Immer wieder gibt es im IT-Recht Berührungspunkte mit dem Urheberrecht. So wurde mit zunehmender Digitalisierung auch die Frage der Urheberrechtsabgabe immer bedeutender. Darüber, ob auch Cloud-Anbieter zur Zahlung einer Urheberrechtsabgabe verpflichtet sind, herrschte jedoch Uneinigkeit. Jetzt hat das OLG München hierzu entschieden.
Das Oberlandesgericht (OLG) München hat entschieden, dass Cloud-Anbieter keine Abgabepflicht für die Nutzung ihrer Dienste zahlen müssen. Diese Regelung gilt, weil Cloud-Dienste keine physischen Speichermedien, sondern internetbasierte Nutzungsmöglichkeiten sind. Der Gesetzgeber habe bei der Einführung der Abgabepflicht nur physische Speichermedien berücksichtigt, was sich aus der Definition der Begriffe „Gerät“ und „Speichermedium“ im Gesetz ergebe (Urt. v. 02.02.2024, Az. 38 Sch 60/22 WG e).
Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand die Klage der Zentralstelle für private Überspielungsrechte (ZPÜ) gegen das Unternehmen Dropbox. Das Urheberrechtsgesetz (UrhG), in diesem Fall § 53 UrhG, gestattet Nutzern, rechtmäßig erworbene urheberrechtlich geschützte Werke privat zu nutzen und zu kopieren. Zur Kompensation der Urheber für diese Nutzung führten §§ 54 ff. UrhG eine Urheberrechtsabgabe ein. Diese Abgabe fließt in die Preise verschiedener Geräte und Speichermedien, wie Drucker und USB-Sticks, mit ein.
Die Klage der ZPÜ gegen Dropbox zielte darauf ab, Cloud-Dienste unter die Regelung der Urheberrechtsabgabe zu fassen, die bislang für physische Speichermedien erhoben wird. Diese Geräte und Speichermedien sind in den §§ 54, 54a, 54b, 54c, 54d, 54e, 54f UrhG ausdrücklich erwähnt und definiert. Die Abgabe, die für physische Speichermedien und Geräte erhoben wird, soll Urhebern einen finanziellen Ausgleich für die Nutzung ihrer Werke bieten. Cloud-Dienste sollten laut Klage unter die Regelung der Urheberrechtsabgabe gefasst werden, was eine Neubewertung der Anwendung des Urheberrechtsgesetzes auf digitale Speicherlösungen erfordert hätte.
Die Kernfrage, die das Gericht beantworten musste, war, ob die digitalen Speicherlösungen, die Cloud-Dienste wie Dropbox anbieten, analog zu den physischen Speichermedien und Geräten behandelt werden sollten und somit ebenfalls unter die Vergütungspflicht fallen. Zur Beantwortung der Frage mussten die Münchener Richter beurteilen, ob die gesetzlichen Bestimmungen des UrhG, die zum Zeitpunkt ihrer Entstehung primär auf physische Kopier- und Speichervorgänge ausgerichtet waren, auch auf die immateriellen, digitalen Speicherplätze in der Cloud anwendbar sind.
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Cloud-Speicher fällt nicht unter die Abgabepflicht für Privatkopien
Vor dem OLG München folgte dann der Dämpfer für die Kläger: Die Münchener Richter stellten in ihrer Entscheidung klar, dass Anbieter von Cloud-Diensten wie Dropbox keiner Abgabepflicht unterliegen, da diese ausschließlich für physische Speichermedien gelte. Die Begründung des Gerichts basiere auf der Interpretation der §§ 54, 54a, 54b, 54e, und 54f UrhG, welche vorsehen, dass nur Geräte und Speichermedien einer Zahlungspflicht unterliegen.
Das Gericht führte aus, dass eine explizite Legaldefinition für die Begriffe „Gerät“ und „Speichermedium“ im Gesetzestext nicht vorhanden sei. Deshalb müsse ihre Bedeutung durch Interpretation ermittelt werden. Unter einem „Gerät“ würde man im allgemeinen Sprachgebrauch einen physisch fassbaren Gegenstand verstehen. Ähnlich verhalte es sich mit dem Begriff der „Speichermedien“, die gemäß der Erklärung des Gesetzgebers als alle physischen Träger von Informationen und Daten angesehen werden, mit Ausnahme von Papier oder ähnlichen Materialien. In der Begründung zum Gesetz würden als Beispiele für Speichermedien elektronische, magnetische und optische Datenträger genannt, darunter Produkte wie Smartcards, Memory Sticks, Musikkassetten, Magnetbänder, Festplatten, Disketten sowie Film-DVDs, CD-ROMs, CD-Rs, CD-RWs und Laserdisks. Durch die Aufzählung dieser Beispiele habe der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass ausschließlich physische Objekte als „physikalische Informations- und Datenträger“ betrachtet werden sollten.
Weiterhin erörterte das Gericht, dass die Überlassung einer internetbasierten Nutzungsmöglichkeit, wie sie Cloud-Dienste bieten, nicht dem vom Gesetzgeber vorgesehenen Verständnis von der gesetzlichen Regelung entspreche. Der Begriff des „Trägers“ von Informationen und Daten impliziere nach allgemeinem Sprachgebrauch einen körperlichen Gegenstand, womit digitale, nicht-körperliche Cloud-Speicherplätze nicht erfasst seien.
Das OLG verwies zudem auf die Gesetzessystematik, insbesondere auf § 54c UrhG, nach dem bestimmte Großgerätebetreiber zur Zahlung einer zusätzlichen Reprografie-Abgabe verpflichtet sind, weil sie durch das Aufstellen von Geräten die Möglichkeit zur Vervielfältigung bieten. Diese Regelung unterstreiche laut den Richtern, dass die gesetzliche Regelung die physische Bereitstellung von Geräten voraussetze und nicht die kurzzeitige Zurverfügungstellung eines digitalen Zugangs wie bei Cloud-Diensten.
Verhinderung zusätzlicher Kosten für Verbraucher
Durch die Feststellung des Gerichts, dass Cloud-Dienste wie Dropbox nicht unter die bestehenden Regelungen der Urheberrechtsabgabe fallen, verhindert das OLG München unmittelbar, dass zusätzliche Kosten auf die Nutzer dieser Dienste umgelegt werden. In diesem Sinne ist das Urteil nicht nur ein Sieg für Anbieter von Cloud-Diensten, sondern vor allem ein Gewinn für die Verbraucher. Es bewahrt ihnen einen kostengünstigen Zugang zu modernen Technologien und digitalen Speicherlösungen. Zugleich wirft es wichtige Fragen auf, wie zukünftige Regelungen gestaltet sein müssen, um den digitalen Wandel gerecht und verbraucherfreundlich zu begleiten.