, führt dies, wie auch der Vortrag, es stehe dem Prozessbevollmächtigten frei, als angemessen zu betrachten und dann zu behalten, was zu erlangen sei, diese Vereinbarung liege der Beauftragung des Prozessbevollmächtigten zugrunde, zu keinem anderen Ergebnis.
Die Behauptungen des Beklagten, die Zahlungen kämen nicht den Rechteinhabern zugute, der eigentliche Kläger sei der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen, sowie es stehe dem Prozessbevollmächtigten frei, als angemessen zu betrachten und dann zu behalten, was zu erlangen sei, erfolgen hier ins Blaue hinein. Der Beklagte kennt keine Einzelheiten der Vereinbarung zwischen den Klägerinnen und deren Prozessbevollmächtigten. Er stellt vielmehr Mutmaßungen über deren Inhalt an, für die er keine hinreichenden Anhaltspunkte vorträgt. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass er sich zum Beweis auf die Mitarbeiter der Rechtsabteilungen der Klägerinnen bezieht, hier ist nicht erkennbar, dass er sich insoweit auf mehr als bloße Vermutungen bezieht.
Der nach der mündlichen Verhandlung eingereichte Schriftsatz des Beklagten vom 12.11.2010 gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Soweit er neues tatsächliches Vorbringen enthält war dieses verspätet, denn einen Schriftsatznachlass hatte der Beklagte weder beantragt und nicht eingeräumt erhalten. Gleiches gilt für den Schriftsatz der Klägerinnen vom 22.11.2010.
III.
Die Zinsforderung ergibt sich aus §§ 291, 288 BGB.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
Streitwert: 5.925,60 EUR bis 03.11.2010, danach 3.454,60 EUR.