Musik wird dann im Rahmen eines Theaterstücks „bühnenmäßig aufgeführt“, wenn ein enger innerer Zusammenhang zwischen der Musik und dem Bühnenstück besteht. Die Abstimmung von Ton und Spiel sowie der Charakter als Auftragskomposition reichen jedoch für diese Annahme allein noch nicht aus, so der BGH.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) ist für die Beurteilung, ob es sich bei einer Darstellung um eine „bühnenmäßige Aufführung“ handelt, von Bedeutung, ob ein enger innerer Zusammenhang zwischen Musik und Stück besteht. Lediglich die Verwendung von Musik als Teil eines Theaterstücks sage noch nichts darüber aus, ob sie nach § 19 Abs. 2 Fall 2 Urheberrechtsgesetz (UrhG) bühnenmäßig dargeboten wurde (Urt. v. 07.04.2022, Az. I ZR 107/22).
Urheberrechtsverletzung durch bühnenmäßig dargestelltes Werk?
Der Komponist Parviz Mir-Ali hatte das Düsseldorfer Schauspielhaus wegen Verletzung seiner Urheberrechte verklagt. Im Jahr 2015 hatte er die Musik zum von Matthias Hartmann inszenierten Sprechtheaterstück „Der Idiot“ von Fjordor Dostojewski für das Staatsschauspiel Dresden komponiert.
Im Jahr 2016 übernahm die rheinische Bühne die konkrete Inszenierung zusammen mit der Musik. Zahlungen über eine einmalige pauschale Vergütung von 1.350 Euro hinaus hatte der Düsseldorfer Bühnenbetrieb unter Hinweis auf seine Zahlungen an die GEMA dennoch verweigert. Es war der Ansicht, dass es sich nur um Hintergrundmusik handele, die deshalb mit den GEMA-Gebühren abgegolten sei.
Der Musiker hatte der Verwertungsgesellschaft GEMA zwar die Rechte an seinen Werken übertragen. Die „bühnenmäßige Aufführung als integrierender Bestandteil“ anderer Bühnenstücke war aber nicht von der Rechtsübertragung umfasst.
Als die Musik sodann in den Aufführungen des Theaterstücks des Düsseldorfer Schauspielhauses verwendet wurde, sah der Komponist sich in seinen Urheberrechten verletzt.
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Wann ist Musik „integrierender Bestandteil eines Bühnenstücks“?
Das Landgericht (LG) sowie das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf bestätigten die vom Musikproduzenten eingereichten Unterlassungsklage wegen der Verletzung von Urheberrechten aufgrund des Abspielens seiner Musik.
Durch den Ausschluss der bühnenmäßigen Inszenierung vom GEMA-Berechtigungsvertrag obliege die Lizensierung allein dem Produzenten des Werkes, so das OLG. Bei der konkreten Inszenierung würden sich die Dramaturgie des gesprochenen Wortes und die Musik zu einer Einheit verbinden. Deshalb handele es sich um eine bühnenmäßige Darstellung. Daran habe das Schauspielhaus Düsseldorf über die GEMA jedoch keine Nutzungsrechte erwerben können, weil diese eben ausgeschlossen gewesen seien (Urt. v. 12.06.2019, Az. 12 O 263/18).
Die Auffassung konnte der BGH nicht teilen und verwies die Sache an das OLG zurück. Zum einen könne allein durch die Verwendung der Musik im Rahmen eines Theaterstücks noch nicht darauf geschlossen werden, dass die Musik nach § 19 Abs. 2 Fall 2 UrhG „bühnenmäßig dargeboten“ worden sei.
Auch die Auffassung, die Musik sei „integrierender Bestandteil des Bühnenstücks“ geworden, sei falsch. Der erforderliche Zusammenhang zwischen Musik und Bühnenstück entstehe nicht schon durch den Charakter als Auftragskomposition und die Abstimmung auf das Bühnenstück. Es bedürfe weiterer Anhaltspunkte, deren Vorliegen das OLG nicht hinreichend geklärt habe. Ob dieser innere Zusammenhang bestehe, müsse das Gericht nun genauer prüfen.
Nur dann könne das Gericht zuverlässig feststellen, ob die Rechte von der GEMA hätten erworben werden können oder ob man sie vielmehr noch vom Komponisten erwerben muss.