Vor einer Legalisierung der Schleichwerbung und einer Werbeflut im Fernsehen hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gewarnt. „Amerikanische Verhältnisse, bei denen Produktwerbung im Programm zum Alltag gehört und Zuschauer 20 Minuten Werbung über sich ergehen lassen müssen, um zehn Minuten Information zu erhalten, darf es nicht geben“, so vzbv-Vorstand Prof. Dr. Edda Müller.


Der vzbv forderte die Bundesländer und die Bundesregierung auf, die Verabschiedung der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ in dieser Fassung aufzuhalten. Wer Entscheidungen über die Unabhängigkeit der Medien von wirtschaftlichen Interessen Dritter abhängig mache, verspiele weiteres Vertrauen der Öffentlichkeit in die Bürgernähe europäischer Institutionen.

Die Europäische Kommission plant, eine Zulassung von Produktplatzierungen im Fernsehen in der Europäischen Fernsehrichtlinie zu verankern. Eine Vorentscheidung könnte bereits am Montag beim Ratstreffen der EU-Kulturminister fallen. Nach den Vorstellungen der Kommission sollen darüber hinaus auch die bisherigen Regelungen zur quantitativen Begrenzung der TV-Werbezeiten und der maximale Länge von Werbeunterbrechungen im Fernsehen entfallen. Das Blockwerbeprinzip würde ebenso aufgehoben wie die 20-Minuten-Werberegel für Serien und Unterhaltungssendungen. Die Folge: Spotwerbungen wären unbeschränkt möglich.

„Der Ministerrat würde mit einer Legalisierung von Produktplatzierungen den europäischen Bürgern ein Weihnachtsgeschenk der besonderen Art machen: Freie Fahrt für Produktwerbung im Fernsehen, egal ob im Spielfilm oder der Sportsendung“, so die Sorge von Edda Müller. Mit der Freigabe der Werbezeiten drohe Fernsehen zur Belästigung und Zumutung zu werden. Besonders bedenklich: Auch Ratgeber- und Servicesendungen würden für Produktwerbung geöffnet. Nach Meinung des vzbv stehen mit der Richtlinie die Interessen der Rundfunknutzer und ihr Vertrauen in die Unabhängigkeit der Medien auf dem Spiel. Dies zu einem Zeitpunkt, zu dem die privaten Rundfunkanstalten sämtliche werbefinanzierten Programme verschlüsseln und nur noch als Pay-TV anbieten wollen.

Ein starker Verbündeter des vzbv im Kampf gegen die Legalisierung der Schleichwerbung ist die ARD. „Wird die Richtlinie in vorliegender Fassung verabschiedet, wird die journalistische Glaubwürdigkeit und die künstlerische Integrität der Programme kompromittiert“, so ARD-Generalsekretärin Dr. Verena Wiedemann. Gemeinsam fordern vzbv und ARD: „Eine Lockerung des Trennungsgebots von Werbung und Programm darf es nicht geben.“