Der jahrelange Rechtsstreit des Netzaktivisten Tobias McFadden für freies WLAN in Deutschland ist zu Ende. Der BGH wies am Donnerstag die Revision des Musikkonzerns Sony zurück. Damit ist das Urteil des OLG München rechtskräftig.

Für andere gewerbliche Betreiber eines offenen WLANs, denen eine Rechtsverletzung vor der gesetzlichen Abschaffung der Störerhaftung zur Last gelegt wurde und deren Verfahren noch nicht beendet sind, könnte die Begründung des BGH von hohem Nutzen sein. Möglicherweise haften sie nämlich nicht auf Unterlassung und müssen dementsprechend keine Abmahnkosten zahlen.

Worum ging es in dem Fall?

In dem Rechtsstreit ging es um die Frage, ob Internetnutzer, die ihr WLAN für die Allgemeinheit öffnen, für Urheberrechtsverstöße über ihren Anschluss haften. McFadden war 2010 von Sony abgemahnt worden, weil jemand über das offene WLAN seines Büros ein Musikalbum im Wege des Filesharing getauscht und damit illegal hochgeladen hatte. Den offenen Anschluss hatte er in seinem Geschäft für Licht- und Tontechnik zu Werbezwecken zur Verfügung gestellt.

In dem darauf folgenden Verfahren legte das LG München die Sache dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor (Urt. v. 15.09.2016, Az. C-484/14). Der EuGH stellte klar: Eine Haftung des Betreibers eines offenen, kommerziellen WLAN-Netzes komme nicht in Betracht. Somit müssten weder Schadensersatz, noch Abmahn- und Gerichtskosten wegen der Urheberrechtsverletzung selbst gezahlt werden. Allerdings könne den Betreibern bei Urheberrechtsverletzungen auf richterliche Anordnung hin auferlegt werden, ihren Anschluss zukünftig mit einem Passwort zu sichern, um die Urheberrechtsverletzungen zu unterbinden. Der hierauf gerichtete Unterlassungsanspruch könne im Wege einer Abmahnung geltend gemacht werden, weswegen der Abgemahnte dann auch die Abmahn- und Gerichtskosten für den Unterlassungsanspruch tragen müsse.

Störerhaftung mittlerweile abgeschafft

Auf Basis dieses Urteils hatte McFadden am 2017 den Prozess vor dem LG München verloren, weil er sein WLAN nicht mit einem Passwort geschützt hatte und somit als Störer auf Unterlassung haftete.

Zwischenzeitlich wurde die Gesetzeslage in Deutschland aber geändert und die Störerhaftung von WLAN-Betreibern in Deutschland abgeschafft – kostenpflichtige Abmahnungen, um Unterlassungsansprüche durchzusetzen, sind damit nicht mehr möglich. Das Gesetz wird auch als Reaktion auf das o.g. EuGH-Urteil verstanden. Der BGH hat die neue Rechtslage auch schon in einem Grundsatz-Urteil bestätigt. Gänzlich geklärt ist diese übrigens immer noch nicht. Insbesondere rund um den neuen Anspruch auf Sperren von Internetseiten, der mit der Änderung des Telemediengesetzes (TMG) geschaffen wurde, bleiben Fragen offen. Auch wird der Betreiber des WLAN weiterhin zunächst mittels einer Abmahnung in Anspruch genommen, wenn über seinen Anschluss eine Rechtsverletzung begangen wurde. Nach Ansicht einiger Gerichte muss  zunächst reagieren und zumindest darlegen, dass er ein offenes Netz betreibt und auch andere Personen Zugriff hatten. Das Betreiben eines offenen WLAN ist also noch immer nicht ohne Risiko möglich.

Das OLG München hatte in der nächsten Instanz daraufhin geurteilt, dass McFadden zwar die alten Abmahnkosten zahlen muss, weil er für die damalige Rechtsverletzungen nach alter Rechtslage auf Unterlassung hafte. Sony könne ihn aber wegen der Gesetzesänderung nicht mehr für die Zukunft verpflichten, weitere Urheberrechtsverletzungen durch Sicherung des WLANs zu verhindern. Die deutsche Gesetzesänderung sei mit EU-Recht vereinbar. Gegen dieses Urteil war Sony dann vor den BGH gezogen, weil das Unternehmen immer noch der Ansicht war, das neue Gesetz verstoße gegen EU-Recht.

BGH lehnt Revision ab – mit einer Begründung, die anderen Betreibern helfen könnte

Der BGH lehnte nun nicht nur die Revision ab, sondern äußerte sogar, dass es auf die Gesetzesänderung nicht angekommen wäre (Urt. v. 15.3.2018, Az. I ZR 53/18). Denn McFadden habe seinen Anschluss nicht privat, sondern gewerblich genutzt. Geschäftsleute seien schon nach alter Rechtslage erst dann verpflichtet gewesen, ihr Netzwerk zum Beispiel mit einem Passwort zu sichern, wenn sie jemand auf einen Rechtsverstoß hingewiesen habe. Dass Sony McFadden vor der Abmahnung einen solchen Hinweis erteilt hätte, sei nicht festgestellt. Damit hätte Sony wohl bereits nach der alten Rechtslage weder Unterlassung, noch Anwaltskosten oder Schadenersatz verlangen können.

Diese Feststellung ändert zwar nichts mehr an dem nun rechtskräftigen OLG-Urteil gegen McFadden selbst, da er keine Revision eingelegt hatte. Jedoch könnte die Feststellung des BGH Bedeutung für zahlreiche, noch offene Alt-Fälle von gewerblichen Anbietern offener WLAN-Netze haben. Die Urteilsgründe sind aber noch nicht veröffentlicht – man darf also auch weiterhin gespannt sein.“

ahe/tbu