Zum Thema Filesharing hat das Oberlandesgericht Düsseldorf am 15.03.2011 die unten veröffentlichte Entscheidung getroffen. Wenn Sie rechtliche Fragen zum Thema haben oder einen Rechtsanwalt benötigen, rufen Sie uns an 0221 / 951 563 0 (Beratung bundesweit).

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Konkret hat das Oberlandesgericht Düsseldorf folgendes entschieden:

Die Berufung des Antragstellers gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Land-gerichts Düsseldorf vom 28. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Gründe

A.

Der Antragsteller, der den Künstlernamen X. führt, ist als Rapkünstler tätig. Sein Musikalbum mit dem Titel “X. …” erschien am … . Die Antragsgegnerin vermittelt als Internetprovider Kunden den Zugang zum Internet, was ihnen auch erlaubt, Dateien aus dem Internet zu laden und sie über sogenannte Internettauschbörsen (Filesharing-Netzwerke) Dritten zur Verfügung zu stellen. Der Antragsteller befürchtet, dass auf diesem Wege seine Rechte nach dem Urheberrechtsgesetz verletzt werden. Zu seiner Rechtsinhaberschaft hinsichtlich des Musikalbums hat er als Anlage AST 2 eine eigene eidesstattliche Versicherung vom 2. Februar 2010 vorgelegt. Um seine Rechte zu wahren, erstrebt er von der Antragsgegnerin Auskunft, wer über sie Zugang zu Tauschbörsen hatte. Die Antragsgegnerin soll ihm nach § 101 Abs. 1 und 2 Nr. 3 UrhG den Namen und die Anschrift der Personen mitteilen, denen eine von ihm, dem Antragsteller, mitgeteilte bestimmte “dynamische IP-Adresse” zu ebenfalls mitgeteilten Zeitpunkten für den einzelnen Internetzugang zwecks Nutzung des Musikalbums zugewiesen war. Nach § 101 Abs. 7 UrhG verlangt er die Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung.

Mit seinem Antrag vom 17. Juni 2010 hat der Antragsteller zum einen die Auskunft hinsichtlich zweier IP-Adressen vom selben Tag begehrt und zum anderen hinsichtlich von ihm künftig noch mitzuteilender IP-Adressen, letzteres zunächst befristet bis zum 19. September 2010. Das zweite Begehren wird kurz gefasst als Auskunft “auf Zuruf” oder Anspruch “auf Vorrat” bezeichnet. Im Hinblick auf die Angabe der Antragsgegnerin, die IP-Adressen seien nur für die Dauer der jeweiligen Verbindung in ihrem technischen Systemen vorhanden, sie würden nicht gespeichert, hat der Antragsteller sein erstes Begehren nicht weiterverfolgt. Zum allein weiterverfolgten zweiten Antrag hat der Antragsteller für den Fall, dass die Auskunft Verkehrsdaten nach § 3 Nr. 30 TKG betreffen sollte, nach § 101 Abs. 9 UrhG das Hilfsbegehren eingeführt, der Antragsgegnerin die Auskunftserteilung unter Verwendung von Verkehrsdaten zu gestatten.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil den aufrecht erhaltenen Teil des Verfügungsbegehrens zurückgewiesen. Angesichts der seit Erscheinen des Musikalbums verflossenen Zeit hat es für den Anspruch auf Auskunft “auf Zuruf” schon keinen Verfügungsgrund gesehen. Da offensichtliche Verletzungshandlungen in Bezug auf die Einzelfälle nicht konkret glaubhaft gemacht werden könnten und es in Bezug auf sie auch an einer Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG fehle, – es gehe um Verkehrsdaten -, gebe es aber auch keinen Verfügungsanspruch auf eine solche Auskunft. Eine Gestattung des Zugriffs auf Verkehrsdaten, wie sie hilfsweise begehrt werde, komme ohne eine Prüfung des Einzelfalls ebenso wenig in Frage.

Mit seiner am 1. September 2010 erhobenen und begründeten Berufung verfolgt der Antragsteller sein zurückgewiesenes Begehren ohne die zeitliche Begrenzung weiter. Des Weiteren begehrt er höchst hilfsweise jetzt auch das Verbot einer vorzeitigen Löschung der Datensätze.

Der Antragsteller bezieht sich auf sein Vorbringen erster Instanz, das er vertieft. Er hält das Absehen von der anfänglichen zeitlichen Begrenzung seines Begehrens nicht für eine Änderung des Verfahrensgegenstands. Den Verfügungsgrund bejaht er, auch wenn er jetzt keine Auskunft mehr zu kurz zurückliegenden einzelnen Rechtsverletzungen suche. Was seine allgemeine Kenntnis von Rechtsverletzungen mittels Internetzugängen bei der Antragsgegnerin angehe, habe sich die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit erst ergeben, als die Antragsgegnerin auf seinen Anspruch hin keine Auskunft erteilt habe. In der weiterverfolgten Sache hebt er darauf ab, dass er Auskunft aus laufenden Verbindungen verlange, so dass es nicht um eine Speicherung von Verbindungsdaten durch die Antragsgegnerin gehe. Mit Namen und Anschrift würden Bestandsdaten begehrt und keine Verkehrsdaten. Der Antragsteller meint, seine Anträge umschrieben die offensichtlichen Verletzungshandlungen, wie sie in Bezug auf konkrete Einzelfälle im Verfahren des § 101 Nr. 9 UrhG überhaupt nur geprüft werden könnten. Um effektiven Rechtsschutz für sein geistiges Eigentum zu gewährleisten und damit dem Ziel der europäischen Richtlinie zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums und des deutschen Gesetzes zu ihrer Umsetzung gerecht zu werden, bedürfe es, wenn die Auskunft nur aus der laufenden Internet-Verbindung erteilt werden könne, einer antizipierten Prüfung der rechtlichen Voraussetzungen. Werde seinen Begehren nicht stattgegeben, könne er seine Ansprüche auf Auskunft, Unterlassung und Schadensersatz nicht durchsetzen. Äußerstenfalls müsse der Antragsgegnerin die Löschung der zur Auskunft nötigen Daten untersagt werden. Sein Anspruch hierauf ergebe sich “sowohl aus dem durch § 101 Abs. 1 und 2 UrhG begründeten Schuldverhältnis, als auch hinsichtlich der der Antragsgegnerin bekannten Rechtsverstöße aus § 1004 BGB.”

Der Antragsteller beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

künftig ihm, dem Antragsteller, unverzüglich Auskunft zu erteilen über den Namen und die Anschrift derjenigen Nutzer, denen die von ihm, dem Antragsteller, mitgeteilten IP-Adressen zu den jeweiligen Zeitpunkten zugewiesen waren,

soweit die künftige Mitteilung von ihm, dem Antragsteller, oder von ihm beauftragter Dritter an die Antragsgegnerin

a) sich auf die Verletzung von Urheber- und/oder Leistungsschutzrechten

b) bezüglich des Musikalbums “X. …”

c) in Filesharing-Netzwerken (beispielsweise “BitTorrent” oder “eDonkey2000”)

d) durch öffentliches Zugänglichmachen einer Datei unter dem Hashwert “xxx”

e) unter Zuhilfenahme eines durch die Antragsgegnerin zur Verfügung gestellten Internet-Anschlusses

f) aus einer zum Zeitpunkt der Mitteilung an die Antragsgegnerin laufenden Verbindung bezieht

und nachfolgender Form entspricht

“Es wird mitgeteilt, dass die Urheber- und/oder Leistungsschutzrechte des Herrn A., Künstlername “X.”, …straße …, B. an dem Musikalbum “X. …” verletzt werden, indem ein Internetnutzer durch die Teilnahme an einem Filesharing-Netzwerk eine Datei unter dem Hashwert “xxx” im Internet öffentlich zugänglich macht.

Die IP-Adresse lautet. xxx.xxx.xxx.xxx.

Zeitpunkt der ersten Feststellung: Datum xx.xx.xxxx Uhrzeit xx.xx.xx

Es wird für den Rechteinhaber die Erteilung der Auskunft über den Namen und die Anschrift des Nutzers gefordert.”

und keinerlei Veränderungen hinsichtlich der mit der Anlage AST 2 glaubhaft gemachten Angaben eingetreten sind,

wobei der letzte Absatz der vorformulierten Mitteilung hier auf die Sicherstellung einer Auskunft über den Namen und die Anschrift gerichtet ist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen,

hilfsweise

sie zurückzuweisen,

weiter hilfsweise

die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung von einer angemessenen Sicherheitsleistung, mindestens 1 Mio. Euro, abhängig zu machen und die Zwangsvollstreckung nicht vor neun Monaten zuzulassen.

Die Antragsgegnerin hält die Berufung für unzulässig, weil der Antragsteller seit dem Ablauf des 19. September 2010 durch das angefochtene Urteil materiell nicht mehr beschwert sei. Die jetzigen Anträge seien eine Klageerweiterung im Sinne des § 264 Nr. 2 ZPO. Sie sei unzulässig, weil in zweiter Instanz nur noch die Erweiterung verfolgt werde.

Die Antragsgegnerin verneint weiterhin einen Verfügungsgrund. Es sei offensichtlich von Anfang an mit Vervielfältigungen des Musikalbums in Tauschbörsen zu rechnen gewesen, und zwar auch durch ihre, der Antragsgegnerin, Kunden. Die Rechtverfolgung des Antragstellers sei zudem unzulässig, weil er sich die IP-Adressen – personenbezogene Daten – heimlich unter Verstoß gegen den Datenschutz verschafft habe. Hinsichtlich des Auskunftsbegehrens fehle es an der vorherigen richterlichen Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG, derer es bedürfe, weil es um sogenannte Verkehrsdaten gehe. Sie hält daran fest, dass es eine Verurteilung zur Auskunft und auch eine vorherige richterliche Anordnung über die Verwendung von Verkehrsdaten nicht vorab hinsichtlich künftiger Anfragen geben dürfe. Im Übrigen bestreitet sie die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen der Auskunftsansprüche des § 101 Abs. 1 und 2 UrhG im Streitfall, insbesondere auch im Hinblick auf die seit dem Erscheinen des Musikalbums verflossene Zeit. Sie hebt weiterhin hervor, dass es an einer hinreichenden datenschutzrechtlichen Grundlage für die begehrte Datenerhebung fehle und dass sie die dynamischen IP-Adressen tatsächlich nicht erhebe und speichere.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Beug genommen.

B.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist nicht zu verwerfen, weil es an einer Beschwer des Antragstellers durch das angefochtene Urteil fehlen würde. Der Antragsteller verfolgt sein im angefochtenen Urteil zurückgewiesenes Begehren mit der Berufung bis jetzt weiter. Die Zurückweisung dieses Begehrens macht die materielle Beschwer des Antragstellers aus. Sie besteht fort, auch wenn es jetzt aus sachlichen Gründen keinen Erfolg mehr haben kann, weil die Voraussetzungen, an die die Ansprüche nach der alten Fassung anknüpfen, sich nicht verwirklicht haben. Gegenstand der landgerichtlichen Entscheidung ist allein der Anspruch des Antragstellers auf Auskunft, hilfsweise auf Gestattung der Auskunft aufgrund bis zum 19. September 2010 mitgeteilter IP-Adressen. Mitteilungen bis zum 19. September 2010 hat es aber, wie die Antragsgegnerin in der Berufungserwiderung unwidersprochen vorgetragen hat, nicht gegeben. Die beiden Anfragen vom 17. Juni 2010 waren Gegenstand des besonderen ersten Begehrens des Verfügungsantrags, das der Antragsteller schon vor dem Landgericht ausdrücklich hat fallen lassen. Mangels Erledigungserklärung ist das Begehren unverändert Gegenstand des Verfahrens geblieben.

Das Verfügungsverfahren konnte um neue Ansprüche erweitert werden, wie es bereits mit der Berufung geschehen ist, als das Begehren auf Auskunft, hilfsweise auf Gestattung der Auskunft, auf die gesamte Zukunft erstreckt worden ist, bevor dann später höchst hilfsweise noch das Verbot der Löschung von Datensätzen eingeführt wurde.

Sind die erstinstanzlichen Ansprüche trotz fehlender Erfolgsaussicht im Berufungsverfahren Streitgegenstand geblieben, wird der von der Antraggegnerin angeführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Streitfall Rechnung getragen, dass nämlich für die Zulässigkeit einer Berufung mit einem im Berufungsverfahren neu eingeführten Begehren das erstinstanzliche Begehren weiterverfolgt worden muss, und zwar bis zu der für die Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtsmittels maßgeblichen Berufungsverhandlung (NJW-RR 2002, 1435 und 2006, 442). In den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Sachen waren – anders als im vorliegenden Streitfall – Ansprüche durch eine Klagerücknahme oder einen Vergleich aus dem Rechtsstreit ausgeschieden.

Die Berufung ist aber unbegründet. Der Hauptanspruch des Antragstellers auf Auskunft hat in Bezug auf Anfragen bis zum 19. September 2010 schon deshalb keinen Erfolg, weil es – wie dargestellt – keine solchen Anfragen gibt. Der Auskunftsanspruch ist aber auch mit seiner Erweiterung, also in Bezug auf Anfragen ohne zeitliche Begrenzung nicht gerechtfertigt.

Der Anspruch ist auf künftige Leistungen im Sinne des § 259 ZPO gerichtet. Es geht nämlich um Auskunft, die die Antragsgegnerin nach künftigen Anfragen des Antragstellers geben soll. Voraussetzung für eine solche Verurteilung ist neben der Besorgnis, dass die Antragsgegnerin die Leistung verweigern wird, die Entstehung des Auskunftsanspruchs bereits dem Grunde nach. Hieran fehlt es aus mehreren Gründen.

Die Entstehung des Auskunftsanspruchs gegenüber der Antragsgegnerin in Ansehung des Musikalbums des Antragstellers und seiner Zugänglichmachung in Tauschbörsen durch Nutzer des Internetzugangs der Antragsgegnerin lässt sich nicht für alle Zukunft dem Grunde nach feststellen; der Anspruch entsteht vielmehr immer neu. Das Urheberrechtsgesetz gibt in seinem § 101 Abs. 1 einen Auskunftsanspruch gegen einzelne Schutzrechtsverletzer, wenn die Voraussetzungen der Norm erfüllt sind, und ordnet in Absatz 2 Nr. 3 der Vorschrift an, dass neben ihm unter weiteren Voraussetzungen auch der Erbringer von Diensten Auskunft schuldet, die für die Schutzrechtsverletzung genutzt worden sind. Die gesetzlichen Voraussetzungen müssen jeweils aktuell gegeben sein, was vor einer Titulierung des Anspruchs gerichtlich festgestellt werden muss. Der Antragsteller erkennt dieses Erfordernis selbst an, wenn er nach seinem Antrag – bezogen auf jede Anfrage – eine Erklärung abgeben will, dass gegenüber seiner eidesstattlichen Versicherung vom 2. Februar 2010 “keinerlei Veränderungen … eingetreten sind.” Gäbe es einen einheitlichen Anspruch, auf dessen Grundlage Leistungen im Sinne des § 259 ZPO in Zukunft nur noch abzurufen wären, bedürfte es in der Zukunft keiner Erklärungen zu den gesetzlichen Voraussetzungen mehr.

Der Verfügungsantrag zielt auf die im Gesetz nicht vorgesehene Schaffung eines gerichtlichen Titels über Ansprüche, die erst künftig entstehen. Der Titel soll zudem ohne eine auf den Zeitpunkt der Entstehung der Ansprüche bezogene gerichtliche Feststellung der gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden. An deren Stelle soll in Zukunft eine einfache Erklärung des Antragstellers treten, dass es sich mit den Tatsachen weiterhin so verhalte wie zuvor.

Des Weiteren fehlt es an einer vorherigen richterlichen Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung von Verkehrsdaten nach § 101 Abs. 9 UrhG. Es hat sie im Streitfall überhaupt nicht gegeben, also erst recht nicht in Bezug auf alle künftigen Anfragen nach der Maßgabe des Verfügungsantrags. Ohne die Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG besteht kein Auskunftsanspruch (erkennender Senat OLGR 2009, 214 = MMR 2009, 186). Ohne sie könnte die Antragsgegnerin eine Anfrage nicht in zulässiger Weise beantworten.

Der Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG bedarf es, weil die verlangte Auskunft über Namen und Anschrift der Personen, die zu einer bestimmten Zeit die Dienste genutzt haben, um eine bestimmte Datei in einer Tauschbörse öffentlich zugänglich zu machen, die Verwendung von Verkehrsdaten im Sinne von § 30 TKG erfordert. Die begehrte Information beinhaltet, dass vom Internetanschluss einer bestimmten Person zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Verbindung zu einer bestimmten Internetseite bestand, und zwar zur Nutzung eines bestimmten Musikalbums. Wie der Bundesgerichtshof im Urteil “Speicherung dynamischer IP-Adressen” (vom 13. Januar 2011, Aktenzeichen III ZR 146/10) unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur “Vorratsdatenspeicherung” (BVerfGE 125,260) entschieden hat, gehören zu den Verkehrsdaten grundsätzlich auch die jeweils genutzten IP-Adressen. Damit hat die Rechtspraxis, in Fällen der vorliegenden Art Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG überhaupt durchzuführen, ihre definitive Bestätigung gefunden.

Der Anspruch scheitert zudem daran, dass die Antragsgegnerin die verlangte Auskunft tatsächlich nicht geben kann. Schon nach dem Vortrag des Antragstellers lassen sich Name und Anschrift der Nutzer der Dienstleistungen, deren Angabe die Antragsgegenerin nach § 101 Abs. 3 UrhG schulden soll, nur mitteilen, wenn es eine namentliche Zuordnung von Kunden zu vorgegebenen IP-Adressen gibt. Wie die Antragsgegnerin aber unter Bezugnahme auf eine eidesstattliche Versicherung ihres Datenschutzbeauftragten Dr. Herkströter glaubhaft ausführt, gibt es bei ihr im Hinblick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur “Vorratsdatenspeicherung” kein Speichern von dynamischen IP-Adressen mehr. Vielmehr seien in ihren Systemen die für den Aufbau einer Internetverbindung benötigten IP-Adressen für die Dauer einer Verbindung vorhanden, sie würden in einem vollautomatisierten Verfahren nach dem Ende der Verbindung wieder abgebaut und einer nächsten Verbindung zugewiesen. Sie mache sich die Daten nicht “zu Eigen” und habe keinen geordneten Zugriff auf sie. Sie benötige die Daten insbesondere nicht für die Abrechnung mit ihren Kunden. Die Abrechnung erfolge auf der Grundlage ihrer “individuellen Kundenkennung”.

Die Pflicht zur sogenannten Drittauskunft, wie sie § 101 UrhG statuiert, geht nicht über das hinaus, was der Schuldner ermitteln kann. Die Auskunft ist eine Wissenserklärung. Der Schuldner muss in zumutbarem Umfang alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Information ausschöpfen (Wimmers in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Auflage, § 101 Rn. 75 mit Nachweisen der Rechtsprechung). Auch wenn der Auskunftsschuldner sich also nicht damit begnügen darf, sein präsentes Wissen preiszugeben, sondern gegebenenfalls auch Nachforschungen in seinem eigenen Bereich anzustellen hat (z.B. anhand von Geschäftsunterlagen, Erkundigungen bei Vertragspartnern), ist die Schuld mit der Mitteilung des dann vorhandenen Wissens erfüllt (für das Markenrecht Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Auflage, § 19 Rn. 49 mit Nachweisen der Rechtsprechung). Vom Schuldner kann neben der Auskunft als solcher gegebenenfalls auch die Vorlage von Belegen wie Auftragsbestätigungen, Rechnungen, Lieferscheinen verlangt werden (Hacker, a.a.O. Rn. 53). Der Schuldner ist aber nicht verpflichtet, Unterlagen und Belege, derer er für die ordnungsgemäße Führung seines Unternehmens nicht bedarf, nur deshalb zu erstellen, damit er Auskunftsverlangen, denen er sich einmal ausgesetzt sehen mag, nachkommen kann. Die gesetzliche Pflicht, unter bestimmten Bedingungen einmal eine Wissenserklärung abzugeben, begründet nicht zugleich die sofort zu erfüllende Pflicht, für die Ansammlung des Wissens zu sorgen.

Vor diesem allgemeinen Hintergrund teilt der erkennende Senat in Bezug auf die vorliegend zur Entscheidung stehende Frage die Auffassung der Oberlandesgerichts Frankfurt (GRUR-RR 2010, 91), dass es mangels gesetzlicher Grundlage keinen Anspruch des Auskunftsgläubigers nach § 101 Abs. 1 und 2 Nr. 3 UrhG auf die die Auskunft erst ermöglichende Speicherung gibt (vgl. auch OLG Hamm GRUR-Prax 2011, 61). Einer gesetzlichen Grundlage bedarf die Annahme einer Pflicht zur Speicherung dynamischer IP-Adressen in Interesse der Inhaber gewerblicher Schutzrechte und Urheberrechte gerade vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur “Vorratsdatenspeicherung”. Es kommt dem Gesetzgeber zu, einen Ausgleich herzustellen zwischen den Interessen dieser Inhaber privater Rechte, die von Verfassung wegen zu schützen sind, und den datenschutzrechtlichen Belangen der Internetnutzer, die ihrerseits verfassungsrechtlich geschützt sind.

Den hilfsweise eingeführten Anspruch auf die vorherige richterliche Anordnung kann der Antragsteller nicht vor der vorliegend angegangenen streitigen Gerichtsbarkeit verfolgen, und dort dazu noch in einem Verfügungsverfahren, das seiner Natur nach auf vorläufige Regelungen gerichtet ist, sondern er muss ihn im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltend machen. Im Übrigen ist auch hier eine Anordnung in Bezug auf die einzeln in Rede stehenden Auskunftsverlangen herbeizuführen.

Das an letzter Stelle verfolgte Hilfsbegehren auf ein Verbot der Löschung ist ebenfalls nicht gerechtfertigt. Der Sache nach geht es im Streitfall nicht um ein Unterlassen, sondern um ein Handeln, wie es in einem Eilverfahren nur ganz ausnahmsweise angeordnet werden darf. Es sollen Daten, die bisher nicht automatisch abgerufen werden können, erstmals in dieser Weise gespeichert werden. Zudem ist das Begehren erst spät in das Eilverfahren eingeführt worden. Den Besonderheiten des Verfügungsverfahrens braucht aber nicht weiter nachgegangen zu werden, da die vom Antragsteller angenommene Pflicht zur Datenspeicherung, wie dargestellt, ohne eine gesetzliche Grundlage zu verneinen ist

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Angesichts der Ausschöpfung des Rechtszugs in Verfügungssachen bedarf es keiner Entscheidung zu vorläufigen Vollstreckbarkeit.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 20.000 Euro