Der Bundesgerichtshof hat ein weit reichendes Urteil für alle Inhaber von ebay-Konten getroffen. Wenn man der Pressemitteilung des BGH Glauben schenken darf, haftet derjenige, der einem anderen sein eBay Passwort überlässt, für sämtliches „Schindluder“, welches über diesen Anschluss getrieben worden ist. Denkbar sind etwa Vertragsabschlüsse, Marken-, Wettbewerbs- und Urheberrechtsverletzungen. Im konkreten Fall ging es um eine Ehefrau, die über den eBay Account ihres Mannes eine Urheberrechtsverletzung begangen hat. In der Vorinstanz hatten das LG Frankfurt am Main und das OLG Frankfurt eine Haftung des Mannes noch abgelehnt. Sofern es keine konkreten Anhaltspunkte für einen Missbrauch gebe, brauche der Ehemann seine Ehefrau nicht überwachen, stellten die Vorinstanzen fest.
Das sah der Bundesgerichtshof nunmehr offenbar anders. Auch im familiären Bereich dürften die Accountdaten nicht ohne Weiteres überlassen werden. Geschehe dies doch, hafte der Accountinhaber, da er die „Gefahr einer Unklarheit darüber geschaffen habe, wer unter dem betreffenden Mitgliedskonto gehandelt habe“. Etwas anderes könne nur gelten, wenn die Ehefrau die Kontodaten heimlich entwendet habe. Dann sei zu prüfen, ob der Ehemann die Kontodaten genügend vor seiner Ehefrau geschützt habe. Und mit genau dieser Frage muss sich nun wieder das OLG Frankfurt beschäftigen, denn zur Aufklärung des exakten Sachverhaltes wurde die Sache dorthin vom BGH zurück verwiesen.
Die genauen Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Wenn allerdings die Ausführungen in der Pressemitteilung zutreffen, dann hat der BGH mit seiner Entscheidung einen neuen Haftungstatbestand geschaffen. Es geht um eine Haftung dafür, dass ein Handeln beim Vertragspartner oder bei Dritten für Unklarheiten sorgt. Meines Erachtens ist die Entscheidung lebensfremd. Vielmehr war den Vorinstanzen zu folgen, die keine generelle Überwachungspflicht innerhalb des familiären Verbundes angenommen haben. Es kann doch nicht sein, dass Ehemänner nun die Passwörter vor ihren Frauen oder Kindern in Sicherheit bringen müssen, nur um einer späteren Haftung zu entgehen. An dieser Stelle sei noch einmal darauf hingewiesen, dass es das – fälschlicherweise oft in der Bevölkerung angenommene – Prinzip „Eltern haften für ihre Kinder“ tatsächlich nicht gibt.
Die vom BGH angesprochene Problematik kann auch für die zahlreichen Filesharing-Fälle in Deutschland relevant sein. Unter Bezugnahme auf das nun vom BGH aufgehobene Urteil hat nämlich ebenfalls das OLG Frankfurt in einem früheren Verfahren festgestellt, dass Ehemänner nicht für Filesharing-Aktivitäten ihrer Familienangehörigen haften müssen (Urteil des OLG Frankfurt a. M. vom 20.12.2007, Az. 11 W 58/07). Dies gelte selbst dann, wenn sie ihren Angehörigen bewusst den Internetanschluss überlassen hätten. Ganz vergleichbar sind die Überlassung eines eBay Accounts und die Überlassung eines Internetanschlusses freilich nicht. Während ein eBay Account regelmäßig auch der Identifizierung des dahinter stehenden Kunden dient, steht diese Identifizierung bei einem normalen Internetanschluss nicht gerade im Vordergrund. Ganz auszuschließen ist es allerdings nicht, dass hier künftig Parallelen gezogen werden.
Für eine genaue Analyse des Urteils ist es allerdings jetzt noch zu früh. Zunächst müssen die Urteilsgründe abgewartet werden, bevor die Hintergründe der Entscheidung näher beleuchtet werden können.
BGH Urteil vom 11. März 2009 – I ZR 114/06
LG Frankfurt – Urteil vom 13. Mai 2004 – 2/03 O 15/04
OLG Frankfurt – Urteil vom 16. Mai 2006 – 11 U 45/05