Die Klägerin, eine Tochter der früheren RAF-Angehörigen Ulrike Meinhof, beschäftigt sich als freie Journalistin seit Jahren publizistisch mit dem RAF-Terrorismus. Die Beklagte veranstaltet das Internet-Angebot zur Print-Ausgabe der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Sie stellte im September 2003 mit der Überschrift „Enthüllungen – Die Terroristin und der Figaro“ einen Beitrag ins Internet, der sich mit einem? bekannten Berliner Frisör und dessen Kundschaft, zu der auch bekannte Politiker gehören, beschäftigte. Darin wurde ausgeführt, gemäß einem von der Klägerin verfassten Artikel der Tageszeitung „Die Welt“ solle der Frisör auch die RAF-Terroristin Ulrike Meinhof zu einem Zeitpunkt frisiert haben, als diese bereits wegen Mordes gesucht worden sei. Der Beitrag weist weiter darauf hin, dass die Klägerin vor einigen Jahren die Rolle des Außenministers Fischer im Rahmen der Unruhen in Frankfurt enthüllt habe. Es wird dann u. a. ausgeführt:

„Auf dem Höhepunkt der Debatte um Fischers Vergangenheit war die Berichterstattung gekippt. Die Kollegen wandten sich nun der Jägerin zu, die in den Portraits alles andere als schmeichelhaft wegkam: Als fanatische, verbitterte Verschwörungstheoretikerin erschien R., die die „Achtundsechziger“ abgrundtief hasste und sie, wie die „Welt“ einmal schrieb, „auch mit sonderbaren Methoden“ bekämpfte. Statt Respekt brachte man ihr allenfalls Mitleid entgegen, der … Terroristentochter, die als Siebenjährige in ein jordanisches Palästinensercamp verfrachtet werden sollte, bevor sie der heutige „Spiegel“? Chefredakteur S. A. aus den Händen der RAF befreite.“

Gegenstand der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision ist nur noch das vom Berufungsgericht ausgesprochene Verbot, die Klägerin als „Terroristentochter“ zu bezeichnen.

Der VI. Zivilsenat hat das Berufungsurteil aufgehoben und das die Klage abweisenden Urteil des Landgerichts bestätigt. Bei der beanstandeten Äußerung ist nicht die Wahrheit der Tatsache im Streit, sondern die Zulässigkeit der gewählten Formulierung, sodass es darauf ankam, ob es sich um eine Schmähkritik oder Formalbeleidigung handelt, die grundsätzlich nicht geduldet werden muss. Eine solche Schmähung, bei der nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll, liegt hier nicht vor, weil der Artikel an Veröffentlichungen und Vorwürfe der Klägerin gegen Dritte anknüpft und diese in Bezug zu ihrer eigenen Lebensgeschichte setzt. Unter diesen Umständen steht nicht die Diffamierung der Betroffenen, sondern die Auseinandersetzung in der Sache im Vordergrund. Bei der demnach erforderlichen Abwägung war zu berücksichtigen, dass die beanstandete Äußerung zwar scharf und polemisch formuliert ist und die Persönlichkeit der Klägerin nicht umfassend beschreibt. Andererseits war aber zu beachten, dass die Klägerin ihre Abstammung von Ulrike Meinhof nicht geheim gehalten hat und es sich um einen Beitrag von öffentlichem Interesse handelt, der zur Meinungsbildung bei der Bewertung von Fragen beitragen sollte, die die Klägerin selbst in die Öffentlichkeit getragen hat und bei deren Beurteilung auch der persönliche? Lebenshintergrund der Verfasserin von Bedeutung war. Unter diesen Umständen stellt sich die gewählte Formulierung im konkreten Kontext nicht als rechtswidrig dar.

Urteil vom 5. Dezember 2006 – VI ZR 45/05

Landgericht München I – Entscheidung vom 30. Juni 2004 – 9 O 1730/04 ./. Oberlandesgericht München – Entscheidung vom 25. Januar 2005 – 18 U 4588/04

Karlsruhe, den 5. Dezember 2006